Kapitel 30

7.4K 392 26
                                    

Chained To The Rythm - Katy Perry

Zachary Cole, Samstag, 23. Juli, London

»Das war traumhaft«, sagte Meghan mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht, nachdem sie den Helm abgesetzt und ihre dunklen Haare ausgeschüttelt hatte. Sie wirkte glücklicher als jemals zuvor und raubte mir schlicht und einfach den Atem.
»Wieso hast du nicht gleich gesagt, wie super sich das anfühlt?«, wollte sie wissen. Sie stieg umständlich von der Bonneville und strauchelte für einen Moment. Dann lachte sie amüsiert, worauf sie ihr Gleichgewicht wiederfand. »Zach, du bist mein Held des Tages.«

»Ach?« Ich hob beide Brauen. »Und was bedeutet das konkret für mich?« Auch wenn ich hin und weg von ihr war – verhandeln konnte ich noch immer.

Sie machte einen Schritt auf mich zu, umfasste meine Schultern und drückte mir einen zärtlichen Kuss auf die Wange. Ich spürte förmlich, wie sich mein Magen anhob. Hergott nochmal.

»Danke, Cole. Ernsthaft.«

Mein Hals war zu trocken, als dass ich ihr hätte antworten können. Der unverwechselbare Duft ihres Haars wehte mir um die Nase, während sie wieder zurücktrat und ihre Umgebung einer prüfenden Musterung unterzog.

Ich hatte in einem dicht bewucherten Wald auf einem alles andere als belebten Parkplatz halt gemacht und deutete nun auf einen schmalen Kiesweg, der sich zwischen hellgrünen Bäumen durch die Vegetation schlängelte.

»Keine Sorge«, sagte ich mit einem leichten Grinsen. »Ich werde es kurz und schmerzlos machen.« Entgeistert starrte sie mich an, was mir ein Lachen entlockte. »Du müsstest mal dein Gesicht sehen.«

»Erst lockst du mich in einen dunklen Wald und dann machst du dich auch noch über mich lustig«, brummte sie gespielt beleidigt und wandte sich demonstrativ von mir ab. Ich nutzte die sich mir bietende Gelegenheit und entledigte sie meines Rucksacks. »Hey!«, beschwerte sie sich.
»Jetzt willst du mir auch meinen Besitz stehlen?«

»Zum größten Teil ist es...« Ich zwinkerte ihr spielerisch zu, während ich in die Träger schlüpfte. »...mein Besitz.« Sie schnaubte, was mich nur noch mehr amüsierte. »Hör mal, entweder zu begleitest mich zu dem von mir anvisierten Ziel oder du bleibst völlig mittellos hier und stehst dir die Beine in den Bauch. Deine Entscheidung, Süße.«

Ich ging vorwärts, ohne zurückzublicken, ich wusste auch so, dass mir innerhalb weniger Augenblicke bereits dicht auf den Fersen sein würde. Und tatsächlich – ihre Stimme ertönte praktisch sofort: »Okay, okay, ich komme mit. Aber nur weil ich neugierig bin.«

»Das ist doch schon mal was«, murmelte ich belustigt und ging weiter. Der Kies knirschte unter meinen Sohlen. Meghans etwas leichteren Schritte mischten sich in den Klang der meinen. So spazierten wir eine ganze Weile schweigend bis sie beschloss, das Schweigen zu brechen.
»Sagst du mir, wohin es geht?«

»Nö.«

»Weißt du, wie du dich gerade benimmst?«, fragte sie schnippisch und tauchte plötzlich an meiner Seite auf. Unsere Arme streiften sich.

»Nein«, antwortete ich wahrheitsgemäß und atmete scharf aus. Auf einmal hatte ich das beklemmende Gefühl zu ersticken, würde ich meine Lippen nicht mit sofortiger Wirkung auf die ihren drücken.
»Wie denn?« Ich machte noch immer einen auf kontrollierter Draufgänger, doch selbst mir wurde allmählich bewusst, dass mir diese Rolle bald niemand mehr abkaufen würde. Und das machte mir eine Scheißangst.

»Wie ein Romantiker, der seine Freundin ausführt«, erklärte sie trocken und warf mir einen Blick aus ihren wundervollen Augen zu, der mich ein weiteres Mal um meinen Verstand bangen ließ. Und dann kam die Bedeutung ihrer Stichelei in meinem Gehirn an.

Ich riss die Augen auf und schüttelte den Kopf. »Zwei Dinge, Meg. Erstens, du spinnst. Zweitens, das hier war deine Idee. Ich versuche nur, uns einen schönen Tag zu machen, aber wenn du unbedingt mehr darin sehen willst, als da ist, dann...«

»Hey, sorry.« Sie hob entschuldigend die Hände. »Ich weiß, wie wichtig dir deine Unabhängigkeit ist, ich mache nur Spaß. Wollte dich nur ärgern, das ist auch schon alles.« Sie lächelte unbefangen. »Sagst du mir wenigstens, wann wir da sind?«

»In fünfzehn Minuten, höchstens«, murmelte ich abwesend und schaute zu den leuchtenden Baumkronen hinauf. Als würde ich dort eine Antwort auf mein Dilemma finden. Shit.

Das Problem war nämlich nicht länger das Fehlen von Unabhängigkeit, sondern simpel die Tatsache, dass ich mich nicht länger danach sehnte.

Ich steckte ziemlich tief im Dreck. Mindestens bis zum Kinn. Und diese Braut war schuld an allem. Wie hatte es bloß so weit kommen können? 

Verdammt.

Harvey Chavel, Samstag, 23. Juli, London, Kensington

Meine Fingerknochen traten weiß hervor, so fest umklammerte ich das Lenkrad, und das eigentlich schon seit wir vor zwanzig Minuten losgefahren waren. Tja, aber was hatte ich, Idiot, erwartet? Wo meine Hände doch schon zu zittern begannen, wenn sie sich in meiner Nähe befand. 

Alessia. Alessia Williams, Mutter, alleinerziehende Mutter. Jung, hübsch und so verdammt sexy.

»Hier ist es. Da musst du rechts abbiegen und am Straßenrand halten. Im nobelsten der Häuser wohnen sie.« Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sie das Gesicht verzog. 

Ich konnte sie verstehen, ich teilte ihre Abneigung gegen arrogante Reiche aus tiefster Seele. Aber das hatte wahrscheinlich andere Gründe. Meghans Vater kam mir in den Sinn. Sein widerliches Grinsen, das niemals seine Augen erreichte und mich förmlich zur Weißglut trieb. 

Plötzlich fiel mir auf, dass ich schneller atmete, mein Brustkorb hob und senkte sich in einer halsbrecherischen Geschwindigkeit. Ich musste runterkommen, sofort. 

»Was ist los?«, fragte Alessia besorgt und legte mir eine Hand auf den Arm. Was die Sache mit dem du musst runterkommen, Harvey nicht unbedingt leichter machte. Aber ich schüttelte sie nicht ab. Die Berührung tat gut. Und schmerzte zugleich. Aber es war ein positiver Schmerz, wenn es so etwas denn geben sollte. 

Ich räusperte mich und quetschte meinen Wagen in eine frei gewordene Parklücke zwischen zwei schwarze Limousinen. Was hatte ich den Anblick von protzigen Egoschleudern vermisst, dachte ich zynisch und schloss für einen Moment die Augen.
»Es ist alles okay«, sagte ich schließlich und schaute sie an. Sie kaute nervös an ihrer Unterlippe und warf immer wieder prüfende Blicke auf das große Haus, das um die sechs Stockwerke in den Himmel ragte und jedem Vorbeifahrenden entgegenzuschreien schien: Hey, wir schwimmen in Geld wie Dagobert Duck! Schaut alle her und beneidet uns! 

Aber ich verspürte keinen Neid. Bloß Hass und Verachtung. Und deswegen war ich schlussendlich doch glücklich über Meghans Vorschlag. Hier bot sich mir die einmalige Gelegenheit, zweien solcher Exemplare einer höheren Gattung meine Meinung zu geigen. Und ich würde sie nutzen, oh, das würde ich. 

»Bereit, die Löwenmutter raushängen zu lassen?«

Mit großen Augen starrte sie mich an und nickte leicht. Mein Herz zog sich mir in der Brust zusammen. Und da tat ich es einfach. Ich lehnte mich zu ihr und küsste ihre weichen Lippen. 

-

Danke für 5 Tausend Reads, Freunde. 

Meinungen sind erwünscht. Was war gut? Was eher weniger?

Mel xxx

Casual SexWo Geschichten leben. Entdecke jetzt