"Bitte.", sagte Sayero beschwichtigend und senkte den Kopf, "Diese Stute ist unschuldig. Ich war es, der versucht hat den obersten Wächter zu ermorden. Sie dagegen hat ehrenhaft versucht mich daran zu hindern. Mit Erfolg."
"Eine Streunerin?", rief jemand spöttisch. Ein brauner Hengst trat durch die Wachen zu ihnen nach vorne und betraute sie mit einem herablassenden Blick.
"Eine Streunerin würde so etwas nicht tun. Wenn ihr eure Verbündete schützen wollt, hättet ihr euch etwas glaubhafteres ausdenken sollen.", zischte er. Ein paar der Wachen lachten kurz auf.
"Sie ist nicht meine Verbündete. Sie hat ihre Ausbildung zum Krieger aufgegeben, um mich davon abzuhalten den obersten Wächter zu töten. Sie hatte mit all dem nichts zu tun, sie hat nur durch Zufall davon erfahren und sich mir entgegen gestellt. So wie es ein Krieger der Garde es tun würde.", Sayeros Stimme schien fest. Er versuchte mit aller Kraft die Wachen von Nyrias Unschuld zu überzeugen. Doch wenn man genau hinhörte, merkte man wie seine Worte fast unmerklich zitterten.
"Spart euch eure Lügengeschichten!", sagte der Hauptmann mit grollender Stimme. Dann wendete er sich seinen Wachen zu, "Nehmt ihn gefangen. Der Streunerin könnt ihr wegen mir hinter der Burg gleich die Kehle durchschneiden... Oder sonst was mit ihr tun."Mit diesen Worten kamen die Wachen bedrohlich auf Nyria zu. Erschrocken riss den Stute den Kopf nach oben und stolperte ein paar Schritte nach hinten.
"Nein!", gerade als die Wachen sie ergreifen wollten, warf Sayero sich vor die Roanstute und bot ihr so hinter ihm Schutz. In der gleichen Sekunde hob der Hauptmann seinen Speer und legte die Spitze direkt an Sayeros Kehle. Der graue Hengst blähte angestrengt die Nüstern, während er seinen Kopf so weit er könnte nach hinten zog, um nicht im Speer zu enden.
"Sie ist unschuldig!", presste er mühevoll hervor.
"Du gibst wohl auch nicht so einfach auf.", sagte der Hauptmann mit einem Schnauben und nahm den Speer ein wenig zurück, um Sayero wieder ein bisschen mehr Raum zum Atmen zu geben.
"Ich wurde erpresst um den obersten Wächter zu töten. Sie haben meine Tochter bedroht. Ich habe keine andere Möglichkeit gesehen sie zu retten als ihrer Forderung nachzukommen. Also bin ich zu diesem Treffen gekommen, mit der Absicht den obersten Wächter zu ermorden. Der Pfeil in der großen Halle war meiner. Er hat den Kopf des Wächters nur verfehlt, weil diese Stute mich zur Seite gestoßen hat! Und als ich den Wächter anschließend hier her gelockt und betäubt hatte, war ebenfalls sie es, die mich davon abhielt ihm ein Schwert in die Kehle zu rammen!", sagte Sayero laut und blickte dem Hauptmann eindringlich in die Augen. Einen unangenehmen Moment lang war es still. Und dann begann der Braune schallend zu lachen.
"Haha! Das ich nicht lache! Ihr habt wirklich eine blühende Fantasie... auf so einen Blödsinn muss man erst mal kommen. Eine Streunerin... Ha!", mit einem dreckigen Lächeln richtete der Hengst seinen Blick dann auf Nyria, "Bis die Sonne heute untergeht bist du tot.", flüsterte er so leise, das Nyria es nur gerade so hören konnte. Und der Ton im seiner Stimme ließ ihr einen Schauer über den Rücken rennen, sodass sich jedes einzelne Haar in ihrem Fell aufstellte.
"Ich lüge nicht! Meine Tochter ist ebenfalls eine Streunerin und wurde von ihnen vergiftet um mich zu erpressen! Sie liegt dort in diesem Raum! Ohne Nyria wäre der oberste Wächter nun tot. Ihr habt nicht das Recht sie hinzurichten!", Sayeros Stimme war eine Mischung aus Wut und Verzweiflung. Er hielt dem Hauptmann tapfer stand, der ihn nun mit feurigem Blick gegenüberstand und nur genervt zurück knurrte:
"Es reicht! Langsam habe ich genug von diesem Schwachsinn! Diese Lügen-""Aber er hat recht. Zumindest was diese junge Stute hier angeht... Sie hat wirklich ihr Leben aufs Spiel gesetzt um mich zu retten.", unterbrach ihn plötzlich eine raue Stimme. Der Hauptmann verstummte sofort und drehte seinen Kopf. Einige Wachen machten einen Schritt zur Seite, sodass der Blick auf den obersten Wächter fei wurde, der noch immer leicht wackelig am Boden lag. Das Betäubungsmittel begann also bereits nachzulassen.
"Aber das kann doch nicht sein! Diese beiden haben die Todesstrafe vereint und nichts geringeres!", widersprach der Hauptmann dem Wächter. Dieser seufzte erst und wand seinen Blick anschließend ab. Konzentriert versuchte er mit einem Ruck aufzustehen. Er wankte einen Schritt zur Seite, seine Beine zitterten ein wenig, doch der beachtlich große Hengst stand sicher auf allen vier Hufen. Er schüttelte sich leicht und legte seinen Blick wieder auf den Hauptmann. Mit einem Räuspern begann er dann:
"Sir Kastador. Versucht doch die Situation von ein wenig weiter weg zu betrachten... Ich weiß, dass viele mir nach dem Leben trachten, da ich mich gegen das Gesetzt zur Beseitigung der Streuner stelle. Dass also früher oder später jemand versucht mich zu ermorden ist also wohl keine Überraschung.", der große Hengst machte ein paar Schritte nach vorne, "Und da nicht jeder zu dieser Versammlung geladen ist, macht es wohl Sinn, jemanden zu erpressen, der hier in die Festung gelangen kann... Und wie ihr gehört habt, ist Scar Sayeros Tochter wie es scheint ebenfalls eine Streunerin. Also nennt mir einen Grund, weshalb er von sich aus versuchen sollte mich zu ermorden?", der oberste Wächter musterte mit diesen Worten Sayero, der seinen Kopf kurz dankbar senkte.
"Ich betrachte die gesamte Situation.", zischte der Hauptmann, "Und aus diesem Grund ziehe ich die offensichtliche Möglichkeit in Betracht, dass diese 'Tochter' auch nur ein großer Teil dieser ganzen Lüge sein könnte. Denn es gibt keinen Beweis dafür, dass das dort drüben nicht einfach nur irgend eine Streunerin ist, die er am Ende auch noch selbst vergiftet hat!", der braune Hengst reckte den Kopf nach oben. Mit einem verachtenden Blick auf Sayero. Nyria fühlte sich plötzlich ganz klein zwischen all diesen Hengsten. Nicht unbedingt körperlich, immerhin war sie es gewohnt zwei Köpfe kleiner zu sein als die meisten, doch irgendwie strahlten sie alle eine unglaublich angespannte Energie aus, die wirkte als wäre sie kurz davor durch einen Zusammenstoß zu explodieren.
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Nyria - Kriegerin der Garde
مغامرةHunger. Gewalt. Hass. Mit all diesen Dingen und noch mehr hat Nyria schon seit ihrer Geburt zu kämpfen. Die junge Stute lebt als Streunerin in der Untersten der sechs Stände, die es im Königreich Catea gibt. Doch dieses Leben wird immer schwerer und...