Gutes Benehmen

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Nachdem wir uns die Komplimente unserer Mitbewohner eingeholt hatten, stiegen wir in den Wagen, welchen uns mein Vater zur Verfügung gestellt hatte und fuhren zu dem definitiv viel zu teuren Restaurant.

"Denkst du er wird mich mögen?", mit einem Grinsen blickte ich meinem Freund entgegen. Er war tatsächlich nervös. Kyle Jonson hatte tatsächlich Angst davor meinen Vater kennen zu lernen.

"Er wird dich mögen Kyle. Wenn du der Meinung bist, dass er mich mag, wird er dich sogar vergöttern.", schmunzelnd blickte nun Kyle mich an.

"Du bist verrückt.", ein ehrliches Lachen ließ den vermutlich gepanzerten Wagen erklingen und im nächsten Moment drückten sich zwei Lippen auf meine Nasenspitze, was auch mich augenblicklich ermutigte diesen Abend ohne Vorfälle durch zu stehen.

"Ich hoffe du magst mexikanisch.", unsicher sah ich Kyle an, während wir vor einem der begehrtesten Restaurants Manhattans stehen blieben.

"Natürlich mag ich mexikanisch.", mal wieder lachend stieg er aus dem düsteren Fahrzeug, woraufhin er herum gejoggt kam, mir die Tür auf hielt und mir raus half.

Als ich mich dann elegant bei ihm eingehakt hatte, schritten wir auf den teuren Laden zu. Der Buttler öffnete uns die Tür, führte uns zu unserem Tisch, wo allerdings noch niemand zu sehen war. Würde er dieses Essen versäumen, könnte er sich unsere Vater-Tochter-Beziehung komplett sonst wo hin schmieren.

"Entschuldigt die Verspätung. Der Verkehr war die Hölle.", so Menschlich, wie er gerade wirkte, hatte ich Vater schon Jahre nicht mehr gesehen.

"Schön sie kennen zu lernen Mr Queens.", Kyle stand auf und gab meinem Vater die Hand, welche er nur annahm und nickte.

"Madisons Freund also.", misstrauisch sah Vater ihn an.

"Wie heißt du denn komplett, wenn ich fragen darf?", angespannt sah Kyle meinem Vater entgegen.

"Kyle James Henry Jonson, Sir.", erstaunt sah ich ihn an. Schrecklicher Name.

"Wie habt ihr euch denn kennengelernt?", mittlerweile standen die leckeren aber mickrigen Portionen an Essen vor uns.

"Er ist mein Mitbewohner, Vater", genervt sah ich ihn an. Was interessierte es ihn denn? Was wenn ich ihm auf einer Party meine Nummer gegeben hätte?

"Scheint ein guter Junge zu sein."

"Danke, Sir"

"Nehmt euch ein Zimmer.", murmelte ich vor mich hin, wofür ich von Kyle einen leichten Tritt bekam.

"Gutes Benehmen ist keine Schande, Madison.", mahnend sah mich mein Vater an.

"Vielleicht solltest du ja mal mit ihm ausgehen, wenn du ihn so toll findest.", ich wusste nicht, was genau mich dazu veranlasste gerade das zu sagen was ich dachte aber ich fand es ehrlich gesagt ziemlich befreiend.

"Wie war das?", sauer sah mich mein Erzeuger an.

"Ich sagte, dass du ihn nach einem Date fragen solltest", unschuldig sah ich dem Mann mir gegenüber an.

"Es reicht.", ich sah die Adern an seinem Hals hart raus stechen.

"Du bist nicht meine Tochter wenn du so mit mir redest."

"Wer hat mich denn allein gelassen? Wer hat meine Brüder abgeschoben und wer wollte nichts mehr von mir wissen, weil er sich zu gut dafür war ein verdammtes Telefon zu benutzen?", erschrocken fuhr meine Hand zu meinen Lippen. Hatte ich das gerade tatsächlich gesagt?

"Es tut mir doch leid.", immer noch angespannt traute er sich nicht, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen.

"Kommt mir aber nicht so rüber.", nach den sechs Worten stand ich auf, stieg in eines der vielen Taxen und fuhr zurück zum Hotel. Ich hasste diesen Mann. Ich hasste ihn mehr als alles andere auf der Welt. Entschlossen lief ich zur angrenzenden Bank, nahm meine Karte hervor und ließ mir 300000 Dollar geben. Ich brauchte ihn nicht zu fragen. Es war mein Geld. Mein eigenes, schwer erarbeitetes Geld.

Mit dem Geldkoffer in der einen und meiner Handtasche in der anderen Hand stieg ich in den Aufzug, drückte die entsprechende Taste und fuhr hoch.

"Wie war das essen?", die drei Jungs und Steph, welche sich dazu gesellt hatte, sahen mich abwartend an.

"Dein Geld.", ich drückte meiner besten Freundin den Koffer in die Hand und ging weiter ins Schlafzimmer, wo ich meine wenigen Sachen in die Tasche packte und mein Handy zur Hand nahm.

"Ich bräuchte den nächsten Flug nach Chicago.", mit trockener Stimme sprach ich zu dem Angestellten des Flughafens.

"Um 6:15 Uhr geht der nächste.", tief durchatmend setzte ich mich auf das große Bett.

"Könnten sie mir da ein Ticket buchen? Wie viel kostet es?"

"Natürlich. Welche Klasse möchten sie fliegen?", nun war ich endgültig überfragt. Noch nie zuvor war ich in einem normalen Flugzeug geflogen.

"Welche Klasse würden sie empfehlen?"

"Das kommt auf ihr vermögen an. First Class ist die teuerste aber auch beste. Darauf folgt die Business Class, welche günstiger ist, aber trotzdem reichlich Freiraum bietet. Zum Schluss folgt die Economy Class, welche die günstigste ist aber auch am wenigsten Privatsphäre bietet. Die Economy plus Class wird auf diesem Flug nicht angeboten."

"Dann nehme ich die First Class bitte.", seufzend hielt ich mir die Hände vors Gesicht, als Steph ins Zimmer kam.

"Sicher. Das währen dann 396 Dollar. Melden sie sich dann morgen früh um 5 Uhr beim Schalter und ihr Ticket wird ausgestellt.", erleichtert bedankte ich mich und legte auf.

"Du willst tatsächlich abreisen.", enttäuscht sah sie mich an.

"Ja, genau das will ich.", müde ließ ich mich zurück fallen.

"Wieso?", ironisch lachte ich auf.

"Weil mich niemand hier haben will und ich außerdem arbeiten muss. Du hast dein Geld und fertig.", entrüstet kam Kyle ins Zimmer.

"Ich lass euch dann mal allein.", leise verschwand Steph wieder aus dem Zimmer.

„Nicht dein Ernst", angespannt sah er mich an.

„Ich kann das nicht. Er hat mich allein gelassen, immer und immer wieder. Ich kann nicht einfach so tun als wäre nichts gewesen! Das war ein Geschäftsessen. Da redet man über Geld und... und Geschäfte halt, nicht über meinen Freund.", verzweifelt starrte ich nach draußen in die beleuchteten Straßen New Yorks.

„Und deshalb haust du ab?", fassungslos drehte ich mich nun um.

„Ja. Ja genau deshalb hau ich ab. Morgen um 5 Uhr hole ich mein Ticket und dann fliege ich zurück nach Chicago."

„Was ist mit Steph? Du lässt sie einfach allein."

„Ich habe ihr gerade 300000 Dollar geschenkt! Sie wollte mich nicht hier haben. Du kannst mich mal.", mit einer knallenden Tür ließ ich ihn stehen. Was denkt er denn? Ich habe 300000 Dollar verschenkt und er sagt ich lasse sie allein.

Ich habe sie gerettet. Unterstützt. Wo habe ich sie allein gelassen. Sie wollte mich doch gar nicht hier. Wieso sollte ich also noch hier bleiben anstatt wieder das zu tun was mir spaß macht? In brennende Häuser rennen, Menschen retten halt.

The GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt