Am Montag war Kyle, wie schon die Woche davor wieder nach Cranesville gefahren. Natürlich vermisste ich ihn, im Moment war ich allerdings mehr als froh, dass er nicht hier neben mir stand und mit Simpson redete, welcher mich anscheinend als Lockvogel benutzen wollte.
"Wie stellen sie sich das genau vor?", fragte der Chief, wessen Büro gerade als Besprechungszimmer genutzt wurde.
"Sie wird bei einem der Gang mitglieder, welchem wir das alles zuordnen konnten eine Waffe kaufen wollen. Sie wird natürlich verkabelt und so weiter. Irgendwann heißt es dann Zugriff und wir haben ihn.", verstehend nickte ich langsam.
"Wie hoch ist das Risiko, dass ihr etwas passiert?", Michael stand angespannt mit verschränkten Armen an der Tür und warf mir einen kurzen Blick zu.
„Wir werden die ganze Zeit in ihrer Nähe sein. Falls etwas schief gehen sollte sind wir innerhalb von Sekunden bei ihr.", ernst sah Simpson meinen Onkel an.
„Ich werds tun.", mit fester Stimme blickte ich in die Augen meines Chiefs.
„In Ordnung. Ich möchte über jedes Detail in Kenntnis gesetzt werden.", nach diesem Satz verabschiedete sich Officer Simpson und ließ uns so allein mit dem Chief.
„Du bist dir sicher, dass du das machen willst?", Michael stand immer noch mit verschränkten Armen da.
„Ich habe schon schlimmeres durchgestanden. Außerdem ist es doch für einen guten Zweck.", beruhigend sag ich ihn an.
„Okay. Du kannst gehen, schreib am besten auf was Eingekauft werden soll.", mit einem Nicken verschwand auch ich aus dem Büro meines Vorgesetzten.
Kyle würde mich umbringen wenn er wüsste was ich vor hatte. Es klang vermutlich blöd aber er dürfte nie davon erfahren was hier in nächster Zeit vor sich gehen würde.
„Können Nolan und ich einkaufen gehen?", fragend sah ich nun meinen Lieutenant an.
„Wir fahren mit der Drehleiter.", mal wieder nickend machte ich mich auf den Weg in die Fahrzeughalle, zog meine Einsatzkleidung über und setzte mich in die Drehleiter auf meinen Platz, während ich wartete, dass auch die anderen sich auf ihren Platz setzen.
Nach ein paar Minuten, wir fuhren schon, nahm ich mein Handy zur Hand und schreib Steph.
M: Heyy, ich wollte mal fragen wie es dir und deiner Familie geht...
Habe gehört du bist noch nicht wieder zurück im Internat.S: Hey... Meiner Familie geht es immer noch nicht besser. Ich würde alles für die $300000 machen aber es ist unmöglich....
M: Was für $300000? Wovon sprichst du?
S: Mein Vater hat ca 100000 schulden gemacht den Rest braucht meine Mom für eine dringende Ärztliche Behandlung. Wenn es so weiter geht und ich mein Stipendium verliere werde ich nie mehr zurück können...😔
M: Warum sagst du mir denn nichts? Ich werde so schnell kommen wie ich kann. Mit meinem Vater werde ich auch reden, die paar Hunderttausend sollten eigentlich kein Problem darstellen...
S: Das kann ich nicht annehmen Madison
M: Du kannst nicht nur, du wirst auch. Meine Schicht geht bis 7 Uhr in der Früh ich lasse mich sofort zu dir rüber fliegen.
S: Du musst das nicht tun...
M: Natürlich muss ich. Bis Morgen.
Frustration und Sorge machten sich in mir breit. Warum hatte sie mir denn nichts gesagt? Ich beschloss meinen Vater anzurufen, sobald wir wieder auf der Wache waren. So konnte ich sie doch nicht lassen. Es war unfair, dass ich ohne Probleme alles haben konnte was ich wollte, sie sich aber darum Gedanken machen musste ob sie überhaupt wieder zurück ans Internat konnte oder ob ihre Mutter es auch ohne Medizinische Behandlung schaffen könnte.
„Alles in Ordnung?", Nolan sah mich besorgt an, als wir gerade aus der Drehleiter sprangen.
„Ja natürlich.", ich lächelte ihn leicht an und folgte dann den anderen in Richtung des Supermarktes.
„Lieutenant, du nimmst den Wagen.", schief grinste ich Louis an.
„Das hättest du wohl gern.", lachend schubste er Nolan leicht in Richtung der Einkaufswägen, welcher sich beleidigt einen nahm.
„Okay also wir brauchen ziemlich viel, der Kühlschrank ist echt leer.", schnell ging ich vor in den Laden.
Hier und da warf ich ein paar Sachen in den Wagen, hier und dort warfen meine Kollegen ein paar Sachen hinein. Insgesamt war es ein erstaunlich entspannter Einkauf. Wir lachen viel, machten sogar ein Foto mit einem kleinen Jungen, welcher total begeistert war uns zu sehen.
Ich hatte noch nie etwas so süßes erlebt wie das. Er strahlte übers ganze Gesicht und sprang aufgeregt auf und ab als er uns sah. Lachend kam dann seine Mutter mit ihm an der Hand auf uns zu und fragte nach einem Foto. Da Louis so ziemlich der Mensch auf der Welt war, der Kinder am meisten liebte, gab er natürlich sofort nach und strahlte ungefähr genau so wie der Junge.
Tja und jetzt? Jetzt saßen wir in der Drehleiter und fuhren mit Blaulicht und Sirene zu einem Einsatz.
„Madison, ich möchte, dass du die Maske nicht mehr ab nimmst, bis wir wieder im Auto sind. Das sind gefährliche Gegenden.", Louis sah mich ernst an.
„Ich bin schon mit mehr fertig geworden.", verwirrt sah ich ihn an.
„Zieh die Maske auf.", seufzend tat ich was mir befohlen wurde und stieg dann mit aus dem Wagen.
Vor uns erstreckte sich mal wieder ein Einfamilienhaus, welches nicht nur auf Grund der Flammen heruntergekommen aussah. Drogenhäuser waren hier in Chicago fast schon Alltag, dass aber ein ganzer Block so aussah kam seltener vor. Und ja, tatsächlich, ich verspürte Mitleid. Vor allem als ich sah welche Menschen neugierig aus den Fenstern sahen. Kinder, Jugendliche, Junkies. Es zerbrach einem das Herz sich hier umzusehen. Louis lag falsch. Das hier war keine gefährliche Gegend. Es war eine bedauernswerte Gegend.
Stumm lauschte ich dem Befehl meines Lieutenants. Ich sollte mit ihm, Nolan, Michael und Grazia rein. Die anderen sollten belüften und schon mal das Löschen vorbereiten. Wie immer befolgten wir unseren Befehl und kurze Zeit später fand ich mich zwischen fast 1000 Grad heißen Flammen wieder. Beängstigend für außenstehende. Selbst ich konnte nicht leugnen, dass wenn ich darüber nachdachte mich eine unangenehme Gänsehaut überzog. Dies war übrigens auch der Grund weshalb man bei einem Einsatz nicht drüber nachdachte sondern einfach machte. Man musste sich an die Regeln halten, Befehle ausführen und Menschen, sowie Tiere vor dem sicheren Tod retten.
Unser Job war es die Lebewesen um uns herum zu beschützen. Koste es was es wolle. Wenn es unser Leben kostete, konnte man wenigstens in Frieden gehen, da man wusste, dass man nicht umsonst gestorben war. Es war ein berauschendes Gefühl unschuldige zu retten. Selbst wenn es keine Unschuldigen waren befreite man sie. Und das alles war nicht umsonst. Es erfüllte einen mit Stolz, wenn zum Beispiel Situationen wie heute beim Einkaufen entstanden. Wenn Kinder einen anstrahlten und fasziniert nach einem Foto fragten.
In dem Moment wenn man in dem dichten Rauch verschwand und das einzige was einen am Leben hielt eine Flasche auf dem Rücken und der Wille zu überleben im Kopf war, wusste man, dass man das Richtige tat. Man wusste, dass man wieder raus kommen wird. Ich wusste, dass Menschen auf mich warten würden, welche mich liebten. Ob tot oder lebendig. Ganz egal. Sie würden einen immer lieben und selbst wenn man irgendwann vergessen sein sollte, dann wusste zumindest ich, dass mein Leben nicht ganz umsonst war.
Diesen Teil widme ich mal wieder @Farina-Chan weil sie in letzter Zeit einfach so viel für mich mal und mich immer wieder, vermutlich unbewusst, zum schreiben motiviert.
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The Girl
Teen FictionMadison Queens wurde verurteilt, sie kommt auf Bewährung raus. Ihr Vater entscheidet jedoch, dass sie auf ein Internat muss. Sie wird mit Polizei-Bewachung dort hin gefahren und gefesselt ins Gebäude geführt. Da es mitten im Unterricht ist, kann sie...