Kapitel 29

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Soap - Melanie Martinez

Meghan Moore, Samstag, 23. Juli, London

Es dauerte eine knappe Viertelstunde bis Zachary wieder die Treppe herunterkam, ein strahlendes Lächeln im Gesicht, an dessen Wirkung ich mich noch immer nicht gewöhnen konnte und es aller Wahrscheinlichkeit nach auch niemals würde. Aber das war in Ordnung so. Das hier war schließlich nur vorübergehend.

»Folgendes«, sagte er gut gelaunt und reichte mir seinen Rucksack. »Du kümmerst dich darum, ja?«

»Was?« Ich lachte nervös. »Wieso?«

Er trat an mich heran und strich mir eine meiner dunklen Strähnen aus dem Gesicht. Die Berührung ließ mich erschaudern. »Das wirst du verstehen, wenn es soweit ist. Komm mit. Und jetzt nimm den verfluchten Rucksack.«

Ich tat, wie mir geheißen und schlüpfte in die Rucksackträger, worauf Zachary sie festzurrte. »Et voilà«, murmelte er, nachdem er zurückgetreten war, um sein Werk zu begutachten. »Da rutscht nichts mehr.« Ich war mir nicht ganz sicher, was genau er damit meinte, aber ich ließ es gut sein und folgte ihm, als er mir die Tür zum Ausgang aufhielt und darauf wartete, dass ich sie passierte. Daraufhin schloss er hinter uns beiden ab und steuerte ein kleines Nebengebäude an, das sich im nächsten Moment als Garage entpuppte. Ein quadratischer Kasten mit blauem Wellblechdach.

Zachary öffnete das Tor und gab mir mit einer Kopfbewegung zu verstehen, dass ich zuerst reingehen sollte. Ich leistete seiner Anweisung Folge und wurde von wohltuender Kühle empfangen. Es dauerte ein paar Augenblicke bis meine Augen sich an die vorherrschende Dunkelheit gewöhnten und ich den Umriss eines Motorrads ausmachen konnte.

Ich hörte, wie Zach hinter mir die Garage betrat und leise in sich hineinlachte. Er stellte sich meinen entgeisterten Gesichtsausdruck wahrscheinlich sehr realistisch vor.

»Oh, mein Gott, das ist niemals dein Ernst.«

»Natürlich ist es das.« Er ging an mir vorbei und streichelte dem Ungetüm zärtlich übers Lenkrad. »Das ist eine Bonneville T120 Black, ein neueres Modell. Hat mich ein Vermögen gekostet.« Er ließ das Lenkrad widerwillig los, um zu einer Werkbank zu gehen, wo mehrere Helme auf ihren Einsatz warteten. Nach einem kurzen Moment des Überlegens griff er sich zwei und kehrte zu mir zurück. »Setz den hier auf«, forderte er und legte mir unumwunden den schwarzen Helm in die Hände.

»Ich fahre nicht mit dir, ich weiß noch nicht einmal, ob du überhaupt fahren kannst«, versuchte ich mich aus der Sache herauszureden und ging ein paar Schritte rückwärts.

Zacharys belustigter Blick sprach Bände.
»Glaubst du wirklich, ich würde mir ein schweineteures Motorrad kaufen, wenn ich nicht fahren könnte? Ich bitte dich.« Er verdrehte die Augen und nickte mir bestimmt zu. »Aufsetzen, los jetzt. Du wolltest einen Ausflug, du bekommst einen.«

Aus der Tasche seiner Jeans, die er sich vor wenigen Minuten erst übergestreift hatte, zog er einen klirrenden Schlüsselbund und reckte ihn triumphierend in die Höhe. »Der Schlüssel zu meinem Baby.«

»Das habe ich mir schon fast gedacht«, murmelte ich leise und schluckte. Ich war kein verfluchter Feigling, ich würde den blöden Helm aufziehen und hinter Zachary auf das blöde Motorrad steigen. Ganz einfach. No risk no fun.

»Oh, verdammt«, fluchte Zach plötzlich und deutete missbilligend auf meine Sandaletten. »Damit kannst du auf gar keinen Fall fahren. Zieh sie aus und steck sie in den Rucksack. Oder...warte mal.« Er erhob sich von der Maschine, auf der er sich bereits niedergelassen hatte und kam zu mir. Ich schlüpfte schwermütig aus den Schuhen und reichte sie ihm. »Hast du irgendwelche anderen, ich weiß nicht, Sportlicheren zum Umziehen dabei?«, fragte er mit einem Seitenblick zu mir, während er meine hochhackigen Sandaletten in seinem Rucksack verstaute, den ich auf dem Rücken trug.

»Ja«, sagte ich, als mir plötzlich wieder einfiel, dass ich tatsächlich meine Sneakers mitgenommen hatte. Ich kramte sie aus meiner Handtasche und schlüpfte eilig hinein. Dann reichte ich Zach meine Tasche und wartete darauf, dass er sie ebenfalls in den Rucksack räumte. Anschließend zog er mich ungeduldig zur Bonneville.

Er setzte sich an das Lenkrad und wartete bis ich hinter ihm Platz genommen hatte.
»Der Helm sitzt?«

»Ja, ich glaube schon.« Ich hatte zwar eine Weile unbeholfen am Verschluss gefummelt aber jetzt fühlte ich mich einigermaßen sicher. »Wenn du mich umbringst, werden Harvey und Diana dich töten«, sagte ich gedämpft.

»Ein Risiko, mit dem ich durchaus leben kann. Halt dich an mir fest, Meg.« Er klang plötzlich weniger wie der klassische Frauenaufreißer, mehr wie ein kleiner Junger, der mit seinem Lieblingsspielzeug spielte. Und ich glaubte nicht, dass ich mit diesem Vergleich sehr falsch lag.

Ich schlang meine Arme um seine muskulöse Hüfte und presste mein Gesicht gegen seinen Rücken. Sicher war ich mir da nicht, aber ich glaubte, tatsächlich zu zittern.

Draußen kam uns Derek entgegen, der überrascht wirkte. »Wohin geht's?«, fragte er Zach, der mit den Schultern zuckte.
»Streng geheim. Kannst du das Garagentor schließen?«

Derek nickte ihm zu und lächelte mich strahlend an. »Viel Spaß.«

Ich kam nicht mehr dazu, mich bei ihm zu bedanken, weil Zachary in dem Moment losraste. Ich presste mich reflexartig noch näher an ihn und schloss die Augen. Der aufkommende Wind riss an meinen Haaren.

»Alles ist okay!«, rief Zachary mir über das Gebrüll des warm werdenden Motors zu.
»Genieße es einfach, Kleine! Du wirst es lieben! Ich verspreche es!«

Trotz seiner Aufmunterungen brauchte ich doch noch ein paar Minuten bis ich schließlich die Augen öffnete und meine Umgebung wieder aktiv wahrnahm.

Mir stockte der Atem. »Oh, mein Gott!«, kreischte ich lachend und krallte meine Finger in Zacharys T-Shirt. »Das ist so geil!« Das Gefühl war schlicht überwältigend. Der Wind zog und zerrte an meinem Top und meinen Haaren, doch nun hatte es nichts Ängstigendes mehr an sich, jetzt fühlte es sich umwerfend an. Die Hitze war kaum noch spürbar.

Ich schaute nach links und rechts, sah unzählige Pkw, die an uns vorbeirauschten, dann weitere, die wiederum wir hinter uns ließen. Alles verschwamm zu bunten Punkten, undefinierbaren farbenfrohen Flecken, die in einem Augenblick noch da waren, im nächsten aber bereits von anderen ersetzt wurden.

Zachary legte sich in eine Kurve, was mir einen begeisterten Aufschrei entlockte. Ich spürte, wie sein Körper vor Lachen vibrierte und konnte das Glücksgefühl, das er momentan mit Sicherheit fühlte, problemlos nachempfinden. »Und?«, schrie er mir über das Dröhnen des Windes hinweg zu. »So schlimm?«

»Nein, es ist der blanke Wahnsinn!«, quietschte ich berauscht und blickte mich ein weiteres Mal um. Euphorisch stellte ich fest, dass wir uns der London Bridge näherten und gleich die Themse überqueren würden. »Yeah!« Ein solchen Gefühlszustand von Freiheit hatte ich nie zuvor im Leben empfunden, dessen war ich mir sicher. Völlig und unumstößlich sicher.

Ich atmete tief durch und streckte mein Gesicht in die Sonne. Selbst durch den Helm konnte ich ihre Wärme spüren.

»Schneller?«, schrie Zachary und beschleunigte probehalber.

Entzückt umarmte ich ihn fester und nickte.
»Ja! Ja! Ja!«

Wieder schüttelte er sich vor Lachen und trieb die Bonneville an.

Ich für meinen Teil wollte, dass diese Fahrt niemals aufhörte.

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So, wer findet mir einen attraktiven Freund, der Motorrad fährt und mich ständig irgendwo hinbringt? Meldet ihn, nur keine Scheu! Ich nehme alles, was hübsch ist und Motorrad fährt!

Mel xxx

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