50. Interlude

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50. INTERLUDE

»Wo bleibt mein Honig?«, schrie Amara durch den Räume und ich hielt Inne. Verdammt, hatte ich doch tatsächlich vergessen, ihr diesen hinzustellen. Schnell öffnete ich den Schrank und durchwühlte ihn auf der Suche nach dem dämlichen Glas. Aber ich fand es nicht. 

»Oh, nein, oh, nein«, murmelte ich hektisch und schloss den Schrank wieder, ehe ich mich mit der Stirn dagegen lehnte. Der Honig war alle. Gestern früh hatte sie das Glas leer gelöffelt und mir angeordnet es mitsamt dem restlichen Altglas in den Container zu werfen. Das konnte doch jetzt nur ein schlechter Scherz sein. 

»Ich warte«, keifte das Stiefbiest. Langsam schlich ich in das Wohnzimmer. 

»Amara«, sprach ich – ich sagte in der Tat nicht oft ihren Namen, »der Honig ist alle. Seit gestern.« Sie hob die Augenbraue hoch. 

»Gestern war Sonntag, ich hatte keine Möglichkeit ein Glas zu holen«, verteidigte ich mich schnell. Wut breitete sich über ihrem Gesicht aus und ich schluckte. Schnell Clea, eine Idee, um sie abzulenken von dem scheiß Honig. 

»Ich habe im Schrank noch Ovomaltine.« 

»Was soll das nun wieder für ein süßes Zeug sein?«, hackte Amara sauer nach. 

»Das ist Schokoaufstrich mit knuspri-« 

»Bring mir das Glas, aber glaub ja nicht, dass dich nichts erwartet wegen deiner Dummheit.« Ich verließ die Küche mit einem stummen seufzten und brachte ihr das Glas.

-

Der Tag hatte schon wieder unangenehm begonnen. Noch dazu kam, dass mir an der Bushaltestelle einfiel, dass mein fein säuberlich getippter Aufsatz noch auf dem Schreibtisch in meinem Zimmer ruhte. Ich haute mir gegen die Stirn und ging langsam zurück. Die Schmerzen von Mittwochnacht hatten glücklicherweise schon ein bisschen nachgelassen, sodass das Laufen an sich für mich angenehmer geworden war. Allerdings war es trotzdem ziemlich auslaugend zwölf Minuten am Stück zu gehen. Ich erreichte mein Elternhaus und betrat mit Schuhen das Haus. Amara war sowieso nicht da, um mich zur Rechenschaft zu ziehen und Dad war auch schon weg. Er hatte sich in den letzten Tagen zusammenreißen können. Das hieß er hatte mir nur am Samstag eine heftige Ohrfeige verpasst und war sonst nur verbal gewalttätig gewesen. Zu meinem gesundheitlichen Glück. 

So kam es, dass ich auch den zweiten Bus verpasste und eine geschlagene halbe Stunde warten musste. Die Rücklichter sahen von hinten ziemlich dreckig aus, muss ich doch anmerken. 

Immerhin hatte ich meinen Aufsatz dabei und ich erreichte auch bloß fünfzig Minuten zu spät das Schulgebäude. Vorne am Eingang hockte an die Mauer gelehnt eine Figur im schwarzen Kapuzenpulli. Ich erkannte sofort wer es war. Phillosophieboy wie Olivia ihn so herzlich getauft hatte. Er kam am Freitag zu mir und verwickelte mich in ein Gespräch, was mich sehr verwundert hatte. Aber er wirkte freundlich und war ein guter Ausgleich für meine mich ignorierenden Freundinnen und Louis, dem Arsch. Natürlich konnte man Bastian mit niemandem vergleichen, aber er war eben da und er brachte mich auch durch dumme Geschichten zum Lachen. Louis hatte sich nicht mehr gemeldet, seit dem ich bei seiner Geburtstagsfeier war. Ich dachte ja eigentlich, dass sich was geändert hatte, aber offensichtlich irrte ich mich. Wieder.

»Hey, fünfzig Minuten zu spät – reife Leistung«, sprach Bastian mich an und erhob sich aus seiner hockenden Stellung. Er sah auf einen Punkt hinter mich und nickte jemanden zu. Es war ebenfalls ein Junge im dunklen Kapuzenpullover und der Flower of Life auf dem Ärmel, der mit mir aus dem Bus gestiegen war. Unter der Kapuze entdeckte ich blonde Lockenspitzen. Aber es war nicht Niall, was meine sekundenanhaltende Freude, brach. Der Junge drehte sich um und verließ die Bushaltestelle mit zügigen Schritten. 

»Ehm, ich habe meinen Aufsatz zuhause liegen lassen«, lachte ich nervös und Bastian richtete seine Augen wieder auf mich. 

»So jung, aber so vergesslich«, grinste er mich an und öffnete seien Rucksack. »Wir kommen jetzt eh zu spät und für ne halbe Stunde da rein zu gehen, nenne ich Selbstfolter.« Er holte eine Tüte vom örtlichen Bäcker hervor, »deshalb lass uns doch einfach auf die Bänke unter der Linde setzten und essen.« 

Aghh, Niall liebte Essen auch über alles und würde sich keine Sekunde entgehen lassen, in der er von seinem belegten Brötchen abbeißen könnte.
»Klar.«

-

»Herein.«

Ich betrat das Büro vom Rektor und reichte ihm meinen Aufsatz. Er hatte keine 35 Seiten, sondern bloß 15, aber das war mir egal. Ich hatte schon diverse psychoanalytische Statistiken miteinfließen lassen und meine eigene Auffassung sowie eine abgefälschte Umfrage aus dem Internet (, die ich als meine eigene verkaufte, aber leise. Amara hatte mir zu viel Arbeit aufgebrummt, sodass ich Sonntagabend nicht noch bei den Nachbarn klingeln wollte, um eine Umfrage zu starten). 

»›Lügen und die dadurch vorkommende seelische Belastung bei Beteiligten, ein Aufsatz von Clea Evans‹ Freut mich, dass du endlich den Aufsatz abgegeben hast.« Der Direktor nickte mir zu und schob den Papierstapel alias meinen Aufsatz auf die linke Seite seines überdimensionalen Schreibtisches. »Bist du auch auf beiden Gruppen eingegangen?« 

»Wie meinen Sie das?«, fragte ich betont freundlich nach. 

»Die Lügner und die Belogenen«, erörterte er. Ich nickte. 

»Ja, sehen Sie auf Seite 9 nach.« 

Er schlug die ersten acht Seiten um und überflog dann die neunte. Dann nickte er und schob meinen Aufsatz wieder weg. 

»Ich freue mich ebenfalls über deine Einsicht, Clea«, sagte er und faltete die Hände vor sich auf dem Tisch. »Ich bin mir sicher, dass du nicht eine boshafte oder verhasste Person bist, von daher habe ich es bei diesem Aufsatz belassen.« Oh, wie gnädig von ihm, dachte ich mir, aber lächelte stattdessen dankbar. 

»Es tut mir wirklich leid, dass ich so gehandelt habe«, sehe ich mein Fehlverhalten ein und senkte den Blick. 

»Ich hoffe, dass das das erste und letzte Mal war und sein wird, dass so etwas bei dir vorkommt«, sprach er. Ich nickte wieder. 

»Ja«, sagte ich. Hoffen Sie bloß, dass da nicht wieder ein Junge kommt und mir das Herz bricht. Ich habe nämlich das Gefühl, dass dies bereits wieder passiert...

es wird jetzt wahrscheinlich regelmäßiger updates geben -- will diese geschichte unbedingt beenden, damit ich mit EVERYTHING IS GREY weitermachen kann. Da kann ich es kaum erwarten xDD

Heart of a killer [l.t.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt