Es wurde langsam Abend als das Königspaar wieder kam. Maudado hatte genug Zeit gehabt, seine Tränen zu trocknen und die zerreißenden Gefühle in den Griff zu bekommen. Doch als Micha so vor ihm stand, aufrecht und gefasst, und dennoch mit Tränenspuren auf den Wangen, wusste er was jetzt folgte.Stumm nickte er ihm zu und gemeinsam begannen sie die Sachen des Prinzen und der Prinzessin aus ihrem provisorischen Quartier zurück in die Kutsche zu laden. Mit jeder Kiste die an Maudado von den Bediensteten Chessies herunter getragen wurde, fühlte es sich wie eine weitere Niederlage an. Als dann das Letzte heruntergetragen wurde, flammte im Kopf das Wort: Verloren auf...
So sehr sein Innerstes schrie, schwieg sein Äußeres, war versteinert und nicht mehr dazu in der Lage den abgewandten Rücken des Prinzen anzusehen. ...Es war als würde er die Muskeln unter dieser hellen Haut noch immer unter seinen Fingerkuppen spüren.
Es brannte...
Chessie welche bis eben das Einladen koordiniert hatte, stand nun am Fuße des Turms, während Micha abseits in die Ferne sah. Man sah es ihr an wie schwer es ihr viel, doch schließlich überwandt sie sich und ging auf den Hüter zu dem das Herz des Prinzen gehörte.
"Ich danke dir... für all das was du für uns getan hast...", war das letzte was er von ihr hören wollte. Denn sie hatte gewonnen.. Sie hatte Prinz Micha und nahm ihn jetzt mit sich...
"So lebendig habe ich ihn noch nie gesehen und ohne deine Hilfe, wäre das vielleicht sogar ein Leben lang so gewesen." Sie soll den Mund halten! Maudado wollte all das nicht hören! Es tat so verdammt weh, es aus ihrem Mund zu hören, zu wissen das es vermutlich die Wahrheit war und doch nichts an seinem Elend änderte.
Es änderte rein gar nichts!!!
Bevor sie weiter reden konnte, legte der Hüter seine Hand auf ihre Schulter und zum ersten Mal seit beginn des Gesprächs, sah die Prinzessin in die Augen Maudados. Sie erschrak so tief, denn der Schmerz darin schien grenzenlos zu sein...
"Nimm ihn mit dir und mache ihn glücklich...", bat Maudado leise, ehe er sich umdrehte um im Turm zu verschwinden.
...Keine Kraft der Welt hätte ihn geholfen sich auch von Micha zu verabschieden..
So verschwand er in den tiefsten Tiefen seiner riesigen Bibliothek. Zwischen den meterhohen Regalen an gehäuften Wissen der Jahrhunderte und fühlte sich mit seinem Schmerz und seiner Erfahrung so allein und unbeholfen wie nie zuvor...
Als ob auf der Erde noch kein Mensch gewandelt wäre, der seinen Schmerz nachfühlen könnte. Auch wenn das absurd war, fiel ihm kein Werk ein, dass seiner emotionalen Zerbrochenheit gleich kam.
Allein...
In einer Welt aus Fehlern..
...daraus zu lernen, seine Aufgabe war.
...und er scheiterte an sich selbst.
Maudado drückte sich die Handballen auf die Augen, sein Blick war verschleiert, die Kehle zugeschnürt und sein Rücken lehnte sich fester an die Bucheinbände hinter sich. Kratzig entwich ihm das Schluchzen obwohl er doch dachte, für heute alle Tränen verweint zu haben, kamen doch wieder neue auf.
Die Bücher hinter ihm gaben nach und mit einem Schmerzenslaut, landete er auf den Hosenboden. Der Schmerz verdeutlichte ihm immer noch im Hier und Jetzt zu sein. Verwirrt drehte er sich um, doch das Regal hatte hinter ihm nachgelassen und war einwenig zur Seite gerutscht.
...Seltsam. Schließlich befand sich doch dahinter die steinerne Wand, doch als Maudado das Regal weiter schob, offenbarte sich ein dünner aber erkenntlicher Abstieg durch eine Leiter. Um von seinen Gedanken an den Prinzen fort zu kommen, stieg er die Sprossen hinab. Hörte das Ächzen des uralt aussehenden Holzes. Von Staub und Spinnenweben bedeckt und doch als hätte man es kaum genutzt, wie frisch vom Schreiner.
Maudado stieg tiefer und gelangte in einem deckenniedrigen Raum, welchen er durch ein Fingerschnippen erleuchtete. Das kleine Irrlichtfarbene Licht in seiner Hand flackerte ruhig und vorsichtig näherte er sich den Wänden des Raumes, welche rundherum von einem fortlaufenden Regalbrett bestückt waren. Auf den Regalen befanden sich Bücher unterschiedlichster Größe, Form und Farbe. Die Machart war beim letzten Buch besonders antik, während das erste doch eher zeitgemäß wirkte. Das Buch das ihm am nächsten Stand, nahm er behutsam zur Hand und schlug es auf der letzten beschriebenen Seite auf.
...Maudado ist so ein guter Junge geworden. ..Doch meine Tage werden kürzer und meine wachen Momente weniger.. Ich sollte ihm von diesem Ort erzählen. Doch dann denke ich wieder an die Worte meines alten Meisters, welche ich damals hier fand. Wissen kommt, wenn es gebraucht wird, und auch mein Lehrling wird mein Wissen finden, wenn es soweit ist...
Lieber Maudado... wenn du diese Worte eines Tages liest, sei dir gewiss: Ich bin so stolz auf dich und was aus dir geworden ist. Und ich freue mich dir hiermit das verborgene Wissen aller vergangenen Hüter anvertrauen zu können. Profitiere von ihnen und irgendwann, vervollständige es mit deiner eigenen Geschichte. In großer Dankbarkeit, dein alter und gebrechlicher Meister.
Seine grünen Augen ruhten auf diesen warmen Worten und etwas rührte sich in Maudado das solch eine Wärme in ihm hervorrief, als würde sein alter Meister wirklich hinter ihm stehen und deine Hand tröstend auf seinen Kopf legen. Tränen tropften auf das Papier und leise weinte Maudado vor Dankbarkeit für dieses letzte Geschenk.
Written by -Notizbuch-
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Liebe ist (keine) Zauberei
Fiksi PenggemarEin friedliches Königreich, ein gut regierender König, ein Prinz mit gutem Herz und eine traumhafte Hochzeit. Was könnte das Glück des Prinzen Micha da noch trüben? Das lernte er zu spüren als er die doch sehr freundliche Chessie zur Frau nahm und s...