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Das Herz des Prinzen pochte schneller als angemessen. Seine Finger zitterten, während er die Salbe in die Hand nahm. Er verstand seine eigene Reaktion nicht. Das was er tat, war nichts besonderes, niemand war  in Gefahr, nichts war lebensbedrohlich.

Trotzdem schien es Micha, als läge eine schwere Herausforderung vor ihm. Selbst auf den Bällen, die sein Vater für ihn organisiert hatte, um ihm eine Frau zu finden, war er ruhiger gewesen. Und da ging es um seine Zukunft, um die Zukunft seines Landes.

Er dachte an Chessie, was sie jetzt tun würde. Wahrscheinlich würde sie mit einem Grinsen auf den Lippen sagen, wie lächerlich er sich verhielt. Es war lächerlich. Aber allein der Gedanke an seine Frau beruhigte ihn so sehr, dass seine Hände aufhörten zu zittern. Sein Herz lief immer noch im Galopp.

"So... dann wollen wir mal..."

Maudado schloss seufzend die Augen, als die kühle Salbe seine Stirn berührte. Ein Kribbeln schoss von dem Finger seinen Armen hinauf. Unbewusst biss der Prinz sich auf die Lippe. Eine angenehme Wärme breitete sich in ihm aus. Als Maudado die Augen wieder öffnete, ihn durch seine lächerlich langen Wimpern mit diesen so verflucht grünen anschaute, schien die Welt stehen zu bleiben.

Er hatte ihn gefangen genommen. Hatte ihm mithilfe des warmen Blickes Fesseln angelegt, die er nicht mehr abstreifen können würde. Micha sah wie sich die Pupillen des Hüters erweiterten, das grün dunkler wirken ließ, so dunkel wie die Wälder, die überall um sie herum standen. Es war faszinierend.

Seine Aufgabe, die Salbe aufzutragen, war vergessen. Es zählte nur noch dieser Blick. Dieses Grün. Das warme Gefühl in seiner Brust, dass sie auslösten. Für einen Moment - nur einen einzigen - würde er sich erlauben, darin einzutauchen. Würde es sich erlauben, die Welt mit ihren Erwartungen, Pflichten und Aufgaben zu vergessen. Für diesen einen Moment würde es nur ihn geben. Ihn und den Wissenshüter Maudado. Er würde ihn in seinem Herzen einschließen und... und...

Das Bewusstsein was hier gerade passierte, holte ihn wie ein kalten Wasserschwall zurück in das Hier und Jetzt. Er stolpert rückwärts. Maudado sah ihm verwirrt an, legt den Kopf schief.

Micha kam auf die Füße, brachte mehr Abstand zwischen die Beiden. Sein Herz klopfte viel zu schnell, sehnte sich nach etwas, dass er nicht haben konnte. Durfte, nein wollte. Er wollte das alles nicht! Nein. NEIN!

Er war ein guter Prinz. Er hatte Chessie. Er liebte Chessie. Er brauchte Chessie. Sie war der Flicken, der seine Risse verdeckte und zusammehielt. Maudado war die Schere, die die Flicken lösen wollte. Der zeigen wollte, was er wirklich war. Wer er wirklich war.

Er schaffte es, die Person hervorzuholen, die Micha so verzweifelt versuchte zu verstecken. Es macht ihm Angst.
Er war zu dem Wissenshüter gekommen, um einen Weg zu finden, Chessie so zu lieben, wie sie es verdient hatte. Stattdessen präsentierte Maudado ihm einen Pfad, der ihm von all dem wegführte, wofür er so lange gekämpft hatte.
Und er war wirklich dabei diese Weg mit Gedeih und Verderb zu beschreiten.

"Ist alles in Ordnung?", fragte Maudado. Auch er war aufgestanden, nahm die Salbe in die Hand, um sie nun selbst aufzutragen. Micha war erleichtert. Er wüsste nicht, wie er hätte weitermachen sollen.

"Ja... lass uns am besten einfach weitergehen. Wir suchen immerhin noch Kräuter." Micha wandte sich ab, um ihre Sachen zusammen zu räumen. Er konnte spüren, wie Maudados fragende Blicke sich in seinen Rücken bohrten. Das Kribbel kehrte in seine Bauchregion zurück.

"Wohin sollen wir gehen?" Maudado seufzte bevor er sich umblickte.

"Wenn wir uns in Richtung Osten halten, könnten wir fündig werden." Micha nickte und folgte dem Hüter von der Lichtung. Folgte ihm unbewusste den Pfad hinab, den er sich verboten hatte zu gehen.

Written by Federsturm

Liebe ist (keine) ZaubereiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt