Teil 45

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Die Blume, die mit Gewalt gebrochen wurde, verliert ihren Duft.

Erdem

Ein Arbeitskollege holte mich vom Flughafen ab und fuhr mich nach Hause. Dankbar lud ich ihn noch auf einen Kaffee ein und da er den türkischen absolut liebte, blieb er liebend gern. Außerdem verstand er sich mit Eren gut und auch mein Sohn mochte ihn. Somit trug ich meinen Koffer rein und hörte auch schon die Stimmen meiner Frau und meinem Kind. Sie stürmten in den Flur und hießen mich herzlich willkommen. Als sie dann Dirk sahen, freute sich Eren noch mehr und mein Kollege nahm ihn sofort auf den Arm. Zog die Schuhe aus und lief mit ihn ins Wohnzimmer. "Askim, bereite bitte türkischen Kaffee für uns vor.", bat ich Pelin und sofort bejahte sie und verschwand in die Küche. Ich betrat das Badezimmer und machte mich frisch. Heute morgen hatte ich erst geduscht, schließlich war der Akt gestern wirklich sehr dreckig gewesen. Die Stunden verliefen sehr gelassen und als Dirks Freundin anrief, entschuldigte er sich, verabschiedete sich von uns und ich begleitete ihn zu seinem Wagen. "Danke. Hör mal, lass uns bald wieder alle zusammen grillen. Also deine Eltern, deine Freundin und eben meine Familie."
"Hört sich gut an."
"Alles klar, bis dann.", somit stieg auch er in sein Wagen ein und fuhr los.
Die restlichen Stunden vor dem Schlafen gehen verbrachte ich mit Eren, erzählte ihm von Spanien und wie schön es war. Er fiel so langsam in einen tiefen Schlaf und nachdem ich ihn auf die kleine Stirn geküsst hatte, verließ ich sein Zimmer und machte mich selbst bettfertig, um endlich schlafen zu können.

Am nächsten Tag wollte Herr Becker eine Zusammenfassung von den Tagen in Barcelona haben und so tippte ich alles sorgfältig am Laptop ab und lief anschließend in sein Zimmer, um ihm die Mappe abzugeben. Wieder war er zufrieden mit der Arbeit und erkundigte sich auch über Frau Gencel. "Wie Sie es bereits gesagt haben, sie hat Potenzial und ich fühle mich dazu verpflichtet, dieses Potenzial auszuschöpfen. Schließlich ist das zum Wohl der Firma." Diese Antwort freute meinen Chef und er schlug vor, dass wir gemeinsam zu Mittagspause essen sollten. Ich hatte nichts dagegen und so verließen wir zusammen sein Büro. Auf dem Weg begegneten wir Mine die einen Stroßenstrauß in der Hand hielt. Würde ich noch mit ihr in einer sexuellen Bindung stehen, würde ich vielleicht mir in diesem Augenblick wünschen diesen Wichser umzulegen, doch ich hielt mich zurück und hörte meinem Chef zu, lächelte ein paar Mal und plötzlich stellte Herr Becker ausgerechnet mir die Frage: "Frau Gencel ist doch eine attraktive Frau, nicht wahr?"
"Ja, ist sie in der Tat. Deswegen wünsche ich ihr auch das Beste mit ihrem Partner.", blickte ich Mine aufrichtig an und kein Zeichen der Eifersucht war zu erkennen. Es war vorbei und ich hatte es endlich akzeptiert. Nun lag es an ihr, wie sie es ihrem neuen beibringen wollte, dass sie keine Jungfrau mehr war. Altmodische Typen hielten ja noch viel davon. Zum Glück schlug der Chef nicht vor, dass sie mit uns mitkommen sollte und so machten wir uns aus dem Staub. 

Ein paar Tage waren inzwischen vergangen, wir hatten wieder Montag und ich war sehr entspannt. Am Wochenende kam Dirks Familie zu uns und wir hatten einen schönen Tag bei uns im geräumigen Garten. Musik lief im Hintergrund und jeder kam auf seine Kosten. Ich hatte ein wenig meine Frau im Bett verwöhnt. Nein, Sex hatten wir keinen aber trotzdem hatte ich ihren gesamten Körper massiert und ihr überall Küsse verpasst. So wachten wir heute nach so einer langen Zeit wieder nackt im Bett auf. Sie hatte mir sogar Frühstück ans Bett gebracht und mich anstrahlend wünschte sie mir einen guten Morgen. Ich zog sie neben das Tablett an mich dran und knabberte ein wenig an ihrem Hals. "Du bist eine Traumfrau, hoffentlich ist dir das klar.", hauchte ich an ihrem Ohr und sie errötete. Auch nach fünf Jahren Ehe schämte sie sich noch. Gemeinsam frühstückten wir und während ich mich für die Arbeit fertig anzog und meinen Aktenkoffer packte, machte sie Eren fertig, den ich in den Kindergarten brachte, bevor ich selbst auf die Arbeit fuhr. 

Gegen elf Uhr klopfte es an meiner Tür, ich bat die Person herein und Mine trat ein. In ihren Händen hielt sie ein paar Akten und informierte mich seufzend: "Ein Paar Sachen die wir analysieren und prognosieren müssen. Außerdem haben wir morgen wieder ein Treffen mit einem wichtigen Geschäftspartner. Herr Becker wird dich später aufklären." 
Ich sah ihr stumm zu, wie sie alles auf den Tisch legte und den ersten Ordner, einen roten aufschlug und wir uns dann gemeinsam an die Arbeit machten um alles einzustudieren und in den Rechner einzutippen. Nebenbei fragte ich sie, was sie am Wochenende so gemacht hatte und sie erzählte mir von Ayla. "Manchmal habe ich echt das Gefühl,dass ihr Leben seid." Entsetzt blickte sie mir in die Augen, doch lachte los und ich mit. Wir hatten wieder den Draht zueinander gefunden und unterhielten uns über belangloses Zeug, brachten uns gegenseitig zum Lachen und erledigten so die Arbeit mit voller Eifer. "Du bist echt unverbesserlich, weißt du das?", forschte sie gespannt nach und ich nickte frech. "Bin eben ein Arschloch. So sagt ihr Frauen doch zu uns, nicht?" Wieder lachte sie und es freute mich wirklich, dass wir uns langsam besser verstanden. Es war schön so. Wir stritten uns nicht mehr wegen Eifersucht oder sonst etwas, jeder kümmerte sich um seine eigenen Sachen und doch waren wir uns näher als sonst. "Was machst du heute nach der Arbeite? Es gibt einen neuen türkischen Club, den ich gerne besuchen würde.", informierte ich sie und sie schüttelte sich entschuldigend den Kopf. "Vielleicht am Freitag oder Samstag, aber heute nicht."
"Wieso? Hast du ein Date mit Ayla?"
"Ein Date schon, aber nicht mit Ayla. Naja, ich muss jetzt auch los.", sie verabschiedete sich kurz und nahm die Ordner wieder mit. Wir hatten die Mittagspause in meinem Zimmer gemacht, in dem wir ein Kaffee getrunken hatten, den meine Sekretärin gebracht hatte und mehr nicht. Also hatte ich hunger. Ich arbeitete noch ein wenig an meinen eigenen Aufgaben und lief anschließend zu Herr Becker, der mir von dem morgigen Treffen berichtete. Es war ein Kunde, der früher bei uns gearbeitet hatte und noch weitere Tipps für uns und die Firma hätte.
"Ich hab das Gefühl, dass sie Mine und mir immer solche Aufgaben zu teil kommen lassen. Hat das einen besonderen Grund?"
"Ein Türke hat damals meinem Vater dabei geholfen diese Firma zu gründen. Sie waren Geschäftspartner und verstanden sich wirklich gut, bis zu dem Tag an dem er an einer Krankheit starb. Nicht einmal einen Nachwuchs hatte er, weswegen seine Recht auf meinen Vater übertragen wurden und heute bin ich zu 100% hier der Kommandant. Irgendwie möchte ich einen Teil der Firma an einen türkischen Landsmann geben, bei dem ich mir sicher sein kann, dass er sein Bestes für die Firma geben wird."
"Verstehe, danke Sie so denken. Aber das brauchen Sie nicht."
"Doch, tue ich. Ich werde langsam alt und meine Tochter kommt mit so etwas nicht klar. Mein Sohn studiert in Amerika und ich weiß nicht, ob er später zurück nach Deutschland kommen will. Du bist mein Schützling und Mine soll die Frau sein, die dich unterstützt. Ich weiß nicht, aber ich spüre da etwas zwischen euch beiden." Nun lachte ich auf und verneinte: "Sie bilden sich das nur ein. Es ist nichts. Wir arbeiten einfach nur beide sehr gerne und sind zielstrebig."
"Ihr habt die Kompetenzen, die wirklich benötigt werden und ergänzt euch gut.", stellte er fest und ich nickte nur leicht, da ich ihm nicht widersprechen wollte. Anschließend teilte er mir mit, dass ich heute doch mal früher Schluss machen sollte und auch wenn ich verneinte, bestand er darauf, also verabschiedete ich mich von ihm und auf dem Gang begegnete ich einem Mann der dunkelblonde Haare hatte und braun gebräunt. Er war zwei drei Zentimeter größer als ich und trug schlichte Kleidung. Aber in seiner Hand befand sich ein wirklich toller Rosenstrauß. "Ehm, sorry. Do you know where is the room from Miss Gencel?"
"Yes, but..." Genau in diesem Moment öffnete sich Mines Tür, sie lief auf den Mann zu und strahlte: "Merhaba Taner, hosgeldin."
"Hosbulduk canim, bende ingiltereden geldim, hemen seninle bulusim dedim." 
Ich sah beiden zu, wie sie in ihrem Zimmer verschwanden und ohne mir weitere Gedanken darüber zu machen lief ich zurück in mein Zimmer und bat meine Sekretärin meine Post zu bearbeiten. Nicht alles, nur die Standard Briefe bezüglich der Firma. Anschließend verließ ich mein Zimmer und sah wie Mine und dieser Taner lachend an mir vorbei liefen, Richtung der Aufzüge. Da ich kein Problem damit hatte, lief ich auch dorthin und stieg sogar mit ihnen ein. Ständig sprachen sie auf englisch oder türkisch und verstanden sich wohl sehr gut. Gerade als sie unten ankamen, schnappte er nach ihrer Hand, die sie ineinander verschränkten und verließen so die Firma.

Das Schicksal lenktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt