Kapitel 28

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Nyria atmete tief durch. Sie musste sich beruhigen. Ihr Herz schlug heftug gegen ihren Brustkorb. Sie war hier um verarztet zu werden und nicht um getötet zu werden. Ihr Herzschlag ging weiterhin viel zu schnell. Nyria schnaubte belustigt. Sie konnten sie gar nicht töten! Sie hatte sie im glauben gelassen, das Ilanos Amulett nach ihrem Tod seinen Weg in die Öffentlichkeit finden würde! Aber was, wenn die Hauotmänner auf dieser Burg gar nichts davon wussten?
Nyrias gerade gewonnene Sicherheit verschwand ruckartig wieder. Oder wenn sie es so aussehen lassen würden, als wenn sie bei der Aufnahmeprüfung gestorben wäre? Der Stute wurde übel. Sie konnten sie doch nicht einfach so töten!

"Hallo", eine raue männliche stimme riss Nyria aus ihren Gedanken. Sie sprang auf und blickte den Hengst mit vor Schreck geweiteten Augen an. Schnell versuchte sie sich wieder unter Kontrolle zu bringen und blickte auf den Boden. Aber so, dass sie ihn immernoch im Auge hatte. Sein Fell war fleckig, die Farbe variierte stellenweise zwischen einem hellen Braun, Beige oder sogar in weiß über. Seine Mähne und sein Fell sahen zottelig aus, aber nicht ungepflegt. Insgesamt wirkte der alte Hengst als ob er schon viel erlebt hätte.
"Du brauchst dich doch nicht so erschrecken!", krächtze er und ließ ein heiseres Lachen verlauten, aus dem die Verrücktheit sprach.
Nyria starrte ihn nur verwirrt an. Sie konnte nicht sagen, ob er nun gekommen war um sie zu töten oder ihr zu helfen.
Der Hengst bemerkte ihren Blick und sein Lachen erstarb.
"Nun gut... Dann wollen wir mal..."
Mit diesen Worten bewegte er sich zum Schrank und handelte mit den seltsamen Gerätschaften herum.

"Setz dich dahin." Sagte er beiläufig, drehte sich kurz um und nickte zu einem metallenen Tisch. Nyria schluckte. Irgendwas an diesem Tisch gefiel ihr nicht. Er sah nicht so aus, also ob das was darauf geschah weniger angenehm war.
'Stell dich nicht so an', sagte sie zu sich selbst, 'du bist nun eine Anwärtern, hier will dich keiner umbringen.'

Mit einem Tiefen Atemzug raffte sie sich zusammen und setzte sich auf den Tisch, der ihr nur ca. Bis zu den Sprunggelenken ging. Im gleichen Moment drehte sich der alte Hengst um und zog einen kleinen Tisch zu sich, auf den er einiges an Besteck sauber ausgelegt hatte.
"Dann zeig mal her...", sagte der Hengst gedankenverloren und betrachtete ihre Wunde,
"Mhh... ja..."
Er nahm zielsicher ein Teil von seinem Bestecktisch. Doch bevor er damit irgendetwas in Nyrias Verletzung tun konnte, zuckte sie misstrauisch zurück. Es sah spitz und nicht gerade unschmerzhaft aus. Außerdem traute sie diesem Hengst immer noch nicht ganz.
"Du hast einen Wald voller Schattenwölfe überlebt und hast jetzt Angst vor einer Pinzette? Es ist ja normal, das die Pferde nach dem Wald verstört sind, aber du wirkst paranoid!", der Hengst lachte wieder heißer, aber Nyria sagte immer noch nichts. Sie wusste einfach nicht, was sie darauf erwidern sollte.

"Nicht gerade gesprächig, hm?", sagte er enttäuscht.
Und endlich fand auch Nyria zurück zu ihrer Sprache.
"Was machen Sie damit?", fragte sie ernst.
"Ich entferne damit den groben Dreck aus deiner Wunde."
"Und dann?"
"Werde ich sie abspülen und desinfizieren."
"Mit was?"
"Wasser und Alkohol."
"Mhh...", Nyria nickte.
"Du frägst ganz schön viel. Aber darf ich jetzt an deine Wunde?"
Die Stute betrachtete den Hengst, ihre Verletzung und dann wieder ihn. Dann nickte sie erneut.
"Ok.", lachte er.
Vorsichtig entfernte er Stücke von Dreck und Blättern.
"Wie heißt du denn überhaupt, Kleine?", fragte er, den Block nicht von seiner Arbeit wendend.
"Nyria.", antwortete die Stute knapp.
Nun blickte der Alte sie plötzlich doch an und unterbrach sogar seine Arbeit.
"Ha! Ich kannte einmal eine Stute, die hieß ganz ähnlich wie ihr... ein bewundernswertes Pferd! Stark und selbstbewusst...", sein Blick verlor sich in der Ferne. "Ich weiß bis heute nicht was mit ihr geschah, nachdem...", fügte er immer leiser hinzu und brach schließlich ab. Dann fing er sich wieder, lachte kurz heiser und machte sich dann wieder ernst an die Arbeit. Nyria blickte ihn verwirrt an. Wahrscheinlich war das nur Spinnerei, in diesem Alter wäre das auch kein Wunder mehr.
"Mein Name ist im übrigen Serr Kojan.", verkündete er knapp.
Es verging einige Zeit, bis er wieder sprach.
"Du hast Glück, das sie sich nicht entzündet hat.", er klang bewundernd.

Nyria - Kriegerin der Garde Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt