Kapitel 45

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In jedem Muskel ihres Körpers konnte  Nyria die Anspannung fühlen. Das Blut pulsierte in stetigem Rythmus kräftig durch ihre Adern. Mit eisernem Blick fesselte sie ihren Gegner und ließ ihn nicht mehr los. Ihre Zähne bohrten sich in den mit Leder umwickelten Griff. An der kurzen Kette baumelte eine eiserne Kugel. Sie war im Gegensatz zu einem echten Morgenstern hohl und nicht mit Stacheln besetzt, um schwere Verletzungen zu vermeiden. Dennoch schmerzte es sehr, von der Trainingswaffe getroffen zu werden, wie Nyria bereits erfahren musste. Es war ihr zweiter Kampf heute. Wenn sie zwei der drei Prüfungskämpfen gewann, hatte sie gute Chancen die Prüfung zu bestehen. Doch den Ersten hatte sie verloren. Es war ein Kampf ohne Waffen gewesen. Und obwohl ihr Gegner nicht viel stärker gewesen war als sie selbst, hatte er dennoch gewonnen. Und nun sah es nicht wirklich besser für die Stute aus. Im zweiten Kampf wurden die Waffen zufällig ausgesucht. Und der Morgenstern war mit Abstand die letzte Waffe, die Nyria gewählt hätte. Dennoch verlor sie die Hoffnung nicht und gab stattdessen ihr Bestes. Es bestand immennoch eine Chance auf den Sieg. Ihr Gegner musste nur einen Fehler machen... für einen Moment unaufmerksam sein und sie könnte den finalen Schlag landen.
Doch der Hengst, der ihr gegenüber stand war schnell. Er hatte bereits einen fatalen Treffer bei ihr gelandet, aber noch keinen theoretisch tödlichen.

Ihre Gedanken rasten. Sie versuchte zu erkennen, welches Manöver er als nächstes einschlagen würde. Sie hatte ihn eisern im Blick. Ihre Beine hatten einen festen Stand, obwohl ihr Herz raste. Nicht nur wegen der Eisenkugel, die jeden Moment schmerzhaft auf ihren Körper treffen könnte oder wegen dem eiskalten Blick, den ihr Gegner ihr zuwarf. Nein. Auch wenn sie es zu verdrängen versuchte, wusste sie, dass es im Moment gar nicht blendend aussah. Dieser Kampf war so gut wie verloren, selbst wenn sie vor dieser Tatsache floh. Zwar zählte bei dieser Prüfung bei weitem nicht nur der Sieg, doch musste der Kampfstil sehr überzeugend sein, wenn sie alle drei Kämpfe verlieren würde. Und da die Gegner gelost wurden, hatte sie keine Ahnung welchem Pferd sie in der dritten Disziplin, dem Schwertkampf, gegenüberstehen würde. Sollte sie also alle Kämpfe verlieren, stand es schlecht um die Zukunft dieser Ausbildung. Während Nyria alles gab, um ihre Angst vor dem Versagen in die hinterste Ecke ihres Bewusstseins zu verbannen, machte sich der braune Hengst zu einem erneuten Angriff bereit. Die Stute sah wie sich seine Muskeln anspannten und er einen Satz nach vorne machte. Nyria wich zur seite aus und schwang den Kopf nach oben. Mit einem hohlen Klirren trafen sie beiden Kugeln aufeinander und die Ketten verhedderten sich. Ohne zu zögern riss Nyria mit aller Kraft an ihrer Waffe, um ihren Gegener aus dem Gleichgewicht zu bringen. Dieser hatte allerdings den gleichen Gedanken und so lag für einen Moment eine zerreisende Spannung auf den Ketten. Dann zog es plötzlich Nyrias Hufe vom Boden weg, ihre bloße Körperkraft war dem Hengst nicht gewachsen. Mit einem dumpfen Schlag landete sie auf dem gefrorenen Boden. Bevor sie überhaupt Anstalten machen konnte aufzustehen, zischte etwas direkt an ihrem Auge vorbei. Nicht mal eine Hufbreite neben ihrem Kopf traf der Morgenstern ihres Gegners auf den Boden auf.

Die Stute seuftze und ließ ihren Kopf mit geschlossenen Augen zurück auf den eiskalten Sand sinken. Wäre dies ein echter Kampf gewesen, wäre sie nun tot.
" Der Kampf ist beendet! Gero ist der Sieger!", rief der Dunkelfuchs, der die Kämpfe mit zwei anderen Kriegern bewertete. Parallel zu Nyrias fand noch ein zweiter Kampf statt, den drei weitere Krieger aufmerksam beobachteten.
"Ha!", gab der Hengst überlegen von sich. Den Griff der Kette ließ er einfach los. Er landete hart auf Nyrias Nasenbein. Mit einem genervten Schnauben schaute sie dem Hengst hinterher, der zurück zu seinen Freunden stolzierte. Mit einem Ruck schwang sich Nyria wieder auf die Beine und schüttelte den Kopf.
'Eingebildeter Nussbaum', dachte sie.
"Nimms nicht so übel, den Dritten schaffst du bestimmt!", sprach Elana sie mit einem überzeugenden Lächeln an.
"Wir werden sehen.", antwortete Nyria. Sieg oder Niederlage hing jetzt vor allem von ihrem Gegner ab.
"Wann beginnt denn der letzte Kampf?", fragte Nyria.
"Es sind nur noch zwei Paare die mit zufälliger Waffe kämpfen müssen. Dann werden die neuen Gegner gelost. Aber mach dir keine Sorgen...", die Fuchsstute lächelte Nyria aufmunternd zu. Das war leichter gesagt als getan. Immerhin hatte Elana selbst die ersten beiden Kämpfe gewonnen.
"Hey Alerias!", der Falbe lief gerde niedergeschlagen an ihnen vorbei, "Immer nich nicht akteptiert, gegen eine Stute verloren zu haben?", sie hob eine Augenbraue und blickte ihn herausfordernd an.
"Ha ha... Du weißt genau, das der Kampf nicht fair war... Du kannst viel besser mit dem Speer umgehen als ich.", erwiderte er genervt.
"Jaja... wenn dich das glücklich macht, dann glaub das ruhig.", sagte Elana lachend.
"Pffff", machte Alerias und machte sich davon, während er leise Elanas Worte nachäffte.
"Er ist echt ein grausamer Verlierer.", flüsterte sie Nyria amüsiert zu. Die beiden hatten sich eigentlich fast dauerhaft im Fell. Während Elana sichtlich Spaß daran zu haben schien Alerias zu piesacken, war sich Nyria bei Alerias nicht ganz so sicher. Auf jeden Fall steckte er die Sticheleien so gut er konnte weg.
"Wie geht es eigentlich Aiden?", fragte Nyria dann. Sie hatte gesehen, das er im ersten Kampf einiges hatte wegstecken müssen. Elanas Blick wurde für einen Moment trüb.
"Der erste Kampf hat ihm schwer zu schaffen gemacht... und der zweite lief auch nicht besser... Aber der packt das schon.", die Stute zwang sich zu einem hoffnungsvollen Lächeln, doch Nyria konnte sie Zweifel darin spüren. Auch sie machte sich Sorgen, dass der Braune die Prüfung vielleicht nicht bestehen würde. Doch im Moment musste sie sich in erster Linie darum kümmern, das sie den letzten Kampf gewann.

Nyria - Kriegerin der Garde Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt