Warum fällt es mir so schwer einen Menschen, den ich erst vor wenigen Tagen kennenlernte, nun wieder zu verlassen?
Ich war in Gedanken versunken gewesen- hatte Azad einfach nur schweigend angeblickt, während ich auf irgendeine Art von Reaktion wartete, aber diese kam nicht.
Stattdessen mischte sich mit einem Mal die Jüngere der beiden Schwestern ein. Mir gefiel nicht, wie sie meinen Namen betonte. Entweder maß ich der Betonung meines Namens gerade zu viel Bedeutung zu und sie wollte damit einfach nur deutlich machen, dass sie gerade mich ansprach, oder sie ahnte tatsächlich, dass Mic nicht ich war- dass ich einen anderen Namen als diesen trug. Ich war mir immer noch nicht wirklich sicher, ob sie die Goldpartikel in meinem Auge gesehen und dem irgendeine Bedeutung zugemessen hatte. Sie war noch jung, aber ich hatte das Gefühl, dass man hier in der Stadt schneller erwachsen wurde, als das bei mir zuhause der Fall war.
Ja, sie hatte völlig recht- ich kannte Victor nicht, aber ich denke ich konnte ihn gut genug einschätzen um zu erkennen wie gefährlich er war. Ich wusste, dass es keine gute Idee war mit ihm zu gehen und ihm diese Gefallen zu schulden, aber blieb mir wirklich eine andere Wahl? Ich brauchte seine Hilfe und außerdem ließ ich mir nur ungerne vorschreiben, was ich zu tun hatte, nachdem mein ganzes Leben bisher so verlaufen war. Ich wollte nicht länger von irgendjemandem eingesperrt werden und sei es auch nur in übertragenem Sinne.
Sirins Worte erreichten damit eher das Gegenteil von dem, was sie erreichen wollte und der Entschluss festigte sich in mir.
Ich war gerade dabei mich abzuwenden, als mich mit einem Mal ein Schwall Wasser am Oberkörper traf und mein Oberteil völlig durchweichte.
Ich drehte mich wieder zu der Kleinen um und musterte sie mit leicht unterdrückter Wut.
Was bildete sie sich ein?
Sie hatte keinerlei Recht sich in mein Leben einzumischen.
Trotzdem hörte ich ihr schweigend zu und blickte ihr nach, als sie davonstapfte. Ich spürte irgendwie, dass sie recht hatte- Azad war tatsächlich der Einzige, der nicht kapierte, dass man Freunde in seinem Leben brauchte, aber ich würde ihm sicher nicht sinnlos hinterherlaufen.
Die Verbindung, welche ich von Anfang an zwischen uns gespürt hatte, war nicht mehr da- Azad hatte sie zerrissen und es vermutlich auch noch genossen. Es war mir egal, ob der weiße Fuchs mit mir spielen und mich zerstören würde- zuerst würde ich den Anführer treffen und ihm dabei helfen diese Rebellion endlich zu einem guten, friedlichen Ende zu führen. Niemand würde mehr sterben müssen, auf keiner Seite. Ein friedliches Zusammenleben musste doch irgendwie möglich sein. Und sobald das erreicht war, war es egal was Vic mit mir anstellte.
Ich würde alles ertragen oder ich würde Victor umbringen und mich damit erlösen, wenn es keine andere Möglichkeit gab. Trotz allem trug ich immer noch das grausame Blut meines Vaters in mir.
Ich zog mir das nasse Shirt über den Kopf- es war von Azad und ich wollte es nicht. Im Anschluss erwiderte ich Helins kühlen Blick mit der gleichen kühlen Gelassenheit. Ich ahnte, dass eine weitere Standpauke folgen würde und es interessierte mich nicht. Die Schwestern des Rebellen konnten mir egal sein, sie würden mich nicht davon abbringen können.
"Diese Rebellion wird so oder so noch zahlreiche Opfer fordern. Ich kann sie beenden, wenn ich mit dem obersten Anführer spreche- dabei müssen weniger sterben. Ist es das nicht wert?", fragte ich kühl nach.
"Ich denke dieser Wunsch ist es definitiv wert einen Deal mit Victor einzugehen, egal was er fordert. Und wenn mir sein Deal nicht passt, kann ich ihn immer noch töten- er scheint mir körperlich unterlegen zu sein. Ein Opfer um das Leben zahlreicher Menschen zu retten. Klingt das nicht verlockend?"
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Lynx&Lion - The Rebellion
Teen FictionBand 1 der Lynx&Lion- Reihe ________________________ Eigentlich ist die Welt der Wissenschaft schon sehr fortgeschritten, doch davon bekommen nur die Wenigsten etwas mit. Die Reichen werden immer reicher und leben ein Leben im Luxus- ohne je Hunger...