Teil 4

1.1K 39 0
                                    

 Mine

"Sicher?", fragte ich noch einmal nach und schaute ihm in die Augen. Verwirrt schaute er mich an und runzelte die Stirn. "Sie haben einen Ring am Finger, sind also verheiratet. Dazu sind Sie ein Arbeitskollege von mir, ich fange nichts mit Leuten an, die ich auf der Arbeit sehe. Auch habe ich heute bereits eine Verabredung. Man sieht sich.", winkte ich ihm zu, während ich schon an der Tür stand. Glücklich über den Tag stieg ich in mein Auto und fuhr in die Bar. Es würde zwar kein langer Abend werden, da der morgige Tag wieder ein Arbeitstag war, aber etwas konnte man sich genehmigen. "Mine!", schrie auch schon Ayla, als ich die kleine Bar betrat. Sie hatte bereits einen Sektglas in die Höhe gehalten und drückte es mir sofort in die Hand, als ich bei ihr ankam. "Auf leerem Magen also. Ich glaube, dass du mich heute betrunken machen willst.", lachte ich und setzte mich zu ihr. Meinen Blazer hing ich über den Stuhl und meine Tasche legte ich auf den Sitz neben mir. "Wie war eigentlich dein Arbeitstag? Hast du gut aussehende Kollegen?", zwinkerte sie mir zu und nahm ein bissen von ihrem Salat. Wir hatten uns etwas leichtes bestellt auch weil wir in einer Bar nicht gerade viel Auswahl hatten, aber auch nicht wirklich so einen großen Appetit. "Ich gehe dahin, um die Miete zu bezahlen, nicht um mir einen Kerl zu finden, der die andere Bettseite ausfüllt", gab ich ihr die Antwort auf ihre Frage. "Irgendwann wird doch auch der kommen.", sagte sie und spielte an ihrem Handy herum. "Irgendwann", murmelte ich vor mich hin und konzentrierte mich auf meinen Salat, während Ayla mit Metin schrieb. Ihrem Freund baldiger Verlobter. Beide waren schon seit vier Jahren zusammen, aber irgendwie ließ sich Metin Zeit mit dem Antrag. Es lag nicht dran, dass er sie nicht liebte oder gar keine Zukunft mit ihr vorstellte, aber irgendwie machte er ihr keinen Antrag. Die gemeinsamen Freunde von Ayla und Metin hatten schon Wetten über die beiden ausgemacht, wann sie denn nun heiraten würden. Zwar hielt ich mich zurück, konnte mir aber nie ein Lachen verkneifen. Natürlich wusste Metin nichts von den Wetten. Er würde uns zurecht schneiden und anschließend essen. Ayla nahm es aber locker, manchmal sah man ihr an, dass sie auch gerne auch eine Wette eingehen wollte, es aber ließ, da sie immer bei so etwas verlor.

Als wir bezahlt hatten, machten wir uns auf den Weg nach Hause. Da Ayla auch mit dem Auto hier war, fuhren wir mit zwei Autos nach Hause. In unserer Wohnsiedlung angekommen, suchten wir beide einen Parkplatz. Ausgestiegen gingen wir in die Wohnung und schlossen sofort ab. Letzte Woche wurde in eins der Wohnungen etwas weiter eingebrochen. Klar, hier konnte man etwas holen. Man musste nicht wirklich reich sein, um hier zu wohnen, aber man wusste, dass eben hier die Leute mit einem höheren Gehalt wohnten. "Gehst du schlafen oder machen wir noch was?", rief mir Ayla von der Küche zu. "Ich glaube, ich gehe schlafen. Ich bin müde. Dir eine gute Nacht und grüß Metin von mir.", erwiderte ich ihr vom Bad aus. Ich schminkte mich ab und wusch anschließend mein Gesicht. Danach cremte ich es ein und verzog mich in mein Zimmer. Dort legte ich mir erst die Sachen für morgen heraus und schlüpfte danach in meine gemütlichen Bärenmuster Pyjamas. Eingekuschelt im Bett schlief ich dann endlich ein. 

Am Morgen hätte ich beinahe meinen Wecker verpasst, wäre da nicht Ayla gewesen, die in mein Zimmer gestürmt kam. Eilig zog ich mich an und machte mich im Badezimmer zurecht. "Ich gehe dann!", meldete ich ihr und warf die Tür zu. Auf dem Weg zum Auto begegnete ich Metin, den ich kurz umarmte und "zu spät dran" zu nuschelte. Ich warf meine Tasche auf den Beifahrersitz und fuhr schnell zur Arbeit. Auf der Fahrt durften natürlich nicht die Leute fehlen, die nicht fahren konnten und meine Wut enorm steigen ließen. Fluchend fuhr ich zur Arbeit und parkte das Auto schnell in der Garage. Ungeduldig drückte ich auf den Fahrstuhlknopf, was nicht viel brachte, da er durch das ununterbrochene Drücken auch nicht schneller kam. 

Ich hatte es mal gerade noch so geschafft und saß jetzt auf meinem Platz. Ich hatte wie die anderen auch ein Zimmer bekommen. Momentan war es noch weiß und unbewohnt, was sich die Tage ändern sollte. Ich wollte es grün streichen, da dies beruhigend ist und die Eigenschaften Hilfsbereitschaft, Toleranz und Ausdauer fördert. Genau Dinge die man auf der Arbeit brauchte. Ich fuhr den Apple Computer hoch und gab mein Passwort ein, welches ich gestern in die Hand gedrückt bekommen hatte. Sobald ich einen Ordner in die Hand nahm, klopfte es an der Tür. Ein mir unbekannter Mann streckte seinen Kopf hervor und schaute mich lächelnd an. "Frau Gencel, Herr Gül wollte sie sprechen.", teilte er mir mit und verschwand dann auch wieder. Seufzend stand ich von meinem Sitz auf und machte mich erst auf die Suche nach seinem Zimmer. Es waren viel zu viele Zimmer hier und wo er genau war, wusste ich auch nicht. "Entschuldigung, wo ist das Zimmer von Herrn Gül?", fragte ich die zwei Frauen, die in der Küche standen und genüsslich ein Kaffee tranken. "Wieso?", hob die eine ihre Augenbraue, während die andere entschuldigend lächelte. "Den Gang weiter und von hier aus die vierte Tür, sein Name steht drauf.", beantworte mir die eine etwas liebere Version von der anderen. Als ich weiter ging, hörte ich noch von der Zicke, wie sie die andere Nette anmachte. Kopf schüttelnd über so ein kindisches Verhalten machte ich mich auf den Weg zu ihm. Ohne zu klopfen stürmte ich in sein Zimmer und setzte mich hin. Er telefonierte noch und starrte mich unglaubwürdig an. "Was?", fragte ich, als er aufgehört hatte zu telefonieren. "Vielleicht war ich nicht in einer passenden Lage und du kommst einfach so rein!", klang er mehr als nur wütend. "Wer nach mir ruft, muss damit rechnen, dass ich komme. Also tun Sie nicht so, als ob Sie nichts von meinem Kommen wussten", zischte ich ihn an und verdrehte noch die Augen. "Herr Becker fand ihre Ideen gestern gut und hat uns beide beauftragt es gemeinsam fertig zu stellen. Natürlich noch einmal zu präsentieren", klang seine Stimme mehr als genervt. Ihm passte es nicht, was mir ein Lächeln verschaffte. Ich weiß nicht wieso, aber dieser Typ kam mir so unsympathisch rüber. "Hey! Meine Augen sind hier oben, nicht da unten!", fuhr ich ihn an und knüpfte ein Knopf meiner Bluse zu. Mürrisch starrte ich ihn an und nahm ihm die Mappe aus der Hand, die er mir reichte. "Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich kleine Notizen am Rand mache?", fragte ich ihn ganz lieb, da ich es selber hasste, wenn man dies bei meiner Arbeit machte. Er wedelte nur mit der Hand und schaute nicht mal auf von seinen Sachen, was für mich ein klares "Ja" war. Ich hatte überlegt wieder in mein Büro zu gehen, aber da wir dies zusammen machen sollten, lehnte ich mich gemütlich zurück und zog meine Schuhe aus, die ich unter dem anderen Sitz legte und die Beine auf den Stuhl. Gemütlich hatte er es hier und auch war sein Büro etwas größer als mein. "Könnten Sie so freundlich sein und mir einen schwarzen Kaffee ohne Zucker bestellen?", sprach ich meinen sehnlichsten Wunsch aus, den er mit einem mürrischen Blick entgegen nahm. Genervt nahm er also das Telefon und sprach unsere Bestellung aus, dazu auch seine eigene. Dankend lächelte ich ihn an und wusste wirklich nicht, was dieser Kerl nur hatte. Gestern wollte er noch mit mir Essen gehen und heute schaute er mich so komisch an. So vielsagend. Ich schüttelte meinen Kopf, was mir das Abwerfen der Gedanken verschaffen sollte und widmete mich wieder meiner Arbeit zu. Wobei ich kleine Notizen an den Rand schrieb, hauptsächlich dies was ich gestern auch gesagt hatte. Er hatte es wirklich drauf, nur fehlte ein Blick einer Frau drauf. "Ihr Kaffee, Herr Gül und Frau Gencel.", brachte uns eine Praktikantin unsere Kaffees. Vorsichtig um nichts zu verschütten, machte sie kleine, bedachte Schritte auf seinen Schreibtisch zu. Ich nahm mir sofort meinen Kaffee, meine kleine Droge und trank einen Schluck. "Auu!", schrie ich plötzlich als ich meine Zunge verbrannte. Belustigt schaute Herr Gül zu mir und lachte auch noch. Beleidigt schaute ich zu ihm und biss auf meine Zunge. Ich wusste gar nicht, wie er mit Vornamen hieß, fiel mir gerade ein.

_______________________________________

Momentan ist die Geschichte noch so wie jede andere auch, ABER ihr werdet sehen was noch alles passieren wird. Manche Dinge sind nicht so wie sie scheinen. Der Schein trügt, meine Lieben 

Das Schicksal lenktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt