„Es tut mir leid, ich wollte nicht...", plapperte ich schnell mit schlechten Gewissen los, aber er unterbrach mich.
„Schon okay, ich wollte es dir sowieso zeigen. Komm mit."
Ich hievte mich wieder vom Stuhl hoch und folgte ihm in sein Zimmer. Er strebte seinen Schrank an und öffnete die Schranktür, deren Inneres ich vorhin lange bestaunt hatte. Er stützte seinen Arm an der Kante ab und begutachtete seine Sammlung.
„Ich habe dir beigebracht, wie du mit der Luft kämpfst. Und ich weiss, wie stark du bist, aber in manchen Kämpfen reicht die Luft einfach nicht aus. Dann geht es hiermit einfacher." Ich schaute ihn mit grossen Augen an. „Ich wollte es vermeiden, dass du das jemals siehst, aber bei der aktuellen Situation, solltest du auch diese Möglichkeit in Betracht ziehen. Ich erwarte nicht, dass du skrupellos Menschen damit umbringst, aber du wirst es tun müssen. Du stammst von Hades ab, du wirst um dein Leben kämpfen müssen. Verwende die Schnelligkeit und ziehe deinem Gegner die Klinge über die Kehle. So bringst du am schnellsten jemanden um." Ich schluckte schwer. Joshs Stimme war so kalt und emotionslos, dass ich nicht geglaubt hätte, dass diese Worte von ihm kamen, würde er nicht gerade vor mir stehen. Endlich wandte er seinen Blick ab und schaute mir tief in die Augen. Ich konnte sehen, dass ihm das auch nicht gefiel, aber er hatte Recht. Er löste seinen Blick wieder von mir und nahm den Dolch, der mir vorhin schon so aufgefallen war, in die Hand.
„Hier", sagte er und streckte ihn mir hin. Ich nahm ihn vorsichtig in die Hände und war überrascht über sein leichtes Gewicht. Er lag perfekt in meinen Fingern.
„Er ist wunderschön", flüsterte ich und drehte ihn behutsam in meinen Händen.
„Behalt ihn." Überrascht schaute ich zu ihm hoch.
„Das kann ich nicht annehmen", meinte ich unfassbar und streckte ihn ihm wieder hin.
„Ich will aber, dass du ihn hast." Ich schaute ihm fragend in die Augen. „Meine Grossmutter hat ihn mir geschenkt, nachdem mein Grossvater gestorben ist. Er hatte ihn eigentlich jeden Tag bei sich getragen, aber eines Tages, als er ihn nicht dabeihatte, wurde er angegriffen. Das war eigentlich schon seit Jahren nicht mehr passiert, aber ja. Meine Grossmutter hatte gesagt, dass ein Zauber auf diesem Dolch lag, der diese Person nur schon beschützen würde, wenn er sich bei ihm befand." Er hielt inne und schaute mir ehrlich in die Augen. In seinem Blick lag etwas Besorgtes. „Und du brauchst jetzt jeden Schutz, den du kriegen kannst." Ich riss mich von seinem Blick los, ich war gerade zu überfordert. Dass er mir so etwas Bedeutendes anvertrauen wollte, löste wieder dieses merkwürdige Kribbeln in meinem Bauch aus.
„Danke", flüsterte ich. Bevor unser Blick wieder zu lange werden würde, schloss er seine Schranktür wieder und drehte den Schlüssel um.
„Verdammt es ist schon acht Uhr", sagte er plötzlich. In fünfzehn Minuten würde die Schule beginnen. Wir gingen schnell in das Wohnzimmer zurück, als uns ein verbrannter Geruch entgegenschlug.
„Fuck, die Toasts", fluchte er und eilte zum Toaster. Schnell drückte er den Schalter nach unten und zwei schwarze Brocken hüpften hoch. Josh nahm sie raus und jonglierte sie von Hand zu Hand, um sich nicht zu verbrennen. Er warf sie ins Waschbecken und klopfte sich anschliessend die Hände ab. Dieses Bild entlockte mir irgendwie ein Grinsen.
„Was?", fragte er, der mein Grinsen auch bemerkt hatte.
„Wenn du schon Toasts verbrennst, will ich nicht wissen, wies aussieht, wenn du kochst", neckte ich ihn.
„Soll das heissen, du denkst, ich kann nicht kochen?", hakte er skeptisch nach. Ich schaute nochmals zu den verkohlten Toasts im Waschbecken und er folgte meinem Blick.
„Okay, ich werde dir zeigen, wie ich kochen kann", meinte er und verschränkte die Arme.
„Dann will ich aber einen Fünf-Gang-Menu", verlangte ich grinsend. Wollte er das wirklich machen?
„Kriegst du", stimmte er selbstsicher zu. „Um was wetten wir?"
„Hm..." Sein Selbstvertrauen liess mich ein bisschen zweifeln, aber jetzt war es zu spät für einen Rückzieher. „Also wenn du mir ein essbares Fünfgang Menu kochst, dann... hast du einen Gefallen gut bei mir. Irgendetwas."
„Egal was?", hakte er nach und sein Grinsen wurde breiter.
„Egal was", bestätigte ich und hoffte, ich würde das später nicht noch bereuen. „Aber wenn es nicht schön angerichtet ist, oder etwas verbrennt, dann..."
„Hast du was gut bei mir", beendete er meinen Satz.
„Und ich darf aussuchen, was du kochst", fügte ich hinzu. Er konnte sich auf das schwerste Menu gefasst machen.
„Okay", stimmte er zu, immer noch selbstsicher grinsend. „Deal?"
„Deal." Ich schüttelte seine ausgestreckte Hand. Seine Augen funkelten herausfordernd. Wir schüttelten unsere Hände viel zu lang. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, für was Josh Collins einen Gefallen gebrauchen würde. Aber ich musste mir eigentlich keine Gedanken darüber machen, denn es war unmöglich, dass er so gut kochen konnte.
„Verdammt, wir waren doch spät dran", fiel ihm plötzlich wieder ein und er liess meine Hand los.
Josh steckte sich sein Handy, das auf der kleinen Kommode neben der Türe lag in die hintere Hosentasche und nahm sich einen Schlüsselbund.
„Wie sollte ich den transportieren?", fragte ich ihn und hielt den Dolch in meiner linken Hand hoch.
„In deinem Schuh. Ich habe auch immer zwei darin verstaut." Ich zog leicht skeptisch die Augenbrauen hoch, aber beschloss, es zu probieren. Ich zog meine Stiefeletten an und bevor ich den Reisverschluss zuzog, legte ich ihn vorsichtig rein. Tatsächlich passte es, obwohl es bei meinem Knöchel etwas unangenehm drückte. „Ich würde ihn aber nur wenn's anders nicht geht so mit dir rumtragen. So bleibt er nicht lange schön und in einem Notfall geht es eine Weile, bis du ihn draussen hast", erklärte er weiter.
„Okay", sagte ich und er öffnete die Wohnungstüre. Wir gingen schweigend das Treppenhaus runter und raus aus dem Wohnblock. Er steuerte eine der drei kleinen Garagen an und schloss die Türe auf. Er schob das Tor nach oben und holte anschliessend sein Motorrad heraus. Ich schaute ihm einfach zu, während er das Tor wieder schloss und auf seine Maschine stieg. Er hielt mir den Helm hin, den ich wortlos annahm und schwang mich hinter ihm auf sein Motorrad. ich zog das Haargummi aus meinen Haaren, schüttelte sie auf und zog den Helm an. Er liess den Motor aufheulen und ich legte meine Arme vorsichtig um seinen Oberkörper.
„Diesmal gar keine Proteste?", fragte er und drehte seinen Kopf halb nach hinten.
„Ich vertraue dir, schon vergessen?", antwortete ich ihm schlicht. Daraufhin erwiderte er nichts mehr – ich hätte gerne seinen Gesichtsausdruck gesehen –und bretterte los.
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Die Tochter des Todes
FantasySeit ich in Kinnetyville lebte, hatte sich mein ganzes Leben verändert. Am Anfang dachte ich, ich würde einfach mein ganz normales Teenager-Leben weiterleben. Doch dann erfuhr ich, dass ich von einem griechischen Gott abstammte. Also hatte ich neben...