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"Du bist nicht froh, mich zu sehen, stimmts?"~Tylor Jäger

Phil P.O.V

Jakob sah mich verdutzt an. "Ich warte im Auto, amüsier dich hier weiterhin." murmelte ich und wollte weitergehen, aber Jakob hatte meinen Arm nach wie vor nicht losgelassen. "Du musst mit ihm reden Phil." meinte er. "Jetzt ist kein guter Zeitpunkt dafür." "Wann dann? Willst du hoffen, dass ihr euch zufällig im Café begegnet? Du hast jetzt die Chance mehr über deinen Bruder zu erfahren und mit ihm sprechen zu können. Er ist deine Familie!" Er hatte natürlich recht, aber für Jakob ist das ja auch so leicht. Er hat ja nicht mitbekommen, wie wir alle groß geworden sind. 

Ich zögerte, aber gab schließlich nach. Ich spürte, wie mein Herz mit jedem Schritt schwerer wurde. Mein Bruder stand breit grinsend auf der Bühne und sang. Mit den kurzen Haaren und der Gitarre um den Hals sah er schon wirklich wie ein Erwachsener Mann aus. Er beendete seinen Gesang und legte die Gitarre ab, ehe er wieder zum Mikro ging. Ich hatte mich wieder auf meinen Platz gesetzt, sah angespannt zu, wie Tylors Grinsen langsam verschwand und sein Gesicht trauriger wirkte. Er stand ganz alleine auf der Bühne, ohne Band oder sonst jemanden. Seine nächsten Worte gruben sich direkt in mein Herz.

"Listen, I try to be a good men, I try to be a real men.

But how can I be a man if you can't love me for who I am?

Mama, Papa, why can't you love me?

Why can't you want me?

I couldn't be what you wanted me to be.

I try to be a good men, I try to be a real man.

But how can I be a man if I run away every moment I can?

Why do I run away the second a day seems gray?

Brother, I know I've hurt you, I know I've lost you.

I couldn't stay, but I couldn't leave, so tell me, what should I  do? 

Sister, I know you needed me, I know you wanted me to be there for you

You're the reason I still fight, you're the reason I still smile!

And I hope, someday I can be your brother again, old-style."

Ich kannte den Text. Ich kannte ihn, weil der Zettel, auf dem diese Zeilen standen das letzte war, was mein Bruder noch da gelassen hatte. Direkt auf dem Schreibtisch lag er damals. Er machte einen Schritt zurück, die Zuschauer applaudierten ihm. Zum zweiten mal stand ich nun auf. Diesmal lief ich aber nicht von der Bühne weg, ich lief direkt darauf zu. Tylor ging wieder nach hinten und der Vorhang schloss sich. Ein Sprecher kündigte den nächsten Sänger an, aber das interessierte mich nicht. Hinter dem Bühnenbild gab es eine kleine Treppe. Tylor saß dort, in seiner Hand eine Wasserflasche. Ich stellte mich ein paar Meter von ihm entfernt hin, verschränkte meine Arme und sah ihn einfach nur an. 

Tylors Blick ging langsam zu mir, seine Augen weiteten sich und er sprang auf. "Phil!" Die Wasserflasche fiel zu Boden, während Tylor mit schnellen Schritten auf mich zukam. "Woher wusstest du, wo ich bin?" fragte er. "Ich wusste es nicht. Es war Zufall, ein Freund brachte mich hierher." antwortete ich. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll." meinte Tylor, er schien wirklich glücklich. "Wie wäre es mit einem Hallo?" schlug ich vor. "Hallo, kleiner Bruder!" grinste Tylor und zog mich in seine Arme. "Du bist nicht froh, mich zu sehen, stimmts?" fragte er und löste sich wieder von mir.

"Ich hatte nur gehofft, es müsse nicht an einem Platz wie diesem und nach so langer Zeit sein." antwortete ich. "Ich bin wohl wirklich kein guter Bruder." Stimmt, aber das warst du eigentlich noch nie. "Lea meinte, ihr beide redet nicht mehr miteinander." merkte ich teils neugierig, teils skeptisch an. "Ja, wir hatten telefoniert und uns wegen meiner OP gestritten, danach hab ich mich eine Weile nicht mehr gemeldet." gab Tylor zu. "Ist dir schonmal in den Sinn gekommen, dass deine Schwester sich einfach nur Sorgen um dich macht?" fragte ich. "Bist du etwa hier, um mir Vorwürfe zu machen?"

"Vorwürfe? Nein, ich muss dir nichts vorwerfen. Du weißt, was du getan hast." antwortete ich ernst. "Phil, was hätte ich tun sollen? Zuhause war ich eingesperrt! Ich musste so schnell wie möglich weg!" Sauer packte ich meinen Bruder an der Kleidung und brachte uns beide zu Boden. "Als du gegangen bist hast du aber nicht nur Mama und Papa verlassen, sondern auch mich und Lea! Wir haben dich beide gebraucht!" zischte ich. "Ich musste für Lea in dieser Zeit da sein, weil du einfach weggelaufen bist! Dir war es völlig egal, wie es mir dabei ging!" Tylor sagte nichts. Stumm sah er mich an. "Wirst du zu Silvester zu ihnen gehen?" fragte er schließlich. 

Roommates | ManXManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt