68_Azad

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Nachdem er unsere Umarmung beendet hatte, sah ich, dass einige Tränen an seiner Wage runterliefen. Mit leicht zittriger Hand strich ich die Träne und ließ diese dort liegen, während die andere in seiner warmen Hand lag. Meine Hand dürfte sich immer noch so kalt anfühlen, wie sie es fast immer war, aber ich wusste, dass ihm sowas nicht stören dürfte.

Mittlerweile war er wohl eher derjenige der Trost brauchte, als würde er meinen Schmerz nehmen um ihn selbst zu ertragen, damit ich es nicht mehr musste. Wirklich hatte sich meine Ängste schon fast in Luft aufgelöst, als er gesagt hatte er würde mir vertrauen. Ich vertraute ihm mittlerweile wirklich genug um ihm das zu glauben.
Die Frage wegen dem Gegengift versuchte ich außerdem zu ignorieren, da ich mich sonst an den Kuss mit Victor hätte erinnern müssen.

Dann umarmte er mich wieder, aber diesesmal war es vermutlich weniger zum Trost als für ein Gefühl der Sicherheit, denn er gestand mir ein Geheimnis.

Lucien.

Das wäre sein wahrer Name. Auch wenn ich im ersten Moment es keinen großen Unterschied machte, stellte ich mir immer mehr Fragen mit jeder Sekunde die verging. Puzzelteile formten sich mit jedem Wort aus Mic's... nein, Lucien's... Luc's Mund, und mit der Zeit begannen sich auch welche zusammenzusetzten. Das Bild das sich daraus zusammenstzte war logisch, aber ich wollte nicht, dass es logisch war. Es hörte sich falsch an. Ich wollte das es falsch war, aber eigentlich alles sprach für dieses Bild.

Lucien - mein Luchs, mein Freund, mein... Geliebter - gehörte der Elite an.

Sein Auge, dessen für alle normalen unmögliche Behandlung, viel zu teuer war, als das jemand außerhalb der Elite es einfach bezahlen würde. Es war seine Haut, die vermutlich etwas zu markellos war. Oder seine Kampfkünste, welche viel zu gut und rein für jemanden waren, der sich nicht einen sehr guten Lehrer leisten konnte. Die Geschichten seines ehemaligen Lebens, die Ungenauheiten in diesen und der Fakt, dass er nie auch nur einen Namen genannt hatte. Selbst sein Essen, welches sogar zu gut schmeckte, als hätte er es nur von seiner Mutter gelernt, war zu einem eher kleinen Puzzelteil geworden. Ich hatte sogar das Gefühl den Namen Lucien in einene solchen Kontext schon mal gehört zu haben.
Alles passte irgendwie zusammen, auch wenn noch viele Puzzelteile definitiv fehlten.

Mal wieder wusste ich nicht wie ich reagieren sollte. Während er sich vor mich hingekniet hatte um vermutlich seine Schuldgefühle zu zeigen, saß ich einfach nur da und starrte ihn an. Es machte sich das bitteres Gefühl des Verrates in mir aus, wärend ich auf ihn blickte und doch tat er mir gleichzeitig leid.

Er hatte mich angelogen, obwohl er immer beteuert hatte mich nicht anzulügen, und noch immer war er nicht dazu bereit mir die volle Wahrheit zu sagen. Dennoch hatte er mir aber immer alles erzählt, nur hatte er alles weggelassen, was zu einem solchen Schulss führen dürfte.

Er war immer ehrlich gewesen außer in einpaar wenigen Sachen: Seiner Herkunft, seiner Idendität und, dass er mich nie anlügt.

Natürlich glaubte ich ihm jedoch was seine Gefühle anging. Das war keine Lüge gewesen, dass wusste ich, oder zumindest war ich mir ziemlich sicher. Mein Vertrauen in all seine Taten und Worte war gebrochen worden und doch hatte ich dass Gefühl, dass dieses Vertrauen danach nur noch stärker sein würde, wenn es wieder zurück war.

Er hatte Angst. Ich wusste nicht, ob er Angst vor mir, meiner Reaktion oder meinen Schlussfolgerungen hatte. Vermutlich teilweise spielten alle drei eine Rolle. Noch immer blickte ich ihn wiederrum in seine angsterfüllten Augen, auch wenn sie nicht auf mich gerichtet waren.

Er tat mir leid und ich muss gestehen, dass ich trotz meiner Erkenntnis, er mir noch immer mehr bedeutete, als es gut für mich war, aber dennoch würde ich ihn momentan einfach nur zurücklassen oder vielleicht sogar ausliefern. Er gehörte nicht hier hin und ich wollte, dass er ein besseres Leben hatte als das hier, aber nach all dem was er gesagt hat, war ein Leben bei seinem Vater wirklich etwas in das ich ihn zurück schicken wollte. Dafür war er mir doch zu sehr ans Herz gewachsen, oder?
Diese Situation tat meinem Herzen wirklich nicht gut, welches irgendwie sowohl zerbrochen wurde, als ihm auch noch mehr zu verfallen.
Wäre ich in seiner Situation hätte ich schließlich nichts anderes getan, oder?

Kurz nach seiner Bitte konnte ich mich endlich aus meiner Starre befreien und sowohl der gebrochene Teil meines Herzens als auch mein Verstand handelten zusammen, in dem ich ihm intuitiv eine Ohrfeige verpasste. Direkt danach legte ich jedoch meine Hand unters Kinn und zwang damit nir in mein vermutlich ziemlich kühles Auge zu blicken.

"Du bist ein Idiot, weißt du das? Wenn du verdammt noch mal zur Elite gehörst, solltest du mir das verdammt noch mal sagen, Lucien."

Meine Hand wanderte dann von seinem Kinn wieder zu seiner Wange. Mein Ausdruck wurde vermutlich gleichzeitig wieder um einiges Sanfter, wenn auch meine Stimme noch immer vor Wut kühl war.

"Ich habe mich nicht in Mic verliebt - der Name passt noch nicht mal zu dir - oder diesem Lucien, von dem ich gerade erst erfahren habe. Ich habe mich in meinen Luchs verliebt, verstanden? Mir ist egal, ob du Mic Ayano, oder Lucien was auch immer bist, meiner Meinung nach könntest du auch gerne Hubertus oder Idiot heißen, du bist für mich Luc - ein kleiner, goldäugiger, geliebter und verdammt gut aussehender Luchs - und solange du mich nicht mehr anlügst, kann es auch gerne für den Rest unserer Leben so bleiben. Wenn du also gleich noch gestehen möchtest, dass du zur Elite gehörst, und du der komplett unbekannte Sohn der... keine Ahnung...", ich überlegte kurz und erinnerte mich spontan an den Zeitungsartikel, den der Alte vor wenigen Tagen gelesen hatte," dieser de Chemicios oder so bist, oder, dass du eigentlich der Prinz eines anderen Landes, oder vielleicht doch ein Pirat oder was weiß ich wer bist, sag es mir jetzt doch bitte. Ich werde es für mich behalten und mein bestes versuchen dich dehalb nicht zu hassen - was vermutlich sowieso kein großes Problem ist, da ich dich verdammt noch mal liebe, Idiot."

Ich machte eine kurze Pause und begab mich ebenfalls auf den Boden, direkt neben meinen geliebten Luchs.

"Du solltest es einfach hinter dich bringen und mir vertrauen, ok? Ich nutze dich nicht aus, lüge dich nicht an und würde dich auch niemals verraten und ich hoffe, dass du das weißt. Ich kann aber nicht versprechen, dass ich dir immer vertrauen werde, schließlich bin ich immer noch ich und du - wer auch immer du wirklich bist - du, mein kleiner Luchs."

Ich stand auf und hielt Lucien (würde ich mich wohl je daran gewöhnen, dass er nicht Mic ist?) meine Hand hin um ihm aufzuhelfen.

"Was auch immer du mir jedoch noch so zu gestehen hast, wir sollten es vermutlich nicht hier machen, jetzt wo Victor weiß, wo wir sind. Komm!", meinte ich immer noch eher kühl mit seiner Hand in meiner. Ich würde sie für den Rest unseres Weges nicht loslassen und ich denke, dass wir beide das wusste.

Dann brachte ich ihn an den Stadtrand, was ein ziemlich langer Fußweg gewesen war, währenddessen ich geschwiegen hatte. An diesem Ende der Stadt war ein Klippe, welche gut hundert Meter hoch war. Da jedoch momentan noch immer die Sonne dabei war sich zu erheben, war es durchaus nicht unromantisch, auch wenn die Klippe an sich kein besonders schöner Ort war.

Besonders der Fakt, dass nicht selten Leute dadurch getötet wurden, dass sie jemand hier runter stieß, machte aus dieser Klippe eigentlch keinen Ort, zu dem überhaupt irgendjemand freiwillig ging. Der perfekte Ort also für ein sehr privares Gespräch.

"Ich werde dich nicht da runter stoßen, keine Sorge, Lucien. Setz dich einfach dann können wir reden und bitte... bitte sag mir die ganze Wahrheit diesesmal."

Lynx&Lion - The RebellionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt