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Resigniert wartete der junge Königssohn darauf, dass der Tag verging. Die Stunden bei seinem Lehrer waren so langweilig und ätzend. Und doch mussten sie sein, wenn er das Land später einmal gut regieren wollte.

"Mein Prinz, jetzt hören Sie doch mal zu! Sie starren schon die letzten Wochen immer nur ins Leere. Glauben Sie, ich mach das hier zum Spaß? Wenn sie keine Lust auf den Unterricht haben, dann brauch ich mich hier auch nicht zum Hamplemann zu machen. Ich bin kein Hofnarr." Genervt verdreht Micha die Augen. Es war doch nicht sein Problem, dass sein Leben auf einmal so trist und farblos erschien, oder? Er verstand es ja selbst nicht mal, warum ihm auf einmal alles so schwer fiel.

"Dann gehen Sie doch, wenn es Sie so sehr stört." Der junge Prinz hörte noch ein empörtes Schnappen nach Luft, dann war der Lehrer auch schon zur Tür rausgestürmt.
Mit einem entkräfteten Seufzen stützte er sich schwer auf das Fensterbrett auf und starrte nach draußen.
Das war schon der dritte Lehrer, den er vergrauelt hatte und so langsam würde sein Vater ihm das sicherlich übel nehmen. Doch seit seiner Hochzeit im Fürhling schien jede Farbe aus seinem Leben gewichen. Dabei verstand er nicht einmal. Er hatte die perfekte Frau gefunden und müsste doch eigenglich glücklich sein.

Chessie war nett, hübsch, hatte die gleichen Intressen, konnte ihm zum lachen bringen und kam dazu noch aus einem guten Hause. Sie war ihm gleich bei einen der zahlreichen Bälle aufgefallen, mit ihrem prachtvollen Gewändern, die ihr nur zu gut gestanden hatten. Dazu hatte er sich so gut mit ihr unterhalten können, dass es nicht lang gedauert hatte, bis er um ihre Hand angehalten hatte. Und doch verlor sein Leben an Farbe.

Nichts schien ihn mehr zu interessieren. Der Unterricht war langweilig, das Essen fad, die Nächte lang und wachgelegen. Und doch war es ihm egal. Warum? Er verstand es einfach nicht.

Aufeinmal knallte die Tür zu seinem Unterrichtsraum auf und der König stand wutentbrannt auf der Schwelle.
"Was denkst du dir eigentlich?! Dies war dein dritter Lehrer und du hast in mit deiner... deiner Unlust vergrault wie alle anderen zur Zeit auch! Was ist nur los mit dir?!" Die Wut funkelte in den graublauen Augen, die seines Sohnes so ähnlich waren.

Resigniert seufzte der Kronprinz. Er hatte sich schon lange mit der ständig währenden Wut seines Vater arrangiert. Doch die Resigantion machte den König von Zerwanya nur noch wütender.
"Wie denkst du soll das hier laufen? Wenn du erst König bist, willst du dann auch jeden vergraulen, der um Audienz bei dir bittet? Wie willst du dein Königreich regieren, wenn du von Handelsbeziehungen, Kriegsführung und Staatspolitik nicht die geringste Ahnung hast?! Eine Frau an deiner Seite reicht nicht. Du brauchst Güte, Stärke und Intelligenz. Was soll aus dir werden, wenn du jeden Tag nur aus dem Fenster starrst? Davon regiert sich kein Königreich." Müde drehte sich Micha vom Fenster weg und schaute seinem Vater mit leeren Blick an.

"Ich hab keine Ahnung. Weder was mit mir los ist, noch was mal aus mir werden soll. Es.... ist einfach alles eintönig." Selbst seine Stimme klang müde und abgekämpft. Augenblicklich verschwand die Wut aus den Augen des Königs und wurde durch Sorge ersetzt. Sein Sohn sah wirklich nicht gut aus. Er war blass, seine Wangen eingefallen, die blaugrauen Iriden lagen tief in ihren Höhlen, wurden von tiefschwarzen Schatten untermalt. Die sonst so königliche Haltung war verschwunden, seine knochigen Schulter hingen und er wirkte gehetzt, seine Hände spielten unablässig mit dem Saum seinens Hemdes.

Vorsichtig trat der Herrscher Zerwanyas einen Schritt näher, legte seinem Sohn eine Hand auf die Schulter, wobei er erschrak wie knochig und mager sie doch erschien.

"Wenn du irgendwelche Sorgen hast, du krank bist oder so... dann bringen wir dich zu jemanden, der dich heilen wird, in Ordnung? Ich will doch nur, dass es dir gut geht. Du kannst mir alles erzählen, ja? Ich bin für dich da." Mit einem müden Lächeln antwortete der Prinz auf die Sorgen seines Vaters.

"Vielleicht... wäre ein Heiler keine... schlechte Idee.", sagte er, bevor Micha den Blick senkte. Es war nicht so leicht sich Schwäche gegenüber seinem Vater einzugestehen.

"Ich werde sofort nach einem verlangen." Mit diesen Worten drehte der König sich um und verliess wieder den Raum, bereits nach seinem nächsten Diener rufend, der einen Heiler einberufen sollte.
Micha wandte den Blick wieder nach draußen. Hoffentlich wusste der Heiler, was mit ihm los war.

By Federsturm

Liebe ist (keine) ZaubereiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt