Kapitel 66

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Say It Right - Nelly Furtado

Meghan Moore, Samstag, 30. Juli, London Borough of Hunslow

»Warum hat das so lange gedauert?«, wollte Diana mit scharfem Blick wissen, als Harvey pfeifend an die Tür geklopft hatte und wir ihn in meine Wohnung hereinließen.

»Ich weiß nicht, ob ihr das wirklich wissen wollt«, entgegnete Harvey lächelnd und leckte sich über die geschwollenen Lippen.

Diana verzog angewidert das Gesicht und richtete anklagend das Wort an ihn: »Und damit hättest du nicht warten können, bis Meggie mit uns geredet hat?«

»Hey«, verteidigte er sich. »Was kann ich schon dafür, wenn eine Frau ihre Reize einsetzt? Ich bin doch auch nur ein Ma-...« Er hielt inne und starrte mich an. »Warum trinkst du Wein?«

Ich prostete ihm bloß schweigend zu und leerte mein Glas.

Mit nur wenigen Schritten war er bei mir und nahm mir die Weinflasche mit strenger Miene ab. »Was auch immer dich belastet, Meg, wird sich nicht in Luft auflösen, nur weil du dich mit Alkohol ablenkst, klar?«

»Ja, sicher, Mama«, antwortete ich brav und seufzte. »Jetzt, wo du da bist, können wir uns unterhalten.«

Bittend blickte ich von Harvey zu Diana.
»Ihr müsst mir helfen.«

Diana kam nun ebenfalls zu uns und ging vor mir in die Hocke, umfasste meine Hand und sah mir treuherzig in die Augen.
»Wobei, Meggie? Was ist passiert?«

»Zachary«, sagte ich mit brechender Stimme. »Er wurde verhaftet. Ihr müsst mir dabei helfen, ihn da rauszuholen.«

Zachary Cole, Samstag, 30. Juli, Metropolitan Police London

»Lydia«, sagte ich ausdruckslos, als ich - noch immer ohne Handschellen - in einen kleinen Raum geführt wurde, der meinem Zimmer glich, allerdings bloß einen hölzernen Tisch und zwei sich gegenüberstehende Stühle beherbergte.

Ich setzte mich also meiner Übeltäterin gegenüber und unterzog sie einer Musterung. Sie sah noch immer, wie für sie so üblich, großartig aus, aber ich konnte sehen, dass sie geweint und kein bisschen geschlafen hatte.

Wenigstens geht es ihr bei alledem ebenso schlecht wie mir, dachte ich befriedigt.

»Zachary«, wisperte sie, nachdem der Polizist, der mich hergebracht hatte, wieder gegangen war. Ich wusste, dass er uns über eine Kamera beobachtete, aber ob er uns auch tatsächlich hören konnte, das wusste ich nicht. Ich durfte kein Risiko eingehen, ganz egal, wie wütend sie mich auch machte. »Ich mache das nur, weil ich dich liebe«, sagte sie. »Das weißt du doch, oder?«

»Du hast eine seltsame Auffassung von Liebe, Lydia«, meinte ich und gab mich arrogant. Sarkastisch. So wie ich gewesen war, bevor ich Meghan begegnete. »Ich hab jedenfalls nichts davon mitgekriegt, als ich dich gefickt habe. Dir ging es doch, genau wie mir, einzig und allein um guten Sex.« Ich verzog meine Lippen zu einem Grinsen. »Und der Sex war gut, das kann man dir zugute halten. Wild, fast schon animalisch. Wusstest du, dass du mein erstes Mal warst? Nein? Natürlich nicht, denn ich habe es dir nicht erzählt. Einen Unterschied gemerkt hast du trotzdem nicht.«

Tränen schossen Lydia in die rot geränderten Augen. »Sag sowas nicht«, forderte sie mit belegter Stimme und schien drauf und dran sein, im nächsten Moment loszuheulen. »Das stimmt nicht. Du hast mich nicht gefickt, wir haben Liebe gemacht.«

»Liebe gemacht?« Ich lachte. »Liebe gemacht habe ich bis jetzt mit nur einer Person.«

»Meghan Moore?«, wollte sie mit zitternder Unterlippe wissen.

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