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Michas Gedanken waren schnell und unkontrolliert, untermalt vom dumpfen Pochen des Schmerzes. Die entsetzlichen Schreie hallten noch immer in seinen Ohren nach, alles andere schien leiser geworden zu sein. Er zuckte zusammen als Chessie erneut, etwas heilende Salbe auf seinem Rücken verteilte.

"Wo ist Maudado?", die Worte waren fast zu leise um gehört zu werden. Doch Chessie schien sie trotzdem zu hören.

"Er ist nach draußen gegangen. Er wirkte... ausgelaugt."

"Wer wäre das nicht, nach so einem Tag." Mit schmerzverzerrten Gesicht setzte der Prinz sich auf. Als der raue Stoff seines Hemdes die wunde Haut seines Rückens berührte, zog er zischend die Luft ein. Chessie betrachtete das Geschehen besorgt.

"Du solltest schlafen. Maudado meinte, dass du Ruhe brauchst, damit deine Wunden heilen können." Micha seufzte nur.

"Wenn die Nacht so schlaflos wird, wie die letzte, kann ich auch gleich etwas sinnvolleres erledigen. Vielleicht sollte ich mir schon die Anleitung für das Brauen durchlesen." Er war aufgestanden und zu dem kleinen Fenster gegangen. Chessie trat neben ihn und legte ihm sanft die Hand auf die Schulter.

"Micha. Du brauchst deine Schlaf. Krank und schwach nützt du uns nicht. Wenn du magst, kann ich Anna auch nach ein paar beruhigenden Kräutern fragen." Geschlagen nickte der Prinz schließlich.

"Es wäre... gut wenn du das machen würdest. Denn... wie immer hast du Recht, meine holde Schönheit." Sanft küsste er Chessies Hand, die daraufhin rot anlief.

"Du brauchst wirklich etwas Ruhe, wenn du schon so sprichst." Micha  zog nur skeptisch die Augenbrauen hoch.

"Willst du damit sagen, dass ich sonst ein unhöflicher Flegel bin?" Das Lächeln war immer noch von einer Spur des Schmerzes unterzogen, davon abgesehen schien er nicht schlimm verletzt zu sein, bemerkte Chessie.

"Ich frage Anna nach den Kräutern." Kopfschüttelnd verließ sie das kleine Zimmer. Wie das Lächeln verschwand und einem gequälten Gesichtsausdruck platz machte, bekam sie nicht mehr mit. Ebenso wenig wie er sich haltsuchend an den Fensterrahmen stützte.

Er hatte gedacht, dass es besser werden würde. Die Wunden heilten, das Kribbeln und Jucken in seinem Rücken zeigte, dass seine Wunden heilten. Warum konnte er also weiterhin so schlecht hören? Warum hörte die Welt nicht auf, sich zu drehen?

Ein stechender Schmerz in seinen Ohren ließ ihn wimmernd zusammenfahren. Sein Blick wurde rot vor Schmerz. Er schien direkt aus seinem Kopf zu kommen, ein beständiger Druck baute sich auf. Als die Hände von den Ohren nahm, waren sie rot vor Blut. Entsetzen und Panik breitete sich in ihm aus, aber er zwang sich zur Ruhe.

Er musste die Lage analysieren. Den Schmerz aushalten und akzeptieren um vielleicht etwas klarer denken zu können.
Mit aller Macht versuchte er sich auf die Holzdielen vor ihm zu konzentrieren. Es war nicht leicht, da sie ständig zu Seite kippen zu drohten, aber der Prinz merkte, wie sein Atem wieder langsamer wurde und seine Hände aufhörten zu zittern.

Nun musste er sich auf den Schmerz konzentrieren. Es war ein Stechen und Ziehen, als würde jemand versuchen sein Gehirn über die Ohren herauszuziehen. Das Blut konnte nichts allzu viel Gutes bedeuten, aber er hatte noch nicht das Bewusstsein verloren, was er als gutes Zeichen empfand.

"Micha!" Erst als Chessie sich vor ihn gekniet hatte und sein Gesicht in ihre Hände genommen hatte, bemerkte er sie. Sie redete auf ihn ein, zumindest schien ihr panischer Blick und die Bewegung ihrer Lippen das zu suggerieren. Aber... er hörte nichts. Wieso konnte er nichts hören?

Ganz leise drangen die Rufe an sein Ohr, Chessie schien Anna gerufen zu haben. Der Prinz konnte es gerade so ausmachen. Eine neue Schmerzenswelle raubte ihm den Atem und er drückte sich die Hände auf die Ohren. Wieso... wieso tat es so weh? Was hatte der Baumgeist kaputt gemacht?

Er wollte sich aufrichten, wollte Chessie um Hilfe anflehen, wollte Anna danach fragen, wo Maudado sei. Er würde wissen was los ist. Warum er nicht mehr hören konnte. Warum seine Ohren wehtaten und bluteten. Warum ihm jemand so verletzen wollte.

Er... er würde ihm helfen können. Ganz sicher.

Mit dem Gedanken bei dem blonden Wissenshüter gab er den Kampf gegen die sich kippende Welt auf und sank nach vorn in Chessies Schoß.

Written by Federsturm

Liebe ist (keine) ZaubereiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt