Teil 42

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Mine

Am liebsten hätte ich Herr Becker auf den Beinen angefleht, mich nicht mit ihm zu schicken zu lassen. Erdem konnte ich auf der Arbeit besser aus dem Weg als in Spanien. Ich war schon einmal hier mit Metin und Ayla, es war wirklich wunderschön und somit waren mir ein paar Dinge bekannt. Als wir endlich einsteigen konnte, standen wir beide auf und machten uns auf den Weg. Als wir dann endlich im Flugzeug saßen, schnallte ich mich an, da ich schlafen wollte. Eigentlich wollte ich nicht schlafen, aber seine Nähe brachte mich wirklich um. Teilweise war ich froh, das wir es beendet hatten, aber auch wollte ich es nicht. Ich hatte mich zu sehr an ihn gebunden und es schmerzte, dass er mich so anschaute. Seine Anspielung, dass ich doch die Person wäre für die er nicht seine Familie riskieren wollte, könnte ich kochen vor Wut! Das Arschloch war doch die Person, die mir dieses Angebot gemacht hat und beteuert hat, dass zwischen seiner Frau und ihm nichts lief. Also wie sollte ich etwas kaputt machen, oder allein ein Risiko sein, wenn es doch schon kaputt war? Schon allein der Gedanke dran, ließ mich vor Wut zittern. Zwar schlief ich nicht, aber hatte mich so mit dem Kopf umgedreht, dass ich nicht in seine Richtung schauen konnte und schaute einfach aus dem Fenster. Diese Reise könnte so angenehm werden, aber wir machten uns das Leben schwerer als es schon war. Ich gab Erdem auf, weil ich einfach keine Lust hatte auf einen Streit oder auf irgendetwas was nicht mit der Arbeit zu tun hatte. Als wir in Spanien ankamen, wurde einen sofort heiß, so dass ich meine Cardigan auszog und sie in meine Tasche legte. Meine Sonnenbrille schnappte ich mir aus meiner Handtasche und legte sie mir an, so dass ich glücklich lächelnd zur Sonne schaute. "Können wir gehen?", stellte ich Erdem die Frage, weil er immer noch etwas benommen vor dem Airport wartete. Ich ging einfach auf den netten Mann zu, der ein Schild mit unserem Namen hoch hielt. Lächelnd begrüßen wir uns und setzten uns in das Auto. Wir wurden in ein Hotel gefahren und hatten morgen den ganzen Tag Zeit, was Erdem nicht mitbekam, da er weg gegangen war um kurz zu telefonieren. Wahrscheinlich rief er zu Hause an. Schnell verabschiedete ich mich von dem Mann, der uns hergebracht hatte. Erdem reichte mir einfach stumm die Schlüssel und ging dann auch schon weg. Unsere Zimmer waren nebeneinander. Als ich das Hotelzimmer betrat kam ich gar nicht aus dem Stauen. Man hatte wirklich alles, so kam es mir jedenfalls vor. Das große Bett stand in der Mitte und sah so einladend aus. Bevor ich jedoch mich in das Bett warf, ging ich zu Erdem. Kurz klopfte ich und die Tür wurde sofort aufgerissen. "Was?", klang er wütend und schaute mich auch schon mürrisch an. "Ich wollt-"
"Mine, versteh es. Ich habe kein bock auf das was mir hier haben. Wir sehen uns morgen auf der Arbeit", wollte er die Tür schließen, jedoch hielt ich ihn schnell auf. Ich drückte meine Hand dagegen und widerwillig schaute er mich an. "Du denkst auch die Welt dreht sich um dich. Komm von deinem hohen Ross herunter. Ich finde es sogar gut, dass es beendet ist. Ach und das eigentlich was ich sagen wollte, war dass wir morgen frei haben und dann erst anfangen", drehte ich mich einfach um und ging in mein Zimmer. "So ein Arschloch", nuschelte ich als ich mich umzog und auf das weiche Bett fiel. Ich hatte meine Balkontür aufgelassen, so dass ich während ich versuchte zu schlafen einen wunderschönen Blick hatte und die Stimmen von draußen hörte. Spanien war ein Land für sich und es zu besuchen, war wirklich kein Fehler. 

Am Morgen wachte ich recht früh auf um auch nichts zu verpassen. Noch etwas müde stand ich vom Bett auf und stand ins Badezimmer. Dort sprang ich in die Dusche und entspannte mich auch schon als ich meine nach Erdbeeren riechende BodyLotion verwendete. Da wir auch nah am Strand waren, nahm ich auch mein Bikini mit, damit ich auch ins Meer gehen konnte. Erst hatte ich überlegt, es unter meinem Kleid anzuziehen, aber da ich nicht wusste wann ich genau ins Meer gehen würde, verstaute ich es in meiner Tasche. Meine Haare hatte ich hoch gebunden, da mein Nacken in der Hitze mit meinen Haaren verdeckt würde und somit ich nur noch mehr brennen würde. Glücklich ging ich dann herunter zum Frühstück. Zum Glück sah ich Erdem nicht und wusste auch gar nicht wo er war, interessieren tat es mich nicht. Nach dem Frühstück ging ich auf eigene Faust nach draußen und konnte mir das Lächeln nicht verstecken. Da ich mit Metin und Ayla alle Sehenswürdigkeiten gesehen hatte, vor einem Jahr, wollte ich nicht noch einmal dahin, weswegen ich in der Stadt herum ging. Vom weiten sah ich von Zara und lief glücklich drauf zu. Wirklich so sehr Unterschied hatten sie nicht, aber Frau war eben Frau und auch hier kaufte man eine Menge. Mit voll gepackten Tüten ging ich dann immer weiter in andere Städte. 

Erst am Abend war ich zu Hause und setzte mich auf mein Bett. Meine Tüten hatte ich alle in meinem Schrank verstaut und schaute einfach so Fernseher. Nach dem Schwimmen im Meer und Sonnen auf dem Strand kam ich bei einer Inderin vorbei die Henna Tattoos machte. Das Angebot war verlockend, so dass ich mir eins auf den Rücken machte. Ich ließ die Frau machen und schaute erst später im Spiegel nach dem Ergebnis. Sie hatte verschiedene Muster hin gezeichnet, was als Gesamtbild so schön aussah. "Ayla, ich habe dich wirklich vermisst", gestand ich ihr und zog mir gerade meine Shorts und ein Top an. "Ich möchte deinen Job wirklich haben. Hallo? Du bist in Spanien und wie lange ist noch nicht einmal klar, ey wenn du länger bleibst, kannst du dir eine Wohnung dort kaufen. Ohh, Mine bu coook güzel! (Oh, Mine das ist so toll!)", schrie sie in den Hörer und ich wusste, dass sie die Hände hochhob dabei. "Grüß Metin von mir, Schatz", verabschiedete ich mich und ging nach unten. Das Hotel war wirklich schön und luxuriös, aber nicht so groß. Es waren nicht viele Gäste hier, nicht weil es nicht gut war, sondern weil es einfach für Geschäftsleute gedacht war und nicht jeder hier bleiben konnte. Ich lächelte den Mann an der Rezeption an und ging zum Strand. Es war schon spät, dennoch waren hier einige Leute. Touristen sowie Einheimische. Ich legte mein Handtuch auf den Boden, um mich drauf zusetzten. Auch meine Sandalen zog ich aus und zog meine Beine zusammen, um meinen Kopf auf meine Knie zu legen. So eng umschlungen, schaute ich aufs Meer. Die Sterne waren schon zu sehen, so dass das Meer so schön schimmerte. Kurz als ich meine Augen schloss, blitze ein Bild vor meine Augen, welches aber wieder verschwand. Ich stand vor dem Spiegel in meinem Zimmer. Wahrscheinlich war es eine Erinnerung bei der ich noch zur Schule ging, da mein Schreibtisch voll mit Büchern war. Vor dem Spiegel stehend, wurde mir eine Kette umgehängt. Es war die Kette aus Stein, meine blaue Kette. Etwas traurig umklammerte sie in meiner Hand und stand auf. Ich machte mich wieder auf den Weg ins Hotel und warf mich auch gleich schlafen. 

Die nächsten Tage hatten wir uns alle hier gut eingelebt und auch untereinander Kontakt geknüpft. Erdem war bei der Frauenwelt beliebt und ich bei den Männern, so sah es jedenfalls auf der Arbeit aus. Erdem und ich hatten nie gesprochen und wenn dann auch nur wegen der Arbeit. Wir verhielten uns professionell und schafften so viel mehr als sonst. Der Streit oder das Ende von uns hatte als einen Vorteil, welcher sich aber nur auf die Arbeitswelt auswirkte. Innerlich ging es mir schrecklich. Jeden Abend telefonierte ich entweder mit Ayla oder mit meiner Mutter. Wenn ich sie dann mal nach Dingen fragte, die sich um um meine Vergangenheit drehte, änderte sie das Thema. Ich wusste, dass irgendetwas nicht stimmte, wollte mit so einer Entfernung aber sie nicht zur Rede stellen. Mein WhatsApp hatte ich gelöscht, damit ich nur zu erreichen war, wenn man anrief. Jeden Abend saß ich entweder am Strand oder auf dem Bett und schaute heraus. Auf den Balkon ging ich nicht mehr, da ich dort mal auf Erdem traf und seitdem mied ich den Balkon. 

"Wann wirst du heiraten, Mine?", schimpfte meine Mutter wieder deswegen. Sie wollte endlich, dass ich heiratete und ihr Enkelkinder schenkte, da ich für meine 26 Jahre, ihrer Meinung nach, schon viel zu alt war. "Ich habe keinen Mann gefunden zum Heiraten", lachte ich nur, da ich dieses Thema nie ernst nahm. Auch immer wenn sie es ansprach, stand Mert mit den Worten: "das tu ich mir nicht an" auf und Papa verdrehte nur die Augen und behielt seinen Blick starr auf den Fernseher, während ich mir die lange Rede anhören musste. "Weißt du was Anne, such du mir einen Ehemann und ich komme den heiraten", machte ich Witze darüber, aber hörte ihr Lachen nicht. "Anne, dies war ein Witz", beteuerte ich und betonte das Wort 'Witz' deutlich. "Versprich mich wenigstens, dass wenn ich welche gefunden habe, du sie dir anschaust", bettelte sie und nahm mich gar nicht mehr wahr. "Sowas ist eine ernste Sache, Mama. Bu ne öyle? Sanki mal aliyormusum gibi bakcam, begenirsem alcam. (Was ist das denn? Als ob ich Ware kaufen würde, wenn es mir gefällt, soll ich es nehmen)", stieg die Wut bei mir. Ich mochte dieses Thema gar nicht und wusste auch nicht, warum sie seit paar Wochen so sehr wollte, dass ich heiratete. "Das Thema ist fertig. Ich muss auch sowieso auflegen und schlafen", verabschiedete ich mich und warf mein Handy auf das Bett. Nicht bevor ich wusste, was alles in der Vergangenheit passiert war, wollte ich nicht heiraten. Die paar Jahre die mir fehlten, die wollte ich wieder haben. 

Das Schicksal lenktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt