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Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und legte meine Lippen ganz vorsichtig auf seine.

Er erwiderte den Kuss sofort und wir küssten uns unglaublich sanft und langsam. In meinem Bauch aber fühlte es sich so an, als wäre eine Konfettibombe explodiert. Ich hatte noch nie so etwas gefühlt. Er legte seine Hände vorsichtig an meine Hüfte und zog mich näher, während ich meine Hände in seinen Nacken legte und ihn mehr zu mir runter zog. Seine Lippen waren unglaublich weich und er küsste so gut, ich verlor mich in unserem perfekten Kuss. Irgendwann löste er seinen Mund vorsichtig von meinem und schaute mich lange an. Er strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr und in seinem Blick lag so viel... Liebe.

Dann beugte er sich zu mir runter und hauchte mir erneut einen kurzen Kuss auf den Mund.

„Weisst du, ein Teil von mir war dir immer dankbar, dass du so arschig zu mir warst", fing ich an. „So konnte ich dich einfach hassen. Und da ich dachte, dass du auch nur von mir genervt bist, hatte ich auch kein schlechtes Gewissen. Aber wenn du dann manchmal so... süss zu mir warst, hatte es mich so überfordert. Hast du wahrscheinlich auch gemerkt." Er lächelte amüsiert und nickte. „Aber es hat irgendwie schon immer den anderen Teil gegeben, der deine Gegenwart mochte. Es war mir einfach unerklärlich warum. Ich habe ihn einfach ignoriert und meistens ging es dank deinem Verhalten auch ganz gut. Ich hatte Angst, dass ich mich wirklich in dich verliebte, denn normalerweise war dein Umgang mit Mädchen nicht so. Und auch weil du mich damals so sehr an meinen Ex erinnert hattest. Du weisst, wie unschön das ausgegangen ist und ich wollte auf keinen Fall nochmals etwas Ähnliches erleben. Aber jetzt weiss ich, dass du überhaupt nichts mit ihm gemeinsam hast, da ich deine wahre Seite gesehen habe, die du sonst vor allen versteckst. Und dass du ohne zu Zögern für mich gestorben bist, beweist mir definitiv genug."

Er zog mich näher und umarmte mich nochmals. Ich liebte seine Umarmungen jetzt schon.

„Weisst du noch als du dort mal gesagt hast, dass du es dir noch überlegen musst, ob du mich mit deinem Leben beschützen würdest?", fragte ich ihn neugierig. Wenn ich zu diesem Zeitpunkt gewusst hätte, dass er wirklich mal für mich sterben würde...

„Ja, aber ich musste es mir keine Sekunde überlegen."

Ich lächelte in seine Brust. Durch seine Nähe wurde es mir etwas wärmer, aber meine Füsse standen immer noch im eiskalten Schnee und langsam machte sich das bemerkbar. Ich fing an zu zittern und Josh merkte es natürlich sofort auch. Er schob mich von sich und schaute auf meine Füsse.

„Hast du immer noch keine Schuhe?", fragte er, da meine Füsse ganz im Schnee verschwanden.

„Ja..."

„Du bist den ganzen Weg barfuss gegangen?"

„Ich wollte einfach zu dir, da war mir das egal", gab ich verlegen zu, „aber langsam wird es etwas kalt..."

Das nahm er als sein Stichwort auf. Er zog sich sofort seinen Hoodie aus und streckte ihn mir hin.

„Ich will aber nicht, dass dir kalt ist", sagte ich schnell.

„Ich werde nicht frieren", sagte er zuversichtlich und drückte ihn mir in die Hände. Ich bezweifelte, dass ihm nur im T-Shirt nicht kalt sein würde, aber ich verfror und er würde ihn nicht zurücknehmen.

„Danke", sagte ich dankbar und schlüpfte in seinen Hoodie. Er roch nach seinem Aftershave, das ich liebte und war schön aufgewärmt. Kaum hatte ich ihn angezogen, ging Josh in die Knie und hob mich hoch, als wöge ich nichts. Überrascht legte ich schnell meinen rechten Arm um seine Schultern und legte meine andere Hand auf seine Brust.

„Du musst mich nicht tragen", meinte ich lächelnd.

„Doch, ich will nicht, dass du krank wirst. Du bist schon ganz kalt. Und wir sollten besser zu den anderen zurückgehen, sonst suchen sie uns noch."

„Okay", sah ich ein, obwohl ich gerne noch mehr Zeit mit ihm alleine verbracht hatte. Ich kuschelte mich mehr an ihn ran und es war ein so schönes Gefühl in seinen starken Armen zu liegen. Er ging ganz gemütlich los entgegen meinen Erwartungen.

„Du kannst aber deine Kräfte noch benutzen, oder?", fragte ich besorgt nach.

„Ja klar."

„Und warum brauchst du sie denn nicht?"

„Ich will noch mehr Zeit mit dir alleine haben, aber ich will trotzdem nicht, dass du lange an der Kälte bist." Ich schaute lächelnd zu ihm.

„Ich habe gehofft, dass du das sagen würdest." Er fing an zu grinsen und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.

„Was ist eigentlich nach ... deinem  Tod passiert?", fragte ich ihn vorsichtig.

„Du hast mich mit deinen Kräften aus der Unterwelt zurückgeholt. Eleanor sagt, es hat richtig unheimlich ausgesehen, wie ich einfach wieder aufgestanden bin, als wäre ich nie weg gewesen. Es war sofort allen klar gewesen, dass du deine Hadeskräfte zum Guten gebraucht hast. Ace' Vater konnte dann Jackson überzeugen, dass du mit deinen Kräften keine schlechten Sachen anstellen würdest. Er war am Anfang noch sehr kritisch, aber am Schluss hat er gesagt, dass sie dich beobachten würden und noch mit dir sprechen wollten, aber die OGA sollte kein Problem mehr darstellen." Ich atmete erleichtert aus. Das war sehr gut. Und irgendwie fast zu einfach, um wahr zu sein. Obwohl es wahrscheinlich irgendeinen Haken daran hatte, hatte ich gerade keine Lust und Energie, um darüber nachzudenken.

„Danach sind wir hierher zurückgefahren und haben Skyes Vater als Unterstützung geholt. Du bist bewusstlos gewesen und wir haben nur gewartet. Die anderen sind alle auch mal nach Hause gegangen, aber..." Er musste seinen Satz nicht beenden, ich wusste, dass er nicht scharf drauf war zu seiner Wohnung zu gehen.

„Ist jemand zu meiner Familie gegangen?"

„Nein, wir dachten, es wäre besser, wenn sie erst von dir hören, wenn es dir wieder gut geht. Hast du eigentlich irgendwelche Schäden davon getragen?"

„Nein, keine Schäden", antwortete ich und benutzte sein Wort. „Aber spürst du das auch?"

„Was?"

„Das zwischen uns. Diese... Verbindung", versuchte ich es irgendwie in Worte zu fassen. Er runzelte die Stirn.

„Ich wusste ganz genau, wo im ganzen riesigen Wald du bist. Und du hast dich auch gerade umgedreht, als ich ein paar Meter von dir entfernt war." Er schien zu überlegen.

„Ich hätte einfach gedacht, dass ich mich so... nach dir gesehnt hatte, dass ich dich gespürt hatte. Aber dass du mich gefunden hast... Es könnte schon etwas, damit zu tun haben, dass du mich aus der Unterwelt zurückgeholt hast. Vielleicht sind wir jetzt wirklich irgendwie verbunden."

„Vielleicht können wir auch über Gedanken miteinander reden", schlug ich hoffnungsvoll vor.

„Das geht nur in Büchern", lachte er.

„Wir werden irgendwie mehr über deine Kräfte herausfinden müssen."

„Ja, aber ich bezweifle, dass es viele Bücher darüber gibt. Die müssten doch alle verboten geworden sein." Es gab nur zwei Personen, die mir helfen konnten, falls sie noch lebten. Josh schaute vorsichtig zu mir runter und dachte anscheinend das Gleiche.

„Ich wünschte, ich könnte mit meinen leiblichen Eltern sprechen", sprach ich meine Gedanken aus, dass er nichts dazu sagen musste.

„Wir finden schon einen Weg", sagte er zuversichtlich. "Wie hast du es eigentlich getan?"

"Ich weiss es wirklich nicht. Meine Emotionen haben das Kommando übernommen, als du tot vor mir gelegen bist und irgendwie ist es dann passiert."

Ich lehnte meinen Kopf an seine Brust. Der Schneefall hatte fast aufgehört und die Sonne hatte angefangen zu scheinen. Der beschneite Wald sah wunderschön aus.

Die Tochter des TodesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt