84_Azad

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Alles lief an sich ziemlich gut. Lucien, welcher in seinen neuen Sachen umwerfend aussah, schien zumindest äußerlich sich wieder gesammelt zu haben. Tatsächlich wirkte er sogar selbstbewusster als ich vermutlich momentan zu sein schien. Schon alleine die Situation schüchterte mich, dass musste ich durchaus gestehen, etwas ein. Währenddessen schien es Luc kaum wirklich zu kümmern, mit wem er heute alles zu Abend essen würde. Er hatte sich sogar schneller als ich an einen der zwei letzten leeren Plätze gesetzt. Der andere Platz war direkt neben ihm. Der General und der Bär würden mir  gegenüber sitzen und der Rabe auf meiner anderen Seite neben mir. Neben Mic saß der Dolch, welcher mir irgendwie das Gefühl gab, dass es keine gute Idee war neben ihm zu sitzten, weshalb ich irgendwie mit Luc tauschen wollte.

Schließlich setzte ich mich auch, als letzter der Runde und schon fast augenblicklich kamen Kellner mit den Essen in den eigentlich viel zu leeren, großen Raum.
Kaum waren die Kellner verschwunden, startete Luc auch noch die Unterhaltung damit, nach dem Grund zu fragen. Der General schien zwar nicht gerade erfreut, lächelte aber dennoch höflich. Er schien noch nicht mal daran zu denken, sein Gericht an zu rühren, was mich irgendwie verärgerte, schließlich wusste ich, dass genau dieses Essen nacher im Müll landen würde.
"Nun, eigentlich wollte ich ja selbst damit anfangen, Mister Ayano, aber wenn sie mich so fragen, werde ich auch antworten." Er lächelte höflich und sein etwas zu kühler und alter Blick wandte sich mir zu.
"In letzter Zeit habe ich oft mit ihrem Vorgesetzten geredet, Mister Taahir. Wie sie wissen hat er schon ziemlich lange für uns gedient, tatsächlich war er schon Unteroffizier, als ich der Rebellion beigetreten war, und er hat uns immer guten Dienst geleistet. Dennoch verschonen ihm die vorübergehenden Jahre nicht."

Ich wusste ganz genau worauf er hinaus wollte. Es war mittlerweile auch ohne weitere Worte schon glasklar. Auch wenn ich jedoch versuchte mein Gesicht ernst zu halten, wusste ich, dass sich vermutlich mittlerweile ein leichtes grinsen auf meinem Gesicht befand. Auch wenn ich mir nicht sicher war, warum ich mich so darüber freute. Eine Beförderung hieß mehr Verantwortung und irgendwie gleichzeitig mehr als auch weniger zu tun. Mehr von dem was ich eigentlich eher weniger mochte und weniger von dem, was ich einigermaßen erträglich fand. Dennoch hieß es auch, dass man mich schätzte und mir vertraute, natürlich freute ich mich. Es hieß auch mehr Sicherheit. Für mich, meiner Familie und irgendwie auch für meinem geliebten Luchs.

"Demnach wollte ich Sie fragen, ob sie seinen Posten als Offizier in kurzer Zeit übernehmen würden? Ihnen dürfte dann zwar vermutlich die Zeit fehlen einen direkten Schüler zu haben, aber ihnen stehen ja zwei Posten zur Verfügung, die sie besetzten können und nur bei einem dieser zwei brauchen sie die Zustimmung von anderen. Ihre Aufgaben würden sich natürlich etwas verändern, wie sie schon wissen, und diese sind in vielen Fällen nicht gerade angenehmer, als ihre alten, aber sie werden vermutlich einen Weg finden durch den sie diese etwas erträglicher machen können."

Er legte eine kurze Pause ein, bevor er mich vermutlich fragen würde, ob ich etwas dagegen einzuwenden hätte.
"Also, Löwe, hätten sie...", weiter kam er gar nicht, da Luc in durch ein räuspern unterbrach. Mit einem Mal blickte ihn alle - mich eingeschlossen - verwirrt an. Er schien anders zu sein. Nicht mein geliebter Luchs, sondern Lucien de Chimio, Teil der Elite und Erbe seines Vaters. Es lief mir bei dem Gedanken, dass er auch so klingen konnte, ein kalter Schauer über den Rücken, während ich ihn vermutlich mehr als nur verwirrt anblickte.

Von da an ging alles gefühlt nur noch bergab.

Für nicht mal eine Sekunde konnte ich meinen, mit der Zeit leicht geschockten Blick von ihm ablenken, als er nicht nur erzählte ich wäre sein Geliebter, sondern auch noch seine Identität und unseren Plan verriet.
So kalt und überlegt wie er alles aussprach, ließ mich für wenige Sekunden an meinen Worten, er wäre kein Monster, zweifeln. Zwar verschwand dieser Zweifel so schnell wie er gekommen, doch dennoch musste ich zugeben, dass diese Seite von ihm mir ganz und gar nicht gefiel. 

Lynx&Lion - The RebellionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt