„Oh nein", meinte ich langsam, „oh nein." Nicht wegen seiner blöden Bemerkung, sondern weil das Stechen in meinem Kopf wieder anfing.
„Was?", fragte er dumm. Ich musste seine Frage gar nicht beantworten. Ich wurde von dem Schmerz in die Knie gezwungen und stütze meinen Kopf in meine Hände. Ich unterdrückte den Schrei, der sich in meiner Kehle gebildet hatte. Es löste immer noch die gleichen Gefühle in mir aus, aber ging zum Glück dieses Mal schon etwas schneller vorbei.
„Es ist schon weg", sagte ich überrascht zu Josh.
„Wir haben dir ja gesagt, dass es immer schneller weggeht", meinte er besserwisserisch.
„Spürst du noch irgendetwas?", fragte ich ihn. Es wäre wirklich schön, nachher gar nichts Unangenehmes mehr zu empfinden.
„Nein. Nur das Gefühl währenddessen bleibt immer. Aber das ist ja nicht schlimm", antwortete er.
„Okay, versuch es nochmal", befahl er mir.
„Wieder mit Rennen?", fragte ich nach. Ich spürte zwar eine gewisse Müdigkeit in mir, aber die war nicht so schlimm, dass ich nicht mehr sprinten könnte.
„Ja. Und mach das, was ich dir gesagt habe", meinte er.
„Okay", sagte ich, bevor ich losrannte. Er folgte mir wieder.
Als das göttliche Blut in meinen Adern wiedererwachte, fühlte es sich wunderbar an. Ich verstand auch, was Josh damit meinte, lass es kochen. Es fühlte sich wirklich so an, als ob es kochte. Ich blieb wieder stehen und stellte mir vor wie es immer weiter in meinen Blutgefässen floss. Ich stellte es mir bildlich vor und konzentrierte mich so fest darauf. Aber es verschwand einfach wieder.
Ich öffnete die Augen und schaute Josh an. Er hob fragend die Augenbrauen. Ich schüttelte bloss den Kopf und wartete auf das blöde Gefühl danach. Es kam auch ziemlich schnell. Der Schmerz war immer noch verheerend, aber kürzer.
„Wir brauchen irgendeinen anderen Weg", stellte er fest.
„Und der wäre?", fragte ich genervt.
Er fing an zu grinsen. Und sein Grinsen würde immer grösser und teuflischer.
„Oh nein, bitte nicht", flehte ich.
„Du weisst noch gar nicht, was ich meine", sagte er verwirrt.
„Nein, aber wenn es dir Spass machen wird, wird es mir garantiert nicht gefallen", sprach ich die Wahrheit aus.
„Du hast deine Kräfte immer gebraucht, wenn du unter Druck standest", fing er an und ging nicht auf meine Bemerkung ein. „Das erste Mal als du dich beim Leichtathletik Team beweisen musstest. Das andere Mal, als du panisch vor mir weggerannt bist." Diese Erinnerung löste bei ihm ein Schmunzeln aus und bei mir ein Augenverdrehen.
„Aber es geht jetzt doch darum, dass ich meine Energie behalte, nicht dass ich sie nutze", unterbrach ich ihn und versuchte mich irgendwie zu retten.
„Aber hier kommen wir nicht weiter, da du anscheinend zu blöd dafür bist, also..."
„Ja, wenn mein Lehrer zu blöd ist, es mir beizubringen, kann ich auch nichts dafür", gab ich schnippisch zurück. Darauf hatte er keine Konter mehr. Eins zu null für mich, würde ich sagen.
„Du wirst dir wünschen, du hättest das nicht gesagt", sagte er schelmisch und seine Stimme klang bedrohlich.
Ich schaute ihn herausfordernd an.
Oh nein, diese Situation hatten wir doch schon Mal gehabt. Und auch dieses Mal stellte es sich als Fehler heraus.
Aber zuerst machte er etwas, womit ich nie gerechnet hätte. Ich muss zugeben, er hatte mich komplett überrascht.
Er zog sich mit einer schnellen, flinken Bewegung sein Shirt über den Kopf und stand eine Sekunde später oben ohne vor mir. Mein Mund klappte aus zwei Gründen auf.
Erstens: wegen dem Überraschungsmoment.
Zweitens: sein Oberkörper war ... einfach perfekt. Sein Sixpack war klar definiert und auch jetzt fielen mir seine muskulösen Oberarme auf. Aber es waren nicht so viele Muskeln, so dass es schon nicht mehr schön aussah, nein, es war genau richtig. Als ich mein Wasser über ihn geschüttet hatte, hatte ich schon bemerkt, dass er muskulös war, aber so? Auch seine Haut war schön von der Sonne gebräunt. Verdammt, wieso sah er so perfekt aus?! Halt, Stopp! Wie ist es so weit gekommen, dass ich von Josh Collins schwärmte? Er ist immer noch das gleiche Arschloch. Gerade als ich meinen Blick endlich losriss, kam er mir zuvor.
„Mach den Mund zu, sonst läuft Sabber raus", meinte er arrogant. Bei einer solchen Bemerkung spürte ich, wie mir das Blut in die Wangen schoss. War offensichtlich gewesen, dass er mein Starren bemerkt hatte, denn wir waren ja ganz alleine.
„Schäm dich nicht, alle Weiber starren", sagte er und hatte immer noch die gleiche Macho Stimme drauf.
„Ich habe nicht gestarrt!", fand ich meine Stimme endlich wieder.
„Nein, überhaupt nicht", meinte er und ich konnte den Sarkasmus zu fest hören. „Wir sehen alle gut aus. Hast du was anderes erwartet, wenn du von einem Gott abstammst?"
„Du hast mich bloss überrascht, okay?! Aber wieso...warum...", stotterte ich.
„Ich wusste, dass ich dich so aus der Fassung bringen kann", lachte er rau. Ach und ich war direkt in seine Falle getreten. Super gemacht.
„Zieh es wieder an", befahl ich und war froh, dass meine Stimme nicht zitterte. Er hob sein schwarzes Shirt von Boden auf und für einen kurzen, naiven Moment dachte ich, er würde es wirklich wieder anziehen.
Aber er machte genau das Gegenteil. Er warf es mir zu und ich fing es reflexartig auf. Ich schaute ihn fragend an und wollte gerade losmeckern, aber er kam mir wieder zuvor.
„Ich schulde dir ja noch ein Shirt, also behalt es", erwiderte er ganz gelassen. Mist, ich hatte ihn wirklich oft angeklagt, dass er mir ein Oberteil schuldete und jetzt hatte er meine eigenen Karten gegen mich ausgespielt.
„Ich möchte aber nicht deines", zickte ich und warf es ihm zurück.
„Man kann bei einem Geschenk nicht wählerisch sein", sagte er cool darauf und warf es mir wieder zurück. Ich fing es auf und sah ein, dass ich diesen Kampf nicht gewinnen würde. Also schnalzte ich genervt mit der Zunge und verdrehte die Augen.
„Können wir einfach weitermachen?", fragte ich ungeduldig und warf sein schwarzes Kleidungsstück auf den Boden.
„Oh Amber, wenn du wüsstest, was ich gleich mache, hättest du das nicht gesagt", spottete er. Langsam machte er mir ein bisschen Angst, obwohl ich wusste, dass die meisten seiner Drohungen, leere Drohungen waren. Zusammen mit der Angst kam auch irgendwie die Wut auf Josh wieder hoch.
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Die Tochter des Todes
FantasySeit ich in Kinnetyville lebte, hatte sich mein ganzes Leben verändert. Am Anfang dachte ich, ich würde einfach mein ganz normales Teenager-Leben weiterleben. Doch dann erfuhr ich, dass ich von einem griechischen Gott abstammte. Also hatte ich neben...