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„So wie du das sagst, könnte es schon sein, dass er mich mag", gab ich zu, „aber ich kann nicht mit ihm zusammenkommen."

„Warum?", wollte sie sofort wissen.

„Erstens; ich weiss gar nicht, wie lange ich noch lebe. Ich stamme von Hades ab und viele werden versuchen mich zu töten. Und es wäre ein Wunder, wenn es niemand schaffen würde. Es wäre viel zu egoistisch jetzt noch eine Beziehung anzufangen. Dann wäre es viel schmerzhafter für ihn. Zweitens; ich würde nicht noch einmal so eine Trennung wie von Dylan durchmachen können." Ich seufzte und öffnete die Augen nachdem ich dem Pinsel nicht mehr spürte. Sie sagte vorerst nichts, sondern konzentrierte sich bloss auf den Eyeliner, den sie mir gerade zog.

„Hm, okay ich kann dich verstehen", meinte sie, nachdem sie zufrieden mit ihrem Ergebnis war. „Aber du darfst nicht so denken. Okay, du hast wirklich keine Ahnung, wie lange du noch lebst, dass muss ich leider zugeben. Aber das ist bei jedem Menschen so. Jeder könnte jeden Tag plötzlich sterben. Und wenn man immer in der Angst leben würde, dass man vielleicht Morgen stirbt, wird man wahnsinnig. Du musst im jetzt leben. Und du würdest es nur bereuen, wenn du im Sterben liegst und Josh nie deine echten Gefühle erfahren hat. Ihr könntet noch eine so schöne Zeit miteinander haben, wenn ihr mal ehrlich miteinander sprecht." Sie schaute mir lange ehrlich in die Augen. „Und nur, weil du einmal von einem Jungen verarscht worden bist, heisst das nicht, dass jeder so ist. Aber nur du kannst entscheiden, ob Josh Dylan zu ähnlich ist oder nicht. Nur du kennst ihn so gut."

„Du hast Recht, aber... ich habe einfach Angst. Und ich habe keine Ahnung, was ich machen sollte. Ich weiss nicht einmal, was ich für ihn empfinde. Vor zwei Tagen hätte ich ohne zu zögern gesagt, dass ich ihn hasste. Aber jetzt..."

„Man sagt, dass Liebe und Hass ganz nahe beieinander liegen, da es beide so starke Emotionen sind", meinte sie. Ich zuckte bloss mit den Schultern.

„Was ist gestern Abend wirklich passiert? Du verheimlichst mir noch etwas, ich spüre es", fragte sie erneut vorsichtig und konnte ihre Neugier nicht verstecken.

„Wir haben sehr lange geredet... über Sachen über die wir normalerweise nicht sprechen", antwortete ich ihr. „Und... naja, irgendwie bin ich auf ihm eingeschlafen", gab ich verlegen zu und schaute auf meine Hände.

„Aww, so süss!", erwiderte sie entzückt.

„Es war keine Absicht gewesen", ergänzte ich schnell auf ihren begeisterten Blick.

„Trotzdem", meinte sie und wendete sich meinen Augenbrauen zu. „Du bist etwas Spezielles für ihn. Fast niemand war schon bei ihm Zuhause. Ace schon, aber nicht einmal Kenzo oder Silas."

„Wirklich?", hakte ich nach. Sie nickte und schaute mich mit einem vielversprechenden Blick an. Jetzt hingen wir beide unseren eigenen Gedanken nach und zum ersten Mal heute Abend herrschte schweigen. Ich war jetzt noch verwirrter, als ich es vorher sowieso schon gewesen war.  Konnte es wirklich sein, dass er mich mag? Und falls das wirklich der Fall sein sollte, wusste ich gar nicht, was ich davon halten sollte. Ich fragte mich, ob Josh wohl auch so aufgeregt war wie ich. Aber es war eigentlich gerade nicht meine grösste Sorge. Dass ich von Hades abstammte und mich einige umbringen wollten, beunruhigte mich natürlich immer noch. Ich hoffte einfach, dass nicht viele andere es erfahren hatten. Ich versuchte immer noch mich davon abzulenken - was mir dank Eleanor auch ganz gut gelang. Ich versuchte meine Gedanken abzustellen und konzentrierte mich auf das angenehme, leicht kitzelnde Gefühl auf meinem Gesicht.

„So fertig", sagte sie dann, worauf ich in den Spiegel schaute. Ich musste zugeben, sie hatte ganz gute Arbeit geleistet. Der rote Lidschatten, der leicht glitzerte und von einem starken Eyeliner abgerundet wurde, betonte meine Augen spielerisch. Keine Ahnung, was sie noch alles auf mein Gesicht geklatscht hatte, aber sie hatte es geschafft, dass es ganz schön aussah.

Die Tochter des TodesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt