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„Da können sie lange warten", knurrte Josh.

Wie aufs Stichwort ging die Hintertüre des Autos auf. Es erinnerte mich jetzt mehr an einen kleinen Lastwagen. Drei Frauen und drei Männer stürmten hinaus und stellten sich hinter ihren Anführer. Sie waren alle ganz schwarz angezogen und es sah aus wie eine Kampfausrüstung. Sie hatten zwar keine Waffen, aber die brauchten sie auch nicht. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in mir aus.

„Geht uns aus dem Weg. Wir wollen niemand Unschuldigen verletzen. Obwohl ich nicht weiss, wie lange ihr noch unschuldig seid, wenn ihr sie unterstützt."

„Nein. Wenn ihr sie wollt, müsst ihr zuerst uns umbringen." Josh klang so entschlossen, dass sich etwas in meinem Herz zusammenzog. Aber verdammt, ich wollte das nicht. Ich wollte nicht, dass sie alle starben nur, um mich zu beschützen. Ich konnte nicht leugnen, dass ich riesige Angst hatte, aber so feige war ich dann auch nicht, dass ich alle meine Freunde für mich sterben lassen würde. Das waren acht Erwachsene, die höchstwahrscheinlich unglaublich stark waren und wir waren gerade mal vier, die mit unseren Kräften Chaos anrichten konnten.

„Ich kämpfe nicht gegen meinen Sohn", meldete sich Ace' Vater zu Wort. Der Braunhaarige drehte sich langsam zu ihm.

„Dies ist Ihre Entscheidung, aber dann haben wir uns heute das letzte Mal gesehen." Ace' Vater war ehrlichgesagt noch meine letzte Hoffnung gewesen, aber wie es aussah, konnte auch er nichts mehr anrichten.

„Leute, wir haben keine Chance gegen sie. Wir sind zu wenige, die richtig kämpfen können. Und wenn wir diesen Weg nehmen, wird Blut fliessen und ich möchte nicht, dass es jemandem von euch gehört. Es ist mein Problem, nicht eures." Es war das erste Mal, dass ich sprach und alle schauten überrascht zu mir. Ich versuchte meine Freunde zu überzeugen, aber natürlich hörten sie nicht auf mich.

„Amber! Hör auf, wir haben dir das schon genug oft gesagt", widersprach mir Eleanor.

„Wir gehören zusammen und wir beschützen uns gegenseitig mit unseren Leben, das weisst du." Kenzo schaute zuversichtlich zu mir.

In dem Moment veränderte sich etwas in mir. Es ging hier schon lange nicht mehr nur um mich. Ich hatte keine Ahnung, was mit denen passierte, die Leute wie mich unterstützten. Ich spürte die Kraft in mir pulsieren. Das göttliche Blut in meinen Adern kochte schon. Die Teilchen zuckten wild um her. Meine Angst vor dem was passieren könnte, trieb sie noch mehr an. Wenn ich nicht kämpfte war ich sowieso tot – meine Freunde wahrscheinlich auch. Ich konnte es nicht mehr verhindern, also würde ich mein Bestes geben und um mein Leben kämpfen. Ich hatte so  viel trainiert. Ich umklammerte den Dolch immer noch fest mit meiner rechten Hand. Vielleicht war ich naiv, aber ich musste positiv denken. Ein Windstoss kam auf und blies mir eine Strähne ins Gesicht. Das rote Licht der langsam aufgehenden Sonne blendete mich.

Ich war bereit.

Ich schaute langsam von Josh und Eleanor auf meiner rechten Seite zu Silas, Ace und Kenzo links von mir. Sie schauten mich alle abwartend an, als warteten sie darauf, dass ich etwas sagte.  Silas neben mir seufzte und schaute dann entschlossen zu mir.

„Immer muss man alles alleine machen", murmelte er und ein böses Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Er löste sich aus unserer Reihe und ging langsam auf den Anführer zu, den er mit seinem Blick fixierte. Die Augen des Mannes wurden gross, sein Mund öffnete sich leicht und er war wie erstarrt. Die sechs hinter ihm waren verunsichert, gingen aber in Bereitschaft. Silas blieb kurz vor ihm stehen, und der andere konnte immer noch nichts anderes tun, als ihn anzustarren. Ich wusste, er war wirklich unfähig irgendetwas zu tun, denn Silas benutze seine Kräfte. Und es war wirklich angsteinflössend. Ich hatte noch nie gesehen, wie Silas es tat, aber es war echt krass.

Die Tochter des TodesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt