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„Was ist mit denen?", fragte ich ihn und drehte mich wieder um.

„Nicht so nette Menschen", sagte er zögernd und spannte sich an. Er holte sein Portemonnaie aus seiner Hosentasche und legte ein zwei Scheine auf den Tisch.

„Wir sollten besser verschwinden", sagte er schnell, bevor er auch schon aufstand.

„Was, warum?", hakte ich sofort nach, da ich nicht so erfreut drüber war, dass unser Abend so abrupt enden sollte, stand aber auch auf. Ich schaute wieder zum Eingang zu den mysteriösen Leuten. Sie blickten zu uns.

„Ace...?", zögerte ich. Er fuhr sich verunsichert durch seine Haare, dann griff er nach meiner Hand und unsere Finger verschränkten sich automatisch. Ich spürte leicht, wie Ace zusammenzuckte, wie jedes Mal, wenn wir uns berührten.

„Sag einfach nichts, okay?", flüsterte er mir noch zu, während wir zum Ausgang und eigentlich Eingang liefen. Ich beschloss nichts mehr zu sagen, da ich ihm vertraute.

Das Mädchen stand in der Mitte und hatte die Arme verschränkt. Die beiden Jungen flankierten sie und schauten nicht gerade freundlich rein. Woher kannte Ace sie?

„Draussen", sagte Ace bloss, worauf sie sich skeptisch umdrehten und rausgingen. Ich warf Ace einen fragenden, leicht verängstigten Blick zu, bevor wir auch das Restaurant verliessen.

„Was macht ihr hier?", fragte Ace sofort, als die Türe hinter uns zugefallen war. Es war ganz dunkel, nur ein paar Strassenlaternen und die Lichter des Cheesus, die nach draussen drängten, erleuchteten die Szene. Der Himmel war bedeckt, man sah weder Mond noch Sterne. Es war auch kalt geworden, sodass ich nur in meinem Shirt leicht zu frieren anfing.

„Wir haben gehört, ihr habt Zuwachs bekommen", sagte die schwarzhaarige.

„Von wo solltet ihr das wissen?", hinterfragte Ace scharf.

Sie seufzte. „Wir haben unsere Quellen", sagte einer der Jungs hinter ihr.

„Und ausserdem hättest du es nicht zugelassen, dass eine Menschliche uns kennenlernt", ergänzte der andere. Ich spürte die drei durchbohrenden Blicke auf mir und erst einen Augenblick später wurde mir bewusst, dass es ja um mich ging. Eine Strassenlaterne fing an zu flackern und machte die Situation nur noch unheimlicher, als sie sowieso schon war.

„Was wollt ihr?", knurrte Ace mit bedrohlich tiefer Stimme.

„Von wem ist sie?", fragte sie schlicht. Sie musterte mich von oben bis unten, was mir langsam aber sicher ziemlich unangenehm wurde.

„Hermes", antwortete ich mit fester Stimme. Sie schaute überrascht in mein Gesicht, als ich geantwortet hatte. Auch Ace blickte schnell zu mir, wahrscheinlich ein bisschen darüber verärgert, dass ich nicht einfach mal meine Klappe hielt. Als sie meine Antwort realisierte, lachte sie kurz abschätzig auf. Die anderen beiden schauten sich bloss grinsend an.

„Wir werden uns bald wieder sehen", sagte sie noch, bevor alle drei sich umdrehten und weggingen. Ich schaute ihnen noch nach, bis sie in der Dunkelheit verschwanden waren. Dann wandte ich mich zu Ace. Er löste seine Hand aus meiner, ich hatte schon ganz vergessen gehabt, dass unsere Finger immer noch ineinander verflochten waren.

„Tut mir echt leid, dass der Abend so enden musste", sagte er zerknirscht und fuhr sich durch seine Haare.

„Du kannst nichts dafür. Das waren diese bösen Götterkinder, oder?", fragte ich neugierig. Er schien überrascht, dass ich schon von ihnen wusste.

„Genau, von wo...?"

„Von Josh", antwortete ich, „er hat mir davon erzählt."

Wir schlenderten langsam zu seinem Auto.

„Immer wenn sie in der Stadt sind, bedeutet das nichts Gutes. Sie planen anscheinend wieder irgendetwas. Und es ist gar nicht gut, dass sie von dir wissen. Du solltest deine Kräfte trainieren. Obwohl sie sich nicht von dir bedroht fühlen, da sie denken, dass du 'nur' von Hermes abstammst."

„Aber es ist ja auch so, oder etwa nicht?", fragte ich leicht verwirrt.

„Keine Ahnung", antwortete er, „deine Energie ist so anders. Es ist noch irgendetwas anderes in dir, aber keine Ahnung, was."

Wir stiegen beide in sein Auto ein und er fuhr los. Das erste Mal an diesem Abend, herrschte Schweigen, wir waren beide in unseren Gedanken versunken. Als er bei meiner Einfahrt abbog, fiel mir wieder ein, dass ich heute Abend ja aus dem Fenster geklettert war.

„Warte, halt an", sagte ich schnell, worauf er sofort auf die Bremse drückte.

„Warum?", fragte er verwirrt.

„Lass mich besser hier raus", erklärte ich ihm, worauf ich das Gesagte auch machte. Er stieg auch aus und sah mich leicht verwirrt an.

„Warum?", fragte er nochmals, während er um das Auto herumlief und neben mich auf den Bürgersteig stand.

„Ich habe eigentlich Hausarrest. Ich bin aus dem Fenster geklettert. Aber ich wollte das Spiel nicht verpassen", gab ich kleinlaut zu. Seine Augen wurden gross und ein Lächeln legte sich auf seine Lippen.

„Und dafür bist du aus dem Fenster geklettert?", wunderte er sich leise lächelnd.

„Ja?", sagte ich leise und irgendwie klang es wie eine Frage.

„Tut mir leid, dass das vorhin mit ihnen passieren musste. Ich hatte eigentlich gehofft, dass du sie noch nicht so bald kennenlernen musst", entschuldigte er sich nochmals.

„Macht nichts. Ich finde, der Abend war sehr schön", meinte ich leicht verlegen.

„Ja finde ich auch", sagte er leise. Ich spürte wie meine Wangen rot wurden und war froh, dass es so dunkel war und er es nicht sehen konnte.

„Ich habe noch etwas für dich. Dass der Abend doch noch schön endet", sagte er rau. Ich schaute ihm überrascht in die Augen, doch im nächsten Augenblick schloss er kurz seine Augen. Er hielt seine Arme angewinkelt und seine Handflächen zeigten Richtung Himmel.

Im nächsten Moment schoss ein Blitz blitzschnell aus seinen Händen in den Himmel. Der Himmel war eigentlich bedeckt heute Abend, doch durch das unglaublich helle Licht konnte ich die vielen Sterne dahinter sehen. Es war wirklich magisch. Der Blitz oder das weisse Licht breitete sich in einem Kreis aus, wie eine Schallwelle. Keine Ahnung, wie das funktionieren sollte, aber das sollte ich mich eigentlich nicht mehr fragen, seit ich dieses übernatürliche Zeug wusste. Der ganze Himmel wurde kurz erleuchtet. Es sah so aus, als könnte man das ganze Universum sehen. Viel zu schnell war dieser Anblick verschwunden und es war wieder dunkel.

„Wow", sagte ich leise. Ich fragte ihn nicht, ob das nicht gefährlich war, da es ja eigentlich jeder sehen konnte; es hätte den Moment zerstört.

„Bis Sonntag", sagte er leise.

„Bis Sonntag", sagte auch ich. Ich machte noch einen Schritt auf ihn zu und umarmte ihn. Er erwiderte sie sofort. Es fühlte sich unglaublich gut an.

„Danke", flüsterte ich in die Umarmung rein. Dann löste ich mich von ihm, schaute ihn noch ein letztes Mal an, bevor ich mich umdrehte und lächelnd die Strasse entlang zu unserem Haus ging. Ich hörte noch hinter mir, wie der Motor seines Autos startete. 

Die Tochter des TodesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt