Es gibt immer einen Besiegten in der Liebe; den der mehr liebt.
Erdem
"Es gefällt mir, wie du auf mich reagierst.", gab ich ihr offen preis. Und löste mich von ihr um das Tisch zu Ende zu decken. Mine sprach nicht mehr, blieb ruhig und wir aßen auch ohne ein Wort miteinander auszutauschen. Nach dem Essen half ich ihr beim Aufräumen und im Wohnzimmer auf der Couch packten wir unsere Notebooks aus und fingen an zu arbeiten. "Das langweilt mich. Können wir nicht mal ein wenig rummachen?", fragte ich sie, jedoch war das eher ein Scherz und nun schenkte sie mir ein abfälliges Lächeln und erwiderte: "Sicherlich nicht! Wir sind nur noch Arbeitskollegen und vielleicht ein wenig Freunde."
"Wie kann man mit jemanden den man liebt, ein wenig befreundet sein? Du weißt ganz genau, dass es zwischen uns keine Freundschaft möglich ist.", erwiderte ich und verschränkte die Arme hinter meinem Kopf. Mine schnappte kräftig nach Luft, blickte mich an und wollte aufrichtig wissen: "Wirst du mich jetzt immer damit aufziehen?"
"Hmm, nein. Nicht unbedingt. Ich geh mal kurz auf die Toilette." Somit stand ich auf und ließ sie vor meinem eingeschalteten Notebook sitzen. Ich musste wirklich mal, also ließ ich mir auch Zeit damit und verschwand sogar kurz in die Küche, um ein Glas Mineralwasser zu trinken. Als ich wieder kam, sah ich wie Mine etwas entgeistert vor dem Laptop saß und sie wirkte total in Trance versetzt. "Mine, was los? Hast du ein Geist gesehen?"
Sie reagierte nicht einmal und sobald ich näher trat, sah ich, was sie sich dort anschaute. Ein altes Bild von uns beiden. Es war Winter. Sie trug eine französische Mütze und ich eine Wollmütze. Wir hatten beide dicke Jacken und Schale an. Wobei meiner von ihr gestrickt wurde. Dort hatte sie noch rote Haare und wirkte noch unschuldig, total verliebt und glücklich. "Wer ist das?", bekam sie nur leise heraus und ich konnte schwören, dass ihre Augen sich füllten. "Mine, das ist meine ehemalige Freundin. Ex. Aber das ist schon so lange her."
"Wieso sieht sie mir so ähnlich?", fragte sie und ich trat näher, nahm mein Notebook in meine Hände und war froh, dass sie nur dieses Bild gesehen hatte und nicht die ganzen anderen. Ich weiß nicht wieso, aber ich konnte diese einfach nie löschen. Ich brachte das nicht übers Herz. So wie sie mich aus ihrem Leben gelöscht hatte, konnte ich sie nicht einmal von den Bildern löschen. "Wieso durchstöberst du überhaupt meine Sachen?", wurde ich nun lauter und sie zuckte zusammen, blickte mir nicht in die Augen und antwortete: "Ich wollte Baby Bilder von Eren sehen."
"Hättest du mich das nicht fragen können? Los, lass weiter arbeiten!"
Mine erwiderte nichts mehr und wir arbeiteten weiter, tippten alles ab, korrigierten die Ordner und um zwei Uhr machten wir Schluss. "Lass den Rest morgen machen, ich hab Bock mit dir nackt einzuschlafen."
"Rede nicht so abfällig mit mir! Du kannst in meinem Zimmer schlafen, ich schlafe dann in Aylas Bett."
"Wieso? Oh man, du bist so langweilig.", beschwerte ich mich spielend und hob sie in meine Arme um sie hoch in ihr Zimmer zu tragen und dort ins Bett zu legen. "Erdem, lass mich los! Ich will das nicht!", verneinte sie immer wieder und stand auch sofort auf, um ihr Bett neuzubeziehen, jedoch hielt ich sie davon ab, nahm ihre Hand in meine und starrte ihr tief in die Augen. "Lass das, ich will in deinem Geruch einschlafen."
"Wenn du unbedingt willst.", kam nur monoton von ihr und ich fragte mich wirklich, wie sie so stark sein konnte, wenn ich versuchte mit ihr zu flirten.
"Wieso lässt du es nie zu?"
"Aus Liebe zu Eren und Respekt zu Pelin.", schluckte sie und nahm ihr Kuscheltier um das Zimmer zu verlassen. Ich hinderte sie nicht daran. War so müde, dass ich mich bis auf die Boxershorts auszog und dann hinlegte. Hoffentlich würde sie nicht versuchen mein Notebook zu knacken und nach weiteren Bildern zu suchen. Ich hoffte auch inständig, dass sie das Bild von uns beiden vergessen würde. Schließlich konnten sich Menschen ähnlich sehen, nicht wahr?Am nächsten Morgen lief ich nur in den Boxershorts ins Badezimmer und machte mich frisch, erledigte mein Geschäft und wusch die Hände und mein Gesicht, ehe ich die Treppen runter in die Küche schlenderte und meine Ex bereits dort am Herd stehen sah. Sie wirkte in Gedanken versunken. "Machst du mir nen Kaffee?" Bei meiner Stimme zuckte sie zusammen und nickte nur knapp, ehe sie sofort zwei Tassen raus nahm und dann sich an die Arbeit machte, uns leckeren Kaffee zuzubereiten. "Hab Pfannkuchen gemacht.", gab sie in Gedanken versunken von sich und ich blieb einfach nur stumm. Freute mich auf das Frühstück, da ich echt total hungrig war. Nach ein paar Minuten setzte sie sich auch hin und wir aßen ganz entspannt. "Wieso schaust du mir nie in die Augen?"
"Weil ich deine Augen nicht mag.", erwiderte sie eiskalt und ich fing an zu lachen. "Das was du für mich empfindest ist keine Liebe sondern Hass, kann das sein?" Sie nickte kräftig mit dem Kopf und sobald wir fertig waren, räumte sie auf. Ich dagegen lief schon mal ins Wohnzimmer und als ich mein Notebook nicht so fand, wie ich es verlassen hatte, konnte ich mir schon denken, was sie versucht hatte zu tun. "Mine, was soll der Scheiß?", fragte ich zornig und starrte immer noch zu meinem elektronischen Gerät. Sie kam sofort und log: "Ich hab nichts gemacht!"
"Lüg mich doch nicht an, man! Du hast versucht da dran zu gehen!" Immer noch versuchte sie es abzustreiten und ich hielt es nicht mehr aus, lief auf sie zu, packte sie an ihren Schultern und schrie: "Yalan söyleme bana!" (Lüg mich nicht an!)
"Es tut mir leid! Ich wollte schauen, ob du noch mehr Bilder hast!"
"Was bockt dich das? Insan insana benzer!" (Menschen sehen sich ähnlich.)
"Wieso kommst du mir dann so vertraut vor? Es geht doch nicht, dass ich freiwillig mich in so einen Mistkerl wie dich verliebe und es sogar zulasse, dass du deine Ehefrau betrügst!"
"Da läuft doch eh nichts mit Pelin! Jetzt halt endlich die Klappe und vergiss das gestrige Foto!", befahl ich ihr und ließ sie los, sobald ich merkte, dass sie Angst bekam. "Ich zieh mich an und dann arbeiten wir weiter." Gesagt getan. Eine halbe Stunde kam ich wieder runter ins Wohnzimmer und wir arbeiteten die Order zu Ende ab. Keine Ahnung wieso, aber ich wollte langsam, dass sie sich wieder an mich erinnerte. Solange dies nicht der Fall war, konnte ich sie nicht bedingungslos lieben. Es fühlte sich einfach falsch an. Wie konnte man eine Frau erneut lieben, wenn sie sich nicht mehr an dich erinnerte? Da spielte es auch gar keine Rolle, dass sie sich wieder in mich verliebt hatte. Liebe sollte etwas sein, was kein Ende findet. Und egal was passiert, die zwei Menschen die Gott vereint hat, durften sich nicht vergessen! Für mein arrogantes und herablassendes Verhalten verabscheute ich mich selbst und noch mehr, dass ich die Frau, die seit fast fünf Jahren an meiner Seite war, sich um meinen Sohn kümmerte betrog. Mine traf keine Schuld, es war die Rachedurst in mir, was mich zu solchen falschen Spielen trieb und umso mehr ich mit dieser Frau zusammen war, umso mehr kam ich mit meinen Gedanken und Gefühlen durcheinander.
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Das Schicksal lenkt
General FictionDie Wege einiger Menschen trennen sich im Laufe des Lebens. Keiner sagt, ob es für immer ist oder für eine begrenzte Zeit. Erdem und Mine treffen nach einigen Jahren aufeinander und durchleben all diese Gefühle wieder. Doch vielleicht war es für bei...