Lange blieb Anna nicht unbemerkt. Es war wahrscheinlich die unangenhemsten Momente, die Micha jemals durchlebt hatte. Und es hatten sich bereits einige Frauen vor ihm blamiert nur, um um seine Hand anhalten zu können.
Doch das gerade schlug alles. Wahrscheinlich waren seine Wangen noch nie so rot gewesen, während er so schnell wie möglich versuchte seine Sachen zusammenzuklauben. Maudado dagegen schien völlig erstarrt. Sein Blick weilte auf die heruntergefallen Brötchen, die Anna im Krob getragen hatte.
Ja, irgendeine tragische Schönheit hatte dieses Bild an sich ja schon, aber nicht genügend, um völlig zu erstarren. Micha seufzte nur, stand auf und wollte gerade verschwinden, als Anna ihre Stimme wiederfand.
"Du! Wie... wie kannst du es wagen?!" Mit erhobenen Zeigefinger kam sie auf ihn zu, ihren grünen Augen, die irgendwie grauer schienen als die von Maudado, funkelten voller Wut und Hass.
"Wie kannst du es wagen, sowas zu tun? Und jetzt willst du noch dazu einfach abhauen? Was für eine feige Schwuchtel von Prinz bist eigentlich? Wie kannst du Maudado das nur antun?!" Ihre Stimme schnellte in die Höhe, die Vögel die bis eben noch in den Bäumen gesungen hatten, verstummten. Doch wenn sie ihn damit einschüchtern wollte, klappte das nicht. Er hatte schon schlimmere Dinge von ihm mehr bedeutenden Menschen gehört. Er wusste wie er zu reagieren hatte.
"Ich weiß nicht, wovon du redest. Du solltest dich um deinen Bruder kümmern und nicht sinnlos mit Worten um dich werfen, die nur aus heißer Luft bestehen. Verschwende deinen Atem nicht für mich, Dirne." Anna zuckte zurück, kurzzeitig hatte Micha es geschafft ihr den Wind aus dem Segel zu nehmen. Den kurzen Augenblick der Verwirrung nutze er und verschwand in den Turm. Hoffentlich hatten sie Chessie nicht geweckt.
Während er die Stufen empor stieg, wurde ihm mehr und mehr die Ausmaße seiner Taten bewusst. Er hielt inne, den Fuß noch halb erhoben. Hatte er damit jegliche Chance auf den Trank vertan?
Natürlich hatte er das. Er hatte alles ruiniert.
Einmal. Ein einziges Mal hatte er sich erlaubt, diesen Schritt zu gehen, Maudado auf den Pfad zu folgen. Einmal hatte er für einen Augenblick nur an sich gedacht.
Es war wahrscheinlich der größte Fehler seines gesamten Lebens.
Denn jetzt konnte er es nicht mehr verleugnen. Und nebenbei hatte er sich alles mit der einzigen Person ruiniert, die ihm noch hätte helfen können.
Kraftlos ließ er sich auf die Stufen sinken. Sein Blick glitt in die Leere, vorbei an den Steinen, hin zu einer Zukunft in der alles schwarz und weiß wurde. In der Chessies Lächeln verschwunden war und er nur noch ein Schatten seiner selbst.
Was sollte aus dem Königreich werden, wenn er nicht einmal dafür sorgen konnte, dass seine Frau glücklich war? Wenn er im Alleingang alle Möglichkeiten zerstörte, die sich ihm boten, alle Strohhalme in Brand steckte, die man ihm reichte?
Wie sollten seine Bürger an ihn glauben, ihm vertrauen das Land gut und weise zu regieren, wenn er solche Fehler beging? Was würde sein Vater an dieser Stelle tun?
Er würde ihn wahrscheinlich zurechtweisen. Verlangen, dass er die Verantwortung übernahm.
Du bist der Kronprinz. Verhalte dich also auch wie einer. Steh deinen Mann. Bewahre Haltung. Das Volk glaubt an dich, enttäusche sie nicht. Sie wollen einen starken Herrscher, also sei auch einer! Erlaube dir niemals, unter gar keinen Umständen einen winzigen Augenblick der Schwäche! Sonst wird dies die Schlaufe sein, in den du deinen Kopf steckst.
Wie von selbst strafften sich Michas Schultern.
Sei ein Mann. Sein ein König.
Zwei Atemzüge. Mehr erlaubte er sich nicht. In zwei Atemzügen stand seine Mauer wieder, die Dämonen wären wieder angekettet in ihrem Verliess.
Einatmen.
Er würde Chessie berichten, was passiert war. Sie hatte die Wahrheit verdient.
Ausatmen.
Sie würden das ganze abbrechen und ins Schloss zurückkehren. Es war für alle das Beste.
Einatmen.
Er würde alles tief in sich wegschließen und nie wieder darüber nachdenken. Für Chessie würde er der Mann sein, der er sein musste.
Ausatmen.
Er war Michael IV, Sohn von König Michael III. Er war der Thronfolger Zerwanyas.
Seine Schritte waren kräftig, schienen von den Wänden widerzuhallen. Seine Hände zitterten nicht als sie nach dem Türknauf griffen.
Er war Prinz Michael IV.
Written by Federsturm
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Liebe ist (keine) Zauberei
FanfictionEin friedliches Königreich, ein gut regierender König, ein Prinz mit gutem Herz und eine traumhafte Hochzeit. Was könnte das Glück des Prinzen Micha da noch trüben? Das lernte er zu spüren als er die doch sehr freundliche Chessie zur Frau nahm und s...