Er wollte die Nacht einfach nicht vergessen. Beziehungsweise - er wollte nichts lieber als das. Aber er schaffte es einfach nicht die Stunden aus den Kopf zu bekommen. Immer und immer wieder spielten sich die Szenen vor seinem inneren Auge ab. Immer wieder schien er Maudados Lippen auf den seinen spüren zu können. Spürte die geisterhafte Berühungen dieser sanften Hände, wie sie seinen Rücken hinabglitten...
Chessie schaute besorgt auf, als Micha mit einem lauten Schnaufen die Erinnerung zu unterdrücken versuchte.
"Ist alles in Ordnung? Du bist schon den ganzen Tag so abwesend. Genau wie Maudado. Anna macht sich auch schon Sorgen."
Natürlich Anna machte sich Sorgen. Aber nicht um ihn. Micha war froh ihr den ganzen Tag nicht begegnet zu sein. Bei einem Veilchen war es schwer überzeugend zu lügen. Chessie würde es sofort erkennen.
Er sollte es ihr sagen. Er wollte es ihr doch sagen. Er hatte mit der festen Überzeugung ihr sofort alles zu erzählen, ihr kleines Gemach betreten. Doch das breite Lächeln mit dem Chessie ihn angelächelt hatte, die braunen, strahlenden Augen die so glücklich glänzten - wer war er, dass er ihr diese Glück nehmen sollte?
Er hatte gekniffen. Ein toller Prinz war er. Wenn er sich nichtmal traute seiner Frau, seiner Gemahlin - seiner besten Freundin die Wahrheit zu erzählen, wie sollte er es denn dann jemals schaffen seinem Königreich eine unangenehme Botschaft zu überbringen? Oder würde dies leicht sein? Weil es ihn nicht direkt betraf? Weil er den Reaktionen nicht direkt ausgesetzt war?
"Micha?" Große braune Augen, die so unschuldig schauten. Ein tiefes Vertrauen, der Glauben, dass alles git werden würde. Sollte er ihr wirklich all diese Sicherheiten nehmen? Sollte er alles zerstören?
Er musste. Er musste ihr die Wahrheit erzählen. Noch mehr Lügen würde alles nur noch schwerer machen. Noch mehr Lügen würden diese Beziehung zu einem Ding der Unmöglichkeit machen.
Er war der Prinz von Zerwanya. Er war Michael IV.
"Chessie... wir... wir müssen abreisen." Überraschung. Noch kein Schock. Noch keine Verachtung. Nur reine, unschuldige Überraschung.
"Hat das etwas mit der vergangenen Nacht zu tun?" Sie wandte den Blick ab, ging zu dem kleinen Fenster. Ahnte sie etwas? Sie ahnte etwas. Sie wusste es. Verdammt. Wenn sie sich nun umdrehen würde, würde er die Missachtung sehen, den Ekel, gegenüber dem was er getan hatte. Sie sollte sich nicht umdrehen.
"Ja."
Stille. Chessie Blick war störrisch auf die Lichtung vor dem Turm gerichet. Dort wo er letzte Nacht Maudado hatte entlang rennen sehen, dem er dann folgte... Nein! Er musste die Nacht vergessen. Wenn Chessie und er zurück zum Schloss fuhren, musste er mit dem Wissenshüter auch die gemeinsam verbrachte Zeit hinter sich lassen.
Er musste es Chessie jetzt sagen und es hinter sich bringen. Dann würden sie zurück zum Schloss fahren und all das hier vergessen. Keiner würde mehr über diese Tage sprechen. Kein anderer würde jemals davon etwas erfahren. Nur er und Chessie würden es wissen.
Aber würde sie überhaupt bei ihm bleiben? Würde sie es aushalten an seiner Seite zu bleiben, nach all dem, was er ihr angetan hatte?
"Erzählst du es mir?" Wie kaltes Wasser, welches ihm über den Rücken gegossen wurde, drangen diese Worte in sein Bewusstsein. Chessie hatte sich umgedreht. Doch aus ihrem Gesicht konnte Micha nichts herauslesen. Sie wirkte... gefasst doch würde das in wenigen Momenten auch noch sein?
Ein Welle der Verzweiflung trieb Tränen in seine Augen. Wie sollte er ihr das alles nur gestehen? Wie sollte er den Ausdruck der Abscheu aushalten, dem sie ihn danach zuwerfen würde? Aber... es war die Strafe die er für seine Taten verdiente. Wenn Chessie ihn verließe, dann wäre das nur gerecht. Er würde und konnte es ihr nicht verübeln. Doch wie er ohne sie auskommen sollten... er wusste es nicht.
Jetzt oder nie.
"Ich war in der Nacht mit Maudado zusammen."
Written by Federsturm
Den Cliffhänger habt ihr Tiz zu verdanken. Die hat mich die ganze Zeit beim Schreiben geärgert☹
Und nun will sie auch noch mein Schneckchenkissen klauen🥺
DU LIEST GERADE
Liebe ist (keine) Zauberei
FanfictionEin friedliches Königreich, ein gut regierender König, ein Prinz mit gutem Herz und eine traumhafte Hochzeit. Was könnte das Glück des Prinzen Micha da noch trüben? Das lernte er zu spüren als er die doch sehr freundliche Chessie zur Frau nahm und s...