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„Spürst du es noch?", fragte er schnell.

„Ja", antwortete ich, da ich es immer noch in mir spürte.

„Versuch das Gleiche nochmals zu machen", sagte er.

Also horchte ich nochmals in mich hinein und verband die Teilchen. Dann stellte ich mir vor, wie dieses Mal die Luft aus meinem ganzen Körper in alle Richtungen davonströmte. Die Kraft brach wie in Schallwellen aus mir heraus. Und es fühlte sich wunderbar an. So befreiend. Für einem Moment stand ich einfach da und genoss es.

Dann schloss ich meine Augen um die unglaublich schnellen Teilchen zu beruhigen. Und tatsächlich klappte es und sie bremsten ab. Als ich die Augen wieder öffnete, waren sie noch immer aber präsenz, als warteten sie bloss darauf wieder benutzt zu werden.

„Wow", sagte Josh. Ich hätte fast vergessen, dass er auch hier war. Erst jetzt nahm ich auch meine Umgebung wieder wahr und bemerkte, dass mehr als nur ein paar einzelne Blätter von den Bäumen gefallen waren.

„Du bist unglaublich stark", meinte er und sah immer noch beeindruckt aus.

„Wirklich?"

„Ja, dieser Wind kam sicher bis nach Oregon und Nevada. Kaum zu glauben, dass du das vorher noch nie gemacht hast."

Für einen Moment lang schwiegen wir beide. War ich wirklich so stark? War das nicht ganz normal? Josh könnte das, was ich gerade getan hatte, sicher locker auch. Ich erinnerte mich an Ace' Worte von gestern Abend. „deine Energie ist so anders. Es ist noch irgendetwas anderes in dir, aber keine Ahnung, was." Hatte er Recht und es war wirklich noch etwas anderes an mir?

„Leuchten meine Augen auch so cool?", fragte ich ihn plötzlich um wieder auf ein harmloseres Thema zu kommen. Er lachte kurz auf.

„Ja, das tun sie bei allen", antwortete er, worauf ich grinste.

„Sehr gut. Okay, wie geht's weiter?", fragte ich weiter.

„Bist du noch nicht erschöpft?", fragte er erstaunt nach.

„Nein eigentlich nicht, ich bin gerade richtig motiviert weiter zu machen."

„Okay, gut", meinte er leicht überrascht. Aber ich konnte es ihm nicht verübeln. Das letzte Mal war ich nach wenig schon kaputt gewesen und jetzt hatte ich gerade einen Windstoss ausgesandt, der bis nach Oregon reichte, und war noch voller Energie. Ich kapierte es auch nicht.

„Mach nochmal einen kleineren Windstoss, so wie der Erste. Und versuch ihn nicht auf mich zu lenken", erklärte er.

„Okay."

Gesagt, getan. Ich war von mir selber überrascht wie einfach es plötzlich ging.

„Ich frage mich wirklich, wieso ich es jetzt plötzlich kann", sprach ich nachher dann meine Gedanken aus.

„Liegt sicher an meinem Shirt", meinte er grinsend. Ich seufzte nur und verdrehte die Augen.„Nein, jetzt aber ernsthaft. Ich habe auch keine Ahnung, weshalb es plötzlich geht. Aber das ist noch lange nicht alles, das du machen kannst. Mit dem könntest du gegen niemanden kämpfen", sagte er.

„Dann bring mir mehr bei", gab ich zurück.

„Wenn du schon mal so motiviert bist, müssen wir das ausnützen", stimmte er mir zu.

Er hob zwei Blätter vom Boden auf und nahm eines in je eine Hand. Er legte je eines in seine offene Handfläche und hielt sie in meine Richtung.

„Winde nur eines Weg", forderte er mich auf.

Ich musterte die Situation kritisch. Wie sollte ich das machen? Da ich keine Ahnung hatte, versuchte ich eine Niederlage auf einem anderen Weg zu umgehen. „Wie sollte mir das helfen, gegen jemanden zu kämpfen?"

„Du musst ein Gespür für deine Kraft bekommen. Du musst sie kennenlernen."

Ich seufzte. „Ich habe keine Ahnung wie ich das machen soll", gab ich zu.

„Versuche nicht alles aus dir rauszulassen, sondern nur ganz fein die Kraft loslassen. Versuche sie zu lenken."

Ich hob kritisch die Augenbrauen. Keine Ahnung, wie ich das tun sollte, aber ich würde es mal probieren. Also schloss ich die Augen und konzentrierte mich auf meine Teilchen. Sie waren immer noch geladen und warteten darauf, dass ich sie wieder freiliess.

Ich versuchte nur einen kleinen Teil zu verbinden, doch kaum hatte ich mal angefangen, aktivierten sich die anderen auch. Es strömte wieder alles aus mir raus, und ich hatte überhaupt keine Kontrolle. Ich öffnete die Augen und seufzte.

„Du musst nur weiterüben. Aber ich denke, du hast für heute genug gemacht. Du solltest deine Kräfte nicht schon am Anfang überstrapazieren."

„Geht das? Also, dass man sie zu oft braucht und dann nicht mehr funktionieren?"

„Naja nur für eine Zeit lang. Ambrosia ist wie das Benzin. Wenn man die ganze Zeit seine Kräfte nur braucht und nicht den Ambrosia Tank nachfüllt, kann man sie irgendwann nicht mehr aufrufen. Das nennen wir, krank sein. In der Blütezeit passiert das nie. Aber sonst ist es immer möglich."

„Und wie merke ich, wenn ich fast kein Ambrosia mehr habe?"

Er lachte kurz auf. „Glaube mir, du wirst das genug früh bemerken. Und warst du einmal krank, entwickelst du fast etwas wie eine Anzeige, wie viel du hast."

„Ist diese Krankheit schlimm?", fragte ich vorsichtig weiter nach.

Er hob ungläubig die Augenbrauen, als würde er nicht glauben, dass ich das gerade wirklich gefragte habe. „Es gibt keine Wörter, die beschrieben, wie schlimm es ist. Du bist praktisch unfähig irgendetwas zu machen. Es beeinflusst nicht nur deine Kräfte, sondern auch dein Körper hängt davon ab. Er hat sich an das Ambrosia gewöhnt und wenn es plötzlich nicht mehr da ist, bricht man zusammen. Wie wenn man auf Entzug von einer abhängig machenden Droge wäre. Aber du musst keine Angst haben, wir haben bis jetzt das ganze Jahr über genug Stoff gehabt." Ich schaute kritisch zu ihm. Ich konnte nicht leugnen, dass mir diese ganze Sache ein bisschen Angst machte. „Gehen wir", beschloss er und nickte in die Richtung zu meinem Haus. 

Die Tochter des TodesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt