Kapitel 35

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Der Falbe räusperte sich und das Gemurmel verstummte. Alle unterbrachen ihr Frühstück für einen Moment, um dem Hengst zuzuhören.
"Heute werdet ihr über den Vormittag noch in euren momentanen  Gruppen unterrichtet. Heute Nachmittag wird es dann ein spezielles Extratrining geben, da wir euch auf die 1. Prüfung vorbereiten müssen, in der es um eure Ausdauer gehen wird. Morgen werden dann auch die Disziplinen getauscht. Wo ihr zugeteilt wurdet, erfahrt ihr später." Mit diesen Worten begab er sich vom Podest wieder nach unten und verschwand durch eine Türe aus dem Speisesaal.

Nyria atmete tief durch. Das war also erst mal der letzte Tag in Sayeros Nähe. Immerhin war nicht nur mehr als unfreundlich zu ihr, sondern wollte er auch den obersten Wächter töten. Doch das schlimmste war, das Nyria es wusste und keiner davon erfahren durfte. Sie war sich sicher, dass falls herauskam was sie wusste, sie bald einen Kopf kürzer sein würde.
Sie hatte es nicht einmal Naur erzählt. Ihr war die Entscheidung schwer gefallen, doch sie hatte keine Ahnung, wie er reagieren würde. Und sicher zu sein, das er es niemandem amderem verraten würde konnte sie nicht. Dazu kannte sie ihn noch nicht lange genug. Und auch wenn zwischen ihnen in dieser Zeit eine Art Freundschaft entstanden war, konnte sie ihm soweit noch nicht vertrauen. Also war sie mit diesem Problem alleine. Und würde es hoffentlich auch bleiben...

"Heute reden wir über Skeran. Ein wichtiges Volk, da es ein wichtiger Handelspartner Cateas ist. Ihr größter Markt besteht aus Edelsteinen und Schmuck. Da ihr Königreich zu großen Teilen in den Bergen liegt - ihre Haupstadt wurde zu einem Großteil in die Steilwände eingemeißelt - gibt es dort sehr viele Edelmienen. So fördern sie beispielsweise den Mondstein, den sie allerdings nicht verkaufen sondern behalten, um ihre Schlösser und Straßen damit auszupflastern. Denn dieser wundervolle Stein leuchtet schwach weiß bläulich oder weiß lila, wenn das Mondlicht auf sie fällt. Doch der seltenste und damit teuerste Stein ganz Mitäas und auch weit über die Grenzen hinaus, wird ebenfalls aus den Mienen der Rotrega Berge ans Tageslicht gefördert. Der Sonnenstein. Er ist sehr wichtig, da dieser Stein die einzigste Möglichkeit ist, ohne Probleme den Wald von eda Yomon zu durchqueren. Durch seine besondere Zusammensetztung hat dieses Gestein nämlich die Fähigkeit Licht auszuströmen, das sie selben Eigenschaften wie Sonnenlicht hat. Dadurch werden die Schattenwesen abgehalten. Doch da dieses Gestein wie bereits erwähnt extrem selten ist, gibt es nur sehr wenige Sonnensteine, die groß genug sind, um eine ausreichende Menge Sonnenlicht zu produzieren."

Eine Fuchsstute meldete sich. Scar Sayaro bedeutete ihr mit einem Nicken, dass sie reden durfte.
"Wurden wir mithilfe von diesem Stein dann auch für die Aufnahmeprüfung in den Wald gebracht?", fragte sie mit schmerzvollen Blick. Sayero entgegnete ihr kalt.
"Also das hat jetzt eigentlich weniger mit den Thema zu tun aber...", er schaute sich in der Runde um, doch alle schauten ihn plötzlich mit großen Augen an.
"Nungut... wenn ihr den Schock der Aufnahmeprüfung schon verarbeitet habt, können wir über den Wald von eda Yomon reden. Dann verschieben wie sie Geschichte Skerans auf eine andere Stunde... Also, wir haben die Anwärter mithilfe eines Sonnensteins in den Wald gebracht. Ja."

Ein brauner Hengst ergriff nun unaufgefordert das Wort.
"Was waren das für abnormale Wölfe... oder Hunde... oder was auch immer!"
Sayero schnaubte.
"Schattenwölfe. Das sind eine Art der Schattenkreaturen. Es gibt noch weitere wie Nachtkatzen oder Untote. Aber diese Wölfe sind die einzigen sie so nah am Rand des Waldes vorkommen. Die wirklich gefährlichen Wesen leben tiefer in den Wäldern. Und dann gibt es da noch die innersten Teilen des Waldes. Sie werden verlorene Wälder genannt. Es gibt nur eine Handvoll Pferde, die dort waren und lebend zurück gekommen sind... und die die es 'geschafft' habe, sind meist nur noch eine jämmerliche Hülle, die ihren Verstand in den verloren Wäldern gelassen haben... Die Sonnensteine verlieren dort ihre Macht. Deshalb und wegen den mehr als gefährlichen Kreaturen die dort leben, ist es so gefährlich."
Er zeigte auf der großen Karte, die direkt hinter ihm an der Wand hing, auf den Ort, der in der Mitte aller Königreiche lag.

Nun meldete sich auch Nyria. Sayero warf ihr einen leblosen Blick zu, sagte jedoch nichts. Nyria fasste dies als Redeerlaubnis auf.
"Was waren das für seltsame Lichtpunkte, die uns den Weg aus dem Wald gezeigt haben?"
"Was für Lichtpunkte?", fragte der Schimmel abwertend, wie als hätte Nyria etwas föllig schwachsinniges gesagt.
"Es waren einzelne Punkte Sonnenlicht. Sie kamen immer in einiger Entfernung durch das Blätterdach."
Jetzt plötzlich wurden Sayeros Augen für einen Moment groß, doch dann schnaubte er und begann zu lachen.
"Ha... das kann gar nicht sein. Das was du da gesehen haben willst, hört sich an wie Irrlichter. Doch diese Kreaturen sind so selten und kommen schon gar nicht so weit am Rand des Waldes vor. AUßERDEM helfen sie nur Pferden, die sie ihrer Hilfe für würdig erachten. Und ich wüsste nicht was an einem Streuner so würdig sein sollte." Das Wort Streuner spuckte er förmlich aus. "Überall um euren Aufwachplatz waren Fackeln verteilt, die den Weg zurück zeigten. So dumm kannst du gar nicht gewesen sein, die zu übersehen."

Nyria atmete tief durch. Sie musste sich beherrschen. Sie konnte es sich nicht erlauben, sich noch mehr mit Sayero anzulegen, als sie es eh schon durch die bloße Tatsache ihrer Existenz tat. Auch wenn er sie wirklich mehr als provozierte. Ihm etwas zu entgegen hätte keinen Sinn, es würde nur Nachteile bringen. Und außerdem... wenn er wirklich einen Anschlag auf den obersten Wächter plante, würde er bestimmt keine großen Hemmungen haben, eine nervige Streunerin zu ermorden...

Nyria - Kriegerin der Garde Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt