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"Aber vieles versteh ich immer noch nicht, gib mir bitte ein bisschen Zeit und eine Chance, um herauszufinden, was eigentlich mein Ziel ist."~Jakob Schneider

Phil P.O.V

Kindisch, das war genau das richtige Wort für das, was ich hier abzog. Mit aller Gewalt versuchte ich Jakob eins reinzuwürgen, als ob es in irgendeiner Weise helfen würde. Ich unterhielt mich nicht oft mit den Kollegen hier, konnte mich dennoch in eine kleine Gruppe flüchten, mit der ich mir die Pause vertrieb. "Macht der Spanischkurs eigentlich auch etwas für den Winterball?" Ein nicht wirklich allzu schönes Thema, aber besser als alles andere. "Nein, bisher hab ich keine Pläne und ich bezweifle, dass die Schüler Motivation dafür haben werden." antwortete ich. "Verstehe, natürlich, die meisten der Schüler sind nur hier, weil ihre Eltern es erwarten."

Warum sich sogar das Kollegium auf diesen bescheuerten Ball freute konnte ich nun wirklich nicht nachvollziehen. Jakob sah ich aus dem Augenwinkel immer mal wieder an mir vorbeilaufen. Er wirkte viel leiser als sonst, aber wenn ich jetzt wieder anfange, mich um ihn zu sorgen breche ich aus diesem Teufelskreis wohl wirklich niemals aus. Ich muss mich auf meinen Unterricht konzentrieren. Neben Spanisch- gab ich auch Englischunterricht für die jüngeren Klassen. Dieser ganze Stress machte mich müde, emotional müde. Deswegen war ich wahrscheinlich auch wahnsinnig froh, als ich das Schulgebäude endlich verlassen konnte.

"Phil!" Wieso sollte mir auch Erholung gegönnt sein. Jakob stand an meinem Wagen. Er hatte eigentlich eine Stunde früher aus als ich, also ist er entweder nochmal hergekommen oder hat tatsächlich gewartet. "Die Freundin deiner Schwester hat ein paar Sachen von dir geholt, aber einiges vergessen." erklärte er und hielt mir seine Sporttasche hin. "Ich will mich nicht mit dir streiten und ich hab durch Hilfe auch verstanden, was ich falsch gemacht und gesagt habe." erklärte er. "Aber vieles versteh ich immer noch nicht, gib mir bitte ein bisschen Zeit und eine Chance, um herauszufinden, was eigentlich mein Ziel ist." bat er ernst.

Ich wollte mich doch auch nicht mit ihm streiten, jedoch kann es doch nie besser werden, wenn ich ihm jedes Mal hinterher renne. "Ich bleibe bis Ende der Woche bei meiner Schwester, danach muss ich schauen, was ich mache." meinte ich und nahm ihm die Tasche ab. Jakob nickte und presste die Lippen für einen kurzen Moment aufeinander. "Es war mir nicht egal." sagte er schließlich aus dem Nichts. Fragend sah ich ihn an. "All das, was wir halt gemacht haben. Es war mir nicht egal, ich hab die Bedeutung dahinter nicht gesehen." Er klang ja fast schon poetisch, wenn Jakob mal wirklich über seine Gefühle sprach.

"Mach mir bitte keine Hoffnungen, wenn du dir selbst noch nicht sicher bist, was du willst Jakob." bat ich. "Ich will mich mit diesem Tom treffen. Deinem Lover." Mein Blick wechselte von müde sofort zu verdutzt. "Wozu?" fragte ich. "Damit er mir erklären kann, was ich nicht verstehe." "Das kann Oliver nicht?" fragte ich weiter. "Nein, so sehr es mich auch stört, er kennt dich besser als ich. Ist das ein Problem für dich?" Kein Feixen, kein Witz, völlig ernst und dennoch sanft sah er mich an. "Wir haben nur zweimal miteinander geschlafen Jakob, wir sind keine Freunde oder etwas in der Richtung."

"Aber trotzdem fühlst du was für ihn, deswegen hast du ja auch geweint, oder?" Dass er es immer noch nicht verstanden hatte versetzte mir mal wieder einen Stich. "Danke, dass du mir die Sachen gebracht hast." meinte ich und öffnete die Fahrertür. "Phil." Zum bestimmt schon dritten Mal an diesem Tag stoppte er mich. "Ich-" Er stoppte, bevor er den Satz überhaupt erst richtig begonnen hatte. "Vergiss es, entschuldige." murmelte er. Naja, was soll ich sagen? In diesem Moment habe ich die Wand, die mir bisher immer als emotionaler Schutz diente durchbrochen und ich wusste noch nicht einmal, wieso ich es eigentlich tat.

Ich legte meine Hand auf Jakobs linke Wange und gab ihm einen Kuss auf die Rechte. "Bis morgen, Jakob." murmelte Ich so unverständlich, dass ich selbst nicht einmal mehr verstand, was ich eigentlich sagen wollte, bevor ich in mein Auto stieg und losfuhr. Während den letzten Sekunden hatte ich stark die Luft angehalten, was ich jetzt schmerzhaft zu spüren bekam. Für einen kurzen Moment hatte ich mir eingebildet, etwas in seinem Gesicht gesehen zu haben. Einen Ausdruck, den er zuvor noch nie gezeigt hat. Ich hatte mir eingebildet, seine Hände so stark zittern zu sehen, wie es normalerweise meine taten.

Roommates | ManXManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt