74_Azad

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Sein Plan war schlecht.
Keine Frage, er war dumm, unausgereift und naiv. Was hatte ich eigentlich erwartet? Ich hatte etwas erwartet und was er hatte war etwas, aber ein verdammt schlechtes etwas. Natürlich würde ich das nicht sagen, aber ich werde ihn nicht diesen Plan verfolgen lassen. Vermutlich sollte ich ihm meine Idee sagen, aber sie war in einigen Wegen nicht viel besser und er würde vermutlich dagegen sein. Mein Plan war nicht weniger riskant, aber auf eine ganz andere weise und ich war mir bei meinem noch nicht mal sicher, ob die Rebellion diesen Plan unterstützen würde. Lucien's Plan dagegen wäre genau was die Rebellion vermutlich wollte.
Mein Plan würde vermutlich Luc's Vater sein Leben kosten und dürfte länger dauern. Er enthielt um einiges mehr an Diplomatie und war komplizierter. Noch dazu würde er bedeuten, dass die Rebellen, oder zumindest Luc und ich, mit Leuten der Elite auf die eine oder andere Weise zusammen arbeiten müssten. An sich mochte ich den Plan selber nicht - er klang irgendwie zu sehr nach etwas, dass Victor planen würde - aber ich konnte mir bei diesem eher vorstellen, dass es funktioniert. Wenn ich von eines Victor gelernt hatte, dann war es, dass ein Plan mit weniger unvorhersehbaren Variablen in den meisten Fällen besser war. Beide waren riskant, aber wenn sein Vater Luc nicht genug liebt um deshalb Macht abzugeben, oder wenn dieser Mic gut genug als Schauspieler war um Luc's Vater davon zu überzeugen selbst der wahre Sohn zu sein, würde mein geliebter Luchs sein Leben verlieren ohne uns auch nur ansatzweise geholfen zu haben. Wenn mein Plan komplett schief gehen würde, hätte die Rebellion zumindest schon mal einige gute Informationen zur Elite oder sogar ein paar neue Unterstützer, auch wenn wir beide vermutlich hingerichtet werden würden. Bei letzterem kann man aber wenigstens noch rechtzeitig fliehen.

Er fragte mich nach unserem Kampf, ehe ich begonnen hatte über meine Idee zu sprechen. Die Antwort darauf war auch um einiges einfacher, als die Antwort darauf, wie mein Plan aussehen würde. Demnach entschied ich mich dazu, ihm die Idee später zu erklären.
"Ich bin nicht wütend", log ich, auch wenn man es eher eine halbe Lüge nennen dürfte, da ich nicht mehr wütend war, " aber wir können kämpfen, nachdem wir geschlafen haben, also vermutlich am Abend. Wenn du nicht direkt heute kämpfen willst, können wir es auch verlegen. Was den Ort angeht, werde ich ihn dir zeigen. Ist vermutlich einfacher, als wenn du es selbst suchst."
Er war nicht schwer zu finden, aber gut genug versteckt, dass man es auch nicht als leicht zu finden hätte beschreiben können. Dafür war es vermutlich schwerer für mich ihm den Weg zu beschreiben, als ihn ihm einfach zu zeigen. Zumal würden wir vermutlich heute im selben Gebäude schlafen, da meine Wohnung fast auf der anderen Seite der Stadt war und es besonders jetzt noch, viel zu weit war um dorthin zu gehen. Dafür war ich nach all dem, ganz besonders nachdem ich fast an einer Vergiftung gestorben wäre, viel zu erschöpft.

Wir saßen mittlerweile so nah an einander, dass ich ihn leise atmen hörte. Es war ein beruhigendes Geräusch, wie ich zugeben musste, und nach all dieser Verwirrung und Gefühlen war ich schon etwas schläfrig geworden, sodass ich vermutlich ziemlich schnell einschlafen könnte, wenn ich nicht aufpasste. Ein weiteres mal legte ich meinen Kopf an seinen und schloss kurz mein Auge.

"Und ich habe etwas, dass mal vermutlich eher einen Plan nennen dürfte, als das was du dir da zusammen gebastelt hast. Bevor wir aber über ernste Sachen wie ein Plan zur Erfüllung der Ziele von uns Rebellen, sollten wir wirklich schlafen. Es war ein kurzer und schöner, wenn auch ziemlich verwirrender Tag. Morgen werden wir dann kämpfen und ich werde dir meinen Plan erklären, außerdem will unser General mit uns reden. Er lädt uns zum Abendessen ein. Habe dir ganz vergessen es dir außerhalb der Bar zu sagen", meinte ich ruhig, aber nicht auf meine gewohnt kühle, sondern auf eine sanfte, warme und etwas schläfrige Art und Weise, die ich vermutlich selbst noch nie benutzt hatte.

Einen einzigen kleinen Kuss gab ich seinem Haar ehe ich mich schlussendlich wieder von ihm entfernte um aufzustehen. Ohne seine Wärme fiel mir erst so richtig auf wie kalt es gewesen war, oder zumindest geworden ist, seit wir hier gewesen sind. Ich hatte mir definitiv etwas falsches zum anziehen ausgesucht, als ich mich gestern angezogen hatte, denn da ich ohne Jacke hier stand und mich zum ersten mal wirklich kurz auf die Kälte konzentriert hatte, musste ich durchaus leicht zittern. Ich hörte mich selbst leise deswegen fluchen.
Nach wenigen Sekunden drehte ich mich zu Luc zurück. "Es ist echt kalt", stellte ich das offensichtliche fest," es ist ein netter und eher kleiner Unterschlupf in der Nähe, wo wir schlafen könnten. Bis zu mir ist es vermutlich etwas zu weit, aber dafür vermutlich auch gemütlicher und leerer."
Dann bemerkte ich, dass man das vermutlich auch falsch verstehen konnte und ich wusste nicht, ob mir das so egal war, wie mein grinsen es vermutlich vermuten lässt. Viele von den jüngeren die ich kannten hätten es definitiv falsch verstanden, wären sie in dieser Situation.
"Nur zum schlafen, damit wir uns hier richtig verstehen."

Daraufhin ging ich ging ich wieder zu ihm. Direkt vor ihn um ehrlich zu sein. Nah genug, dass nur wenige Zentimeter unsere Gesichter trennte. Ich hatte meine beiden Hände an beide Seiten seines Gesicht gelegt und schaute ihm sanft in sein goldenes Auge. Alles in mir wollte ihn küssen, doch noch immer tat ich es nicht. Es fühlte sich schrecklich an, ihm so nah zu sein und ihn doch nicht einfach wieder zu küssen. Auch in seinen Augen konnte ich diese Art von Verlangen sehen und sie brachte mich dazu noch etwas mehr zu grinsen. Er war wirklich wie Butter in meinen Händen und ich war dies in seinen. Es war ein seltsames Gefühl. Ich entschied mich es zu mögen.
"Ich habe das Gefühl, ich sollte dir danken. Für deine Ehrlichkeit heute, dafür, dass du mich nicht aufgegeben hast und vermutlich auch für das, was du für uns tun würdest."

Erst dann küsste ich ihn endlich. Es war noch besser als in meiner Erinnerung. Vielleicht, ganz vielleicht, hatte sich das warten ja wirklich gelohnt.
Es war kein langer Kuss, aber dafür ein guter. Noch immer waren unsere Köpfe nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, nachdem ich mich von den Kuss gelöst hatte. Eine meiner Hände löste sich von seinem Gesicht um ihn eine seiner schönen Locken aus dem Gesicht zu streichen, doch sie fiel direkt zurück.

"Danke", beendete ich meine sehr kurze Rede von vor dem Kuss und trat einen Schritt zurück, wo mich wieder diese Kälte umgab.
"Wir sollten jetzt aber wirklich gehen, bevor wir noch was dummes anstellen und bevor uns wieder jemand unterbrechen kann."

Lynx&Lion - The RebellionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt