36. INTERLUDE
»Hast du den Müll mitgenommen?«, schrie mich Amara mit zu Schlitzen zusammengezogen Augen an. Ich machte einen knurrenden Laut und drehte mich noch einmal um.
»Schuhe aus«, meckerte die Stiefmutter. »Du kannst auch gerne nachher noch einmal den Boden putzen!« Putzen. Das hieß ich sollte den Boden mit einem nassen Lappen säubern und danach mit einem trockenen Lappen alles trocken machen. Und dann musste ich noch einmal mit einem dritten Lappen den Boden mit der Polierpaste von Amara säubern. Unser Boden war aus Marmor und Amara legte sehr viel Wert darauf, dass er auch glänzte.
»Nein«, murmelte ich tonlos und zog mir die Schuhe wieder aus. Ich hatte erst vor wenigen Minuten die Schleifen gemacht und nun musste ich sie gleich noch einmal machen; und ich war schon zu spät. Ich ging in die Küche und nahm den Müllsack. Ich schaltete das Licht aus, da bis ich von der Schule kam keiner da sein würde, außer vielleicht Amara, wenn sie wieder einmal früher Schluss machte. Mein Vater arbeitete bis Abends und danach ging er in einen Pub und betrank sich dort. Entweder schaffte er es dann noch nach Hause; oder er ging zurück in die Firma. Die Arbeiter merkten gar nicht, wenn er früh morgens schon am Arbeitsplatz war, da er unter anderem auch Sicherheitsmann oder sowas war.
»Beweg deinen Arsch, Miststück«, fauchte Amara mich an und ich zog mir schnell die Schuhe an; ohne mir eine Schleife zu binden. Amara funkelte mich an und ich war drauf und dran die Augen zu verdrehen. Ich war kein kleines Kind.
»Schuhe zu; oder wessen Geld ist das?« Sie bezog sich auf meine Kleidung; und sicherlich auch auf das Wasser zum Waschen. Dumme Nuss. Ihr gehörte hier doch gar nichts, immerhin hat sie meinen Vater geheiratet, als er noch der Boss einer bekannten und erfolgreichen Modefirma war.
»Los, los«, hetzte Amara mich gnadenlos weiter und ich schmiss den Sack in die Tonne. Dann stieg ich zu ihr ins Auto. Ich musste mich bei ihr immer Bedanken, dass sie mich mitnahm. Wirklich hilfreich war es allerdings auch nicht, da sie nur bis zur nächsten Bushaltestelle fuhr und mich dann herausließ. Wir hielten und ich stieg aus.
»Was sagt man dann?«, fragte sie und setzte ein falsches Lächeln auf. Ich wollte erst weitergehen, doch meine Wut nahm überhand, weil sie mich schon wieder so abneigend behandelte.
»Danke«, sagte ich, »dass du mich zur nächsten Bushaltestelle gefahren hast, obwohl die zu Fuß nur sieben Minuten entfernt wäre.« Amara riss die Augen auf und öffnete den Mund. Ihre Gesicht nahm einen roten Farbton an und ihre Augenbrauen zogen sich zusammen.
»Undankbare Schlampe«, zischte so hasserfüllt, dass ich beinahe überrascht war. Richtig boshaft wäre es gewesen, wenn ich jetzt geklatscht und »neuer Grad des Giftversprühens« gesagt hätte. Amara rümpfte bei keiner Reaktion meinerseits die Nase und drehte sich nach vorne, sodass sie Gas geben und wegfahren konnte. Ein leichtes Lächeln zeigte sich bei mir; doch ich war mir nicht so sicher, ob es besonders freundlich oder herzlich aussah, denn ein kleiner Junge, der an der Hand eines Teenagermädchens stand, sah mich verängstigt an und drehte sich dann schnell weg.
Zu spät betrat ich das Schulgebäude und rannte zu meinem Spint. Dort schloss ich meine Bücher aus und rannte zum Biologieunterricht. Ich stoppte vor der Tür, richtete meine Kleidung und meine Haare und öffnete dann die Tür.
»Ah, hallo. Clea«, grüßte der Lehrer mich. Er sieht mich ein wenig sauer an und legt dann die Kreide auf den Tisch.
»Warum haben Sie nicht angeklopft?«, fragte er und zog eine Augenbraue hoch. »Noch dazu sind Sie zu spät; so ein Verhalten kann ich nicht dulden.«
»Ich habe«, begann ich genervt, »geklopft. Und es tut mir leid, dass ich zu spät bin.«
»Einzelheiten, bitte.« Der Lehrer sah mich bohrend an.
»Was?« Ich würde mich wundern. Ich konnte sogar noch unfreundlicher werden, und das war nicht ich.
»Eine Ausrede..?«, half er mir auf die Sprünge.
»Wieso das denn«, fiel ich ihm ins Wort, »mir würde sie doch eh nichts bringen, nicht wahr?« Ich sah ihn triumphierend an. Er rümpfte nur die Nase und sah mich strafend an. Einige Klassenkameraden hatten zu lachen begonnen, doch der Lehrer wendete sich wieder zu ihnen und ließ mich in Ruhe. Langsam schlenderte ich auf meinen Platz zu und setzte mich. Ich kramte einen Block und einen kaputten Kugelschreiber hervor und sah zur Tafel. Langsam fielen mir die Augen zu. Sie wurden immer schwerer, und auch was unser Lehrer von sich gab war nur noch ein monotones Gemurmel.
Ich hatte die Nacht kaum geschlafen, da ich immer daran gedacht hatte, was für ein Arschloch Louis war und wie schade es war, dass Niall und ich nicht mehr miteinander reden konnten. Wir waren gute Freunde geworden, und behandelten uns wie Geschwister, die sich seit Jahren kannte.
»CLEA«, schrie eine Stimme und ich hob meinen Kopf. Vor mir stand der Lehrer und sah mich wütend an.
»Sie haben geschlafen!«, wütete er, »in meinem Unterricht wird nicht geschlafen. Hier herrscht volle Aufmerksamkeit!« Ich senkte desinteressiert die Lieder. Was machte ich nur? Was hatte Louis aus mir gemacht! Ich war nicht ich selbst. Mein Herz schmerzte und ich wurde zu einer respektlosen Person. Ich würde es nicht mal mit mir selbst aushalten. War der Verlust so groß, dass ich damit nicht umgehen konnte?
»Nachher vor meinem Tisch!«, giftete der Lehrer. Ich war sauer auf ihn und hätte ihm sofort angeschrien oder geschlagen, wenn ich nicht so müde wäre und mein Verstand völlig ausgeschaltet gewesen wäre. Die anderen Schüler und Schülerinnen ignorierte ich einfach und versuchte im Rest der Stunde dem Unterricht zu folgen.
»Ich war danach bei ihm vorne. Und er sagte, dass meine Eltern viel mit mir falsch gemacht hätten und dann habe ich ihm erzählt, dass meine Mutter tot ist. Er sah mich komisch an und dann hat er mir Drogen angeboten. Er sagte, dass er so über den Verlust seines bestes Freundes hinweggekommen ist.«
Eden, Cassandra und Olivia legten ihre Hände auf die geöffneten Münder. Sie stießen einen erschrockenen Laut aus und musterten mich.
»Nein, ehrlich?«, flüsterte Cassandra und ich nickte. Wir saßen in der Cafeteria und berieten uns über meinen Biologielehrer.
»Das hätte ich von Herrn Janson niemals erwartet!«, sagte Olivia und biss von ihrem Käsesandwich ab. Ich seufzte nur.
»Es war wirklich so«, bestätigte ich, »er meinte, ich sollte es nicht weitersagen und es mir bis zur nächsten Biostunde überlegen!«
»Irre«, fasste Eden meine Aussage zusammen. »Das ist so falsch. Also von ihm.« Ich nickte nur und nahm ein Stück von meiner Pizza.
»Ich war schon beim Direktor«, fügte ich hinzu. Ich habe ihm alles erzählt, doch er meinte, dass ich Zeugen bräuchte. Eine Weile war es still am Tisch.
»Könntet ihr vielleicht...«
»Nein«, fiel Olivia mir sofort ins Wort. »Clea, überleg' doch mal!«
»Stimmt es wirklich?«, mischte Cassandra sich jetzt wieder ein. Ich nickte. »Warum sollte ich es dann erzählen? Denkt ihr ich habe Langeweile, oder will euch ärgern. Bitte.« Ich sah sie einschüchternd an. »Kommt schon, redete einfach mit dem Direktor. Wenn du, Eden, ein gutes Wort für mich einlegest... du bist die Tochter vom Bürgermeister; er würde dir glauben!« Die Blondine sah mich erschrocken an und schluckte ihr Essen hinunter.
»Ich... also, nun...«, stotterte sie. Sonst konnten die drei doch auch immer alles Mögliche weitererzählen. Sie mussten mir doch nur helfen.
»Bitte«, flehte ich. »Helft mir!« Sie warfen sich einen langen Blick zu und schließlich sahen sie mich an und nickten.
»Okay.«
Lasst das Spiel beginnen!
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Jaaa, noch ein Kapitel innerhalb von einer Stunde, yeah :D
Hoffe es gefällt euch!! (:
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Heart of a killer [l.t.]
Fanfiction| COMPLETED | ,,Nachts. Alleine. In den dunklen, schmutzigen Gassen der Stadt. Da will man nicht alleine sein. Man möchte die rauen Gestalten der Dunkelheit nicht begegnen. Denn sie sind gefährlich und skrupellos. Ich bin anders. Ich bin froh, da...
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