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"Deine Mutter denkt doch sowieso schon, wir führen eine geheime Beziehung. Warum nutzt du diesen Tag nicht, um ihnen mal richtig auf den Schlips zu treten? Du bist 29, etwas dagegen sagen können sie schon lange nicht mehr." ~Jakob Schneider

Phil P.O.V

Die Zeit mit Jakob totschlagen war um einiges amüsanter, als ich es mir vorgestellt hatte. Er erzählte mir Geschichten aus seiner Kindheit, während wir gemeinsam aßen. Zum Beispiel, als er seinem größeren Bruder ein Loch in die Wand gehämmert hatte, als beide Streit wegen ihrem Haustier angefangen haben. "Was ist mit dir? Hast du auch Geschwister?" hatte Jakob nach einer Weile des Erzählens gefragt. "Zwei, einen Bruder und eine Schwester." antwortete ich, hoffte eigentlich, er würde nicht noch mehr fragen stellen. Naja, ich unterhielt mich hier mit Jakob, natürlich fragte er weiter. "Sind die vielen Anrufe von den beiden?" 

"Nein, sie..." Ich seufzte, bevor ich fortfuhr. "Sie sind von meiner Mutter. Ich hatte schon überlegt, einfach die Nummer zu ändern, wollte dich damit aber nie belästigen." erklärte ich. "Kein gutes Verhältnis?" fragte Jakob und legte den Kopf schief. "Darf ich mal raten, woran es liegt?" Ich zuckte mit den Schultern und sah abwartend zu ihm auf. "Nur zu." Jakob lehnte sich zurück und sah mich einen Moment nachdenklich an. "Du wirkst nicht so, als wärst du das älteste Kind, wahrscheinlich die goldene Mitte. Fürsorglich und trotzdem immer auf der Hut. Sie erwartet von dir Enkelkinder, aber da du schwul bist, ist das nur durch Adoption möglich und wahrscheinlich willst du keine Kinder."

"Wow, war dein zweiter Berufswunsch zufällig Detektiv?" fragte ich und lehnte mich ebenfalls zurück. "Nö, es war nur sehr leicht zu erraten, nachdem deine Mutter so alarmiert war, als sie hörte, dass du mit nem Kerl zusammen wohnst." grinste Jakob. "Und das mit der goldenen Mitte? Hast du das auch von ihr?" harkte ich nach. "Nein, das hab ich einfach nur geraten, gab ja nur drei Möglichkeiten." Stolz lächelte Jakob. Zu sagen, mir schmolz das Herz, als er so lächelte wäre nicht richtig, mir wurde eher warm. Ich teilte seine kindliche Freude, musste aber keinen völlig überdrehten Puls befürchten.

"Mein Bruder ist älter als ich." bestätigte ich schließlich und räumte unsere Teller weg. "Krieg ich einen Preis dafür, dass ich das so gut entschlüsselt habe?" grinste Jakob. "Du darfst dir selbst auf die Schulter klopfen." "Ich hätte da eine viel bessere Idee!" fragend drehte ich mich wieder zu ihm um. "Ist deine ganze Familie dir gegenüber so oder ist es nur deine Mutter?" fragte Jakob und stand auf. "Mit meinem Bruder habe ich lange nicht mehr gesprochen und zu meinen Eltern versuche ich so wenig Kontakt wie nur möglich zu halten. Meine Schwester hast du beim Einzug getroffen." 

"Diese kleine, die mit der Gothic Braut da war?" fragte Jakob. "Dunkle Haare und Lederjacke sind für dich Gothic?" erwiderte ich amüsiert. Jakob zuckte mit den Schultern. "Absolut nicht mein Bereich, ich hab keine Ahnung davon." lachte er. Wahrscheinlich ist jetzt der beste Zeitpunkt, um ihm von Neujahr zu erzählen. "Meine Eltern haben uns alle drei eingeladen, mit ihnen Neujahr zu verbringen, bei ihnen." erzählte ich. "Ist doch gut, aber allzu begeistert siehst du davon nicht aus." Ich nickte. "Sie haben wohl auch gesagt, dass man einen Gast mitbringen soll. Das heißt, sie erwarten, ich bringe eine Frau mit."

"Hast ihnen nie gesagt, dass du nicht auf Frauen stehst?" fragte Jakob. "Doch, aber meine Familie ist sehr kontrovers. Ich werde zwar akzeptiert, aber das auch nur, solange ich keine Beziehung mit einem Mann eingehe." "Dann weißt du doch, was du zu tun hast." Fragend hob ich eine Augenbraue. "Na, du schleppst ihnen einen Typen an und zeigst ihnen die schwulste Beziehung aller Zeiten. Wenn deine Eltern von dir erwarten, dass du dich für sie veränderst, oder dich zu etwas zwingst, dann haben sie das Recht, deine Eltern zu sein eigentlich schon verloren, das ist zumindest meine Meinung."

"Und wenn soll ich da mitnehmen, der sich für etwas bereit stellen würde?" fragte ich. "Mich." Verdutzt sah ich ihn an. "Deine Mutter denkt doch sowieso schon, wir führen eine geheime Beziehung. Warum nutzt du diesen Tag nicht, um ihnen mal richtig auf den Schlips zu treten? Du bist 29, etwas dagegen sagen können sie schon lange nicht mehr." Jakobs Stimme war sanft und er lächelte fürsorglich. Alles, was ich vorhin über meinen Puls gesagt habe nehme ich hiermit zurück. "Außerdem wäre es mir eine Ehre, mal für einen Tag deinen Lover zu spielen." fügte Jakob grinsend hinzu. Das wird auf keinen Fall gut enden.

Roommates | ManXManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt