Teil 39

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Erdem

Da ich bei Mine geschlafen hatte, duschte ich gleich am morgen und zog meinen Anzug wieder an. Es war teilweise sogar vorteilhaft bei ihr zu sein, da sie näher an der Firma wohnte als ich. Ich wohnte abseits der Stadt, nicht zentral gelegen. Während der ganzen Zeit über dachte ich an sie, an ihre Antwort, an das mit Cihan und allgemein an die Vergangenheit. Trotzdem ließ ich mich nicht wegen der Arbeit beirren und erledigte alles sorgfältig, bis ich dann um 14 Uhr Schluss machte und einkaufen ging. Ich wollte mit ihr zusammen picknicken und einen schönsten romantischen Tag erleben. Außerdem war mein Ziel sie so lange wie nur möglich bei mir zu behalten. Das hieß, ich wollte sie daran hindern morgen mit diesem Bastard zur Hochzeit zu gehen.
"Und ich freue mich auf jede Sekunde mit dir.", zwinkerte ich ihr charmant zu und breitete die Decke aus, um den Korb und alles andere darauf zu platzieren.
Anschließend legte ich mich drauf und sah wie sie ihren Körper zum Takt der Musik bewegte. Sie schien ausgelassen zu sein und dies freute mich.
Nach einer kurzer Zeit legte sie sich zu mir und ihre Hand lag an meiner Wange. Wir blickten uns lange in die Augen und plötzlich gestand sie: "Manchmal kriege ich einfach das Gefühl, dich mein Lebenlang zu kennen. Du kommst mir so vertraut vor, dass ich mir wirklich wünschte, dass auf dieser Welt nur wir beide existieren würden."
"Du bist verliebt oder kurz davor dich zu verlieben.", merkte ich an und sie schlug mir mit der freien Hand gegen den Bauch und schüttelte den Kopf. "Ich glaube nicht, dass sich ein Mensch so schnell verlieben kann."
"Stimmt, wenn du mich lieben würdest, würdest du nicht mit diesem Cihan feiern gehen, obwohl du ganz genau weißt, wie mich das provoziert.", gab ich ihr nun Recht und sah ihr dabei zu, wie sie ihr Gesicht verzog. Eine Weile starrten wir uns so an, bis wir uns näher kamen und aus einem einfachen, gefühlvollen Kuss wieder ein Kampf zwischen unseren Zungen wurde und ich mich leicht über sie legte. Jedoch kuschelten wir nur, es kam nichts sexuelles dabei raus. Nach dem leidenschaftlichen Kuss setzten wir uns beide auf und ich nahm Sahne und Erdbeere, sowie Joghurt und andere leckere Sachen aus dem Korb. "Tatli yiyelim tatli konusalim." (Lass uns süß essen und süß reden.)
Mine bejahte und griff sofort nach einem Plastiklöffel um ihren Joghurt zu verspeisen. Nebenbei sang sie immer mal wieder die Lieder mit und schwankte hin und her.
"Bist du besoffen?"
"Nein, nur glücklich.", strahlte sie weit über beide Gesichtshälften und wir verbrachten wirklich wundervolle Stunden gemeinsam draußen in der Natur.

Am Abend fuhr ich sie nach Hause und merkte, dass sie mich diesmal nicht einladen wollte, also stieg ich mit aus und lief ihr nach. "Erdem, wohin?"
"Mine, zu dir."
"Du kannst nicht kommen. Geh nach Hause, du hast deine Familie lange nicht mehr gesehen.", erwiderte sie, jedoch drückte ich sie noch draußen an die Wand und blickte ihr gemeingefährlich in die Augen. "Isine gelirse beni yaninda istiyorsun gelmese gönderiyorsun? Böyle olmaz!" (Wenn du bock drauf hast willst du mich bei dir und wenn nicht, schickst du mich weg? So geht das nicht!)
Immer noch versuchte sie zu protestieren, jedoch ließ ich sie los und wartete darauf, dass sie die Tür öffnete, was sie auch endlich tat.
"Du musst morgen verschwinden."
"Wir werden sehen."
Man merkte ihr an, dass sie mich nicht da haben wollte. "Ach und wenn du dich so um meine Familie sorgst, wieso warst du dann gestern Abend so egoistisch und wolltest das ich bei dir bleibe?" Langsam war sie echt verärgert und ignorierte mich, machte sich bettfertig und setzte sich dann im Wohnzimmer auf die Couch. Ich mich zu ihr und fügte hinzu: "Ist Cihan dir so viel mehr wert als ich?"
"Das hat nichts mit ihm zu tun. Sagen wir es so, ich bin mir selbst mehr wert, als du es mir bist. Ich bevorzuge mich dir."
"Du bist wirklich das aller Letzte.", schüttelte ich den Kopf und war froh, dass sie nicht wieder ein Radau machte. Sie blieb nur sitzen und fragte: "Wann gehst du endlich?"
"Wenn ich jetzt gehe und du morgen auf die Hochzeit gehst, wirst du es bitter bereuen."
Misstrauisch blickte sie mich an und zuckte dann trotzdem mit ihren Schultern. Sie hatte also keine Angst? War bereit sich mit mir anzulegen, nur damit sie ihren eigenen Willen durchsetzte?
Sie dort alleine lassend, verließ ich die Wohnung und setzte mich in meinen Wagen. Ich hätte mich natürlich mit einem Freund oder meinem Cousin treffen können, aber ich tat es nicht. Fuhr einfach in eine türkische Bar und setzte mich dort auf einen freien Platz. Bestellte mir einen Bacardi und ließ es meinen Hals herunter wandern. Dieses Brennen tat wirklich gut und vor allem ließ es mich meine momentane Situation vergessen. Zuhause angekommen war ich schon recht blau und da es schon spät war, war Eren auch nicht auf den Beinen. Dafür Pelin, die mich entsetzt anstarrte und nur besorgt von sich gab: "Geht es dir gut?"
"Pelin, blas mir einen."
Das war das einzige, was ich gerade jetzt wollte. Sie tat es nicht oft, in letzter Zeit überhaupt nicht, genauso wenig heute.
"Du spinnst doch. Geh dich duschen und dann schlafen."
"Willst du mich nicht fragen, wo ich gestern war?", hob ich ne Augenbraue in die Höhe, jedoch verneinte sie und half mir mich ins Badezimmer zu bewegen. Dort angekommen zog sie mich aus und ich duschte schnell, bekam meinen Bademantel von ihr überreicht und legte mich nackt ins Bett. Die Dusche tat wirklich gut.

Den nächsten Tag verbrachte ich mit meiner Familie und schlug vor, dass Pelin ihre Schwester anrufen sollte. Beide hatten nicht den engsten Kontakt, aber heute wollte ich ihr einen Gefallen tun und so tat sie es. Die Schwester kam pünktlich zum Abendessen und wir aßen genießend, unterhielten uns und Eren spielte mit seiner Cousine Autos.
Die Kleine war erst drei und konnte nicht viel reden, aber Eren mochte sie trotzdem. Auch ich verstand mich gut mit dem Mann meiner Schwägerin und wir diskutierten über die Politik. Als es dann zu spät wurde, verabschiedeten sie sich von uns, ich legte Eren ins Bett und freute mich darüber, dass morgen Sonntag war. Endlich wieder richtig ausschlafen. An Cihan und Mine hatte ich kein einziges Mal gedacht. Am nächsten Tag wachte ich erst um elf Uhr auf, wir frühstückten zusammen und anschließend schlug ich vor in den Zoo zu fahren. Mein Sohn freute sich ausgiebig, genau so wie Pelin. Immerhin waren wir trotzallem meine Familie und es war meine Aufgabe sie glücklich zu machen.

Die Zeit im Zoo verlief wirklich lustig und familiär. Wir waren endlich wieder eine Gemeinschaft. Hatten unglaublich viel Spaß und lachten oft. Am Ende saßen wir in einem türkischen Restaurant und ich fütterte Eren, während Pelin von uns ein Bild schoss. Generell hatten wir viele Erinnerungsfotos aufgenommen. Als ich mich wieder neben meine Frau setzte, nahm Eren mein Handy und machte auch ein Bild. Es sah wirklich gut aus. Pelin war eine hübsche Frau und zusammen ergaben wir ein süßes Pärchen. Wir saßen nur nebeneinander und ihr Kopf war an meiner Brust angelehnt. Die Aufnahme war so gut, dass ich das als WhatsApp Profilbild einstellte. Ob meine Ex das sah oder nicht, war mir um ehrlich zu sein egal. Mit ihrer gestrigen Show, hatte sie mich echt auf die Palme gebracht.

Das Schicksal lenktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt