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"Meine Eltern würden einen Herzinfarkt kriegen, wenn ich dich vor ihnen küssen würde."~Phil Jäger

Jakob P.O.V

Ich weiß noch sehr genau, wie hibbelig ich auf der Fahrt zu seinen Eltern war. Die letzten Tage vor Beginn der Ferien war eine Katastrophe, ich konnte mich keine Sekunde mehr auf meinen eigentlichen Unterricht konzentrieren. Zumindest waren sie auch unspektakulär gewesen, ansonsten hätte ich wahrscheinlich ein Problem gehabt. Während der gesamten Autofahrt hatte ich meine Hände überhaupt nicht unter Kontrolle. Ich hielt mich immer wieder an meinem eigenen Sitz fest, strich mir nervös durch die Haare oder legte meine Hand auf Phils Oberschenkel, der sich jedoch völlig entspannt auf das Fahren konzentrieren konnte. "Sei nicht so nervös. Du tust ja gerade so, als seien sie etwas besonderes." hatte er nur spöttisch gemurmelt.

Ich hatte mich dagegen entschieden, ihm zu versuchen, das Ganze gut zu reden. Stattdessen hatte ich stumm weiter gewartet, bis wir schließlich dort waren. Phil stoppte den Wagen an einer Nebenstraße und lehnte sich seufzend zurück. Die Fahrt war nicht sonderlich lang gewesen, maximal eine Stunde, aber sogar ich spürte, dass Phil die Nerven blank lagen. "Es sind nur ein paar Tage Phil." versuchte ich es schließlich doch. "Ich weiß, und trotzdem fühlt es sich an wie zurück ins Gefängnis." meinte er leise. "Gab es denn wirklich gar nichts gutes an deiner Kindheit?"

"Doch, natürlich gab es das. Ich hatte einige schöne Momente, aber das schlechte hat ab meinen Teenager-Jahren einfach überwogen." antwortete er nur und schnallte sich ab. "Meine Eltern würden einen Herzinfarkt kriegen, wenn ich dich vor ihnen küssen würde." bemerkte er fast schon amüsiert. "Dann halten wir uns wohl lieber bedeckt." lächelte ich und lehnte mich Phil entgegen, woraufhin er einen Schmollmund zog. "Immer, wenn wir es schaffen das zwischen uns wenigstens halbwegs zu klären kommt uns irgendwas dazwischen." murmelte. "Nur für ein paar Tage." lächelte ich, gerührt von seinem süßen Verhalten.

Ich legte meine Lippen auf seine und schnallte mich ab. Er verschränkte seine Hand mit meiner und schnallte sich mit der anderen ebenfalls ab. "Wir müssen zu deinen Eltern." summte ich fröhlich, als ich spürte, wie Phil gieriger wurde. Er seufzte und nahm seine Hände wieder zu sich. "Du bist perfekt darin, die Stimmung zu ruinieren." beschwerte er sich. "Natürlich, irgendeiner muss die Grenzen doch sehen." witzelte ich und stieg aus. Das Haus von Phils Familie lag zwischen einigen anderen. Es sah von außen ganz gemütlich aus, ein normales Dorfhaus eben. "Sei gewarnt, sie werden dich nicht mit offenen Armen begrüßen."

Naja, was auch immer ich erwartet hätte, es war das genaue Gegenteil von dem, was geschah. Die Tür wurde aufgerissen und ein circa 1.60 großer Mann sah mich mit angespanntem Gesicht an. "Hallo Papa." Phils Gesicht war ernst, er zerknirschte förmlich seinen Kiefer. "Es freut mich Sie kennenzulernen. Vielen Dank, für die Einladung." meinte ich schnell und hielt ihm meine Hand hin. "Ich hatte damit gerechnet, dass du einen anderen Gast mitbringen würdest." Er sah mich nicht einmal an. Phils Vater hatte sich völlig auf ihn fixiert. "Der Sinn einer freien Einladung ist der, dass ich selbst entscheiden kann, wem ich dieses Chaos einer Familie vorstelle." erwiderte Phil nur trotzig. Au, das kann ja was werden.

Seine Mutter war wenigstens etwas freundlicher. Sie begrüßte mich, hielt mir ihre Hand hin und lächelte dabei sogar, wenn ich nur für ein paar Sekunden. "Sind die anderen schon da?" fragte Phil und legte seine Jacke ab. "Nein, deine Schwestern sind noch nicht da." Phils sowieso schon strenger Gesichtsausdruck wurde nur noch ernster und ich legte meine Hand auf seine Schulter, weil ich wusste, dass er kurz davor war irgendetwas auf irgendjemanden zu werfen. "Soweit ich informiert bin habe ich nur eine Schwester."

Er ging in ein Esszimmer und setzte sich ohne ein weiteres Wort an den Tisch. "Alles okay?" fragte ich vorsichtig mit leiser Stimme. "Natürlich, schließlich bist du doch hier." erwiderte er nur leise. Ich setzte mich neben ihn, darauf bedacht so unauffällig wie nur möglich zu wirken. Mir war es lieber, die beiden ignorieren mich, als dass ich auch solche Konversation beginnen muss. Phil kann einem wirklich leid tun. So gut es seine Eltern auch mit ihm meinen, ihre Vorstellung von seinem Leben und seine eigenen differenzieren sich eben wahnsinnig stark und das scheinen sie nicht zu verstehen. Das werden ziemlich anstrengende Tage werden.

Roommates | ManXManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt