Teil 59

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Erdem

"Erdem, ich würde wirklich sehr gerne mitgehen, allerdings weißt du, dass mein Schwager heute Geburtstag hat und unsere Familie sich immer an Geburtstagen gern versammelt. Ich erwarte von dir auch nicht, dass du mit kommst, weil ich weiß, wie wenig du ihn leiden kannst.", seufzte Pelin auf, nahm mein Gesicht zwischen ihre Hände und blickte mir in die Augen. "Ich nehme Eren mit, ist das okay?" Ich schluckte und nickte nur sanft sie lächelnd anschauend. "Pelin, ich kann nicht in Worte fassen, was für eine tolle und unbeschreibliche Frau du bist."
"Eine, die du immer nur als deine beste Freundin nur mit Gewissen Vorzügen gesehen hast.", strahlte sie mich frech zurück an und küsste meine Wange. "Weißt du, es bedeutet mir viel, dass du dich so um Eren kümmerst."
"Er ist auch ein Teil von mir und natürlich tu ich das."
"Ich sehe es und deshalb geht es ihm inzwischen wieder so gut. Er ist wieder gesund und ich werde das Versprechen, was ich ihm gegeben habe einhalten und mit ihm Fußball spielen. Außerdem fliegen wir doch im Sommer zusammen nach Alanya, schon vergessen?", fragte ich sie, während ich angefangen hatte den dunkelblauen Anzug mit dem weißen Hemd, den mir meine Frau gebügelt hatte anzuziehen. Nach einer halben Stunde war sie auch schon fertig und hatte Eren angezogen und seine Sachen eingepackt. Wir begaben uns zu meinem Wagen und bevor ich zu der Hochzeit fuhr, brachte ich Pelin und Eren zu Pelins Schwester. Natürlich stieg ich mit aus, begrüßte den Schwager und meine Schwägerin, verabschiedete mich von Pelin und meinem kleinen Goldschatz und setzte mich wieder in den Wagen, um loszufahren. Murat war ein guter Freund von mir, den ich schon seit ein paar Jahren kannte. Wir hatten früher zusammen Fußball gespielt in dem gleichen Verein, bis man sich aus den Augen verlor. Nun heiratete mein Großer und die Braut war keine geringere, als Mines Cousine. Ich war wirklich gespannt darauf, wie sich der Abend wohl entwickeln würde. Vor allem aber, wie Mines Familie zu meiner Anwesenheit reagieren würde. Schließlich hatte ich mich damals nicht im guten mit ihr getrennt. Wenn sie sich an unsere gemeinsame Vergangenheit erinnern könnte, würde sie mich durchaus hassen. Wobei sie nicht einmal ein Recht dazu hatte. Immerhin kam die Trennung durch sie. Um auf andere Gedanken zu kommen, schaltete ich das Radio an und sang sogar aus Spaß mit. Sobald ich im Salon ankam, parkte ich auf einen bereits für mich reservierten Platz und stieg mit dem Geschenk in meiner Jackentasche aus. Gutschein im Wert von 500,- €. An der Autoscheibe überprüfte ich noch einmal meine Optik und musste schmunzeln. Trotz der vergangenen Jahre, konnte ich die gleiche Frau wieder und wieder um meinen Finger wickeln und vor allem dieses Parfüm, was ich trug, würde ihr sicherlich bekannt vor kommen, auch wenn es durchaus nicht so teuer war, wie die, die ich heutzutage sprühte. Wie dem auch sei, mit einem eleganten Gang stolzierte ich Richtung Eingang, wo sich inzwischen auch viele Gäste versammelt hatten. Als ich eintrat, erblickte ich Mine, die bei meinem Anblick sprachlos wurde. Einen kurzen Augenblick verweilten wir beide so, bis Sebnem, ihre jüngere Tante strahlend zu mir kam und wir uns mit Wangenküssen begrüßten. "Hallo Erdem, wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Schön das du da bist. Hat Murat dich eingeladen?"
"Nein Sebnemcim, ich bin ohne Einladung extra diese lange Strecke gefahren, um als uneingeladener Gast aufzutreten.", gab ich ihr ironisch zu verstehen, schließlich wussten wir beide, dass ihre Familie mich niemals eingeladen hätte. Mine blickte nur etwas überfordert zu Sebnem und zu mir hin und zurück und fragte dann voller Neugier: "Woher kennt ihr euch?"
"Lange Geschichte, Canim. Erzähle ich dir wann anders.", hackte sie das Thema ab und zeigte mit dem Finger auf die Hälfte, wo die Seite des Bräutigams saß. "Dort findest du sicher noch einen leeren Platz."
"Okay, bis später." Mit diesen Worten lief ich einfach an den runden Tischen entlang und fand sogar einen Platz, wo noch andere aus dem Verein von damals mit ihren Frauen und Kindern saßen. "Erdem, komm zu uns, alter Junger.", rief Timo, und so setzte ich mich zu ihnen. Wir unterhielten uns alle recht entspannt und lachten viel. Die Jungs waren vor der Zeit mit Mine. Vielleicht eine halbe Stunde später traf endlich das Brautpaar ein und begaben sich direkt auf die Tanzfläche. Ich musste gestehen, dass sie sehr gut zueinander passten. Ergaben ein schönes Pärchen. Nach dem ersten Lied wurden alle Paare auf die Fläche gerufen und tanzten miteinander. Ich trank bloß aus dem Glas mit dem Mineralwasser, was ich mir eingeschenkt hatte und beobachtete die Masse, bis meine Augen an dem Tisch hängen blieben, an dem Mines Eltern samt ihrem Bruder und ein paar Tanten und Onkels saßen. Keiner hatte es geschafft Mine damals zu überreden, sich bei mir zu entschuldigen. Mussten stumm zuschauen, wie die Beziehung krepierte.
"Erdem?", hörte ich plötzlich die weiche Stimme ihrer Tante, blickte zu ihr und erst dann realisierte ich, dass der Tisch leer stand. Alle waren aufgestanden und sich irgendwo verteilt. Einige tanzten, andere waren sicher in einem Zimmer, wo sie sich um das Baby kümmern konnten. "Darf ich mich setzen?"
"Natürlich." Sie setzte sich hin und gab direkt zu verstehen: "Warum bist du gekommen, wobei du doch wusstest, wer die Braut ist? Erdem, es ist falsch."
"Es ist auch falsch, dass wir beide all die Jahre immer noch Kontakt haben, du zu mir nach Hause kommst und so tust, als seist du meine Cousine.", entgegenete ich selbstsicher und blickte sie kaltherzig an. "Du hast mir nicht gesagt, dass Mine ihr Gedächtnis verloren hat." Sie seufzte bloß betrübt auf und gestand: "Ich wusste auch nicht, dass ihr in der gleichen Firma tätig seid. Aber lass uns heute nicht darüber reden. Ich verspreche dir, ich werde dir alles bei unserem nächsten Treffen erzählen." Ich nickte nur leicht und schon grinste sie wieder und fragte: "Willst du mich nicht fragen, ob ich mit dir tanzen möchte?" Diese Frau machte mich einfach nur wahnsinnig. Sie entlockte mir ein Lächeln und so kam es das wir gemeinsam auf die Tanzfläche liefen und ebenfalls zu einem der Paarlieder uns bewegten, indem meine Hände an ihrer Hüfte lagen und ihre an meiner Schulter. "Ich hab das Gefühl, dass deine Familie dich umbringen wird.", informierte ich sie und sie lehnte nur ihren Kopf auf die rechte Schulter. "Was ist schlimm daran, wenn ich mit meinem ehemaligem Schwager tanze?"
"Du bist einfach nur verrückt."
"Ja, ich weiß."
Ständig bekam ich die Blicke zu spüren, die mich musterten und mich entgeistert anstarrten, als hätte ich eine schlimme Tat begangen und müsste mich dafür schämen. Nachdem auch ein paar Diashows gezeigt wurden, wir gegessen hatten und die Geschenk-Zeremonie erfolgt war, verabschiedete ich mich von Murat und Mines Cousine. "Danke, dass du gekommen bist.", sprach er aus Herzem aus und ich musste ihm versprechen, dass wir in der Zukunft wieder mehr miteinander zutun haben würden. Gerade als ich raus lief, kam Mine. "Ich will eine Erklärung.", forderte sie mich auf und brachte mich so, dass ich stehen blieb und mich zu ihr umdrehte. "Für was?"
"Warum schaut dich meine Familie so feindselig an? Woher kennst du meine Tante? Erdem, erklär mir, was sich hier abspielt. Ich hab das Gefühl, dass jeder etwas vor mir geheim hält! Ich meine, selbst wenn sie versucht haben, es sich nicht anmerken zu lassen, sie waren alle sehr angespannt, als sie dich erblickt haben und vor allem meine Eltern!" Mine wirkte sehr verzweifelt, ich wusste wirklich nicht, was ich ihr sagen sollte, um sie zu besänftigen. "Ich wünschte, ich könnte dir sagen, dass du es dir nur eingebildet hast. Das so etwas nicht gibt, aber ich hab es auch gespürt, wie sie alle auf mich reagiert haben. Leider, ist es nicht meine Aufgabe dich aufzuklären. Geh zu deiner Familie, frag sie. Sie wissen mehr als ich. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich muss zu meiner Frau und zu meinem Sohn." Meine erste große Liebe hielt inne, in ihrem Gesicht stand der Schock und die Unsicherheit, außerdem merkte ich, wie beängstigt sie war. Mit Recht. Wir alle spielten ihr etwas vor, während sie die größte Schauspielerin unter uns war und mir ihre Liebe bloß vorgemacht hatte. Sie blieb stehen und sah mich an, ich dagegen drehte mich nur wieder um und wollte zu meinem Wagen laufen, doch etwas hielt mich davon ab weiterzugehen. Also blieb ich stehen, lief auf Mine zu, packte ihr Gesicht und drückte meine Lippen verlangend auf ihre. Ein letzter Kuss. Sie erwiderte ihn und ihre Herzschläge waren nicht zu überhören. Sie schlang die Arme um meinen Nacken, bis eine Stimme ertönte. "Mine? Erdem?" Sofort verstarrte Mine, ich löste mich von ihr und blickte zu der Person. "Ja, Sebnem?" Sie eilte zu uns rüber und blickte ungläubig hin und her. "Ihr habt euch eben wirklich geküsst oder hab ich mir das nur eingebildet?"
"Canim, frag deine Nichte. Ich muss jetzt wirklich los. Außerdem glaube ich, dass ihr beide noch so viele andere Dinge klären müsst." Sie wusste was ich meinte, während Mine nur auf den Boden starrte. "Ich wünsche noch einen schönen Abend." Mit diesen Worten stolzierte ich endgültig zu meinem Wagen und stieg ein. Die ganze Fahrt über dachte ich über Mines Familie nach. Darüber wie sie mich angesehen hatten und immer mehr kamen Zweifel auf. Was war passiert, dass Mine unter Gedächtnisverlust litt? Was hatte ihre Familie so urplötzlich gegen mich, während sie mich doch zu der Zeit, als ich ihr Verlobter war, so geliebt hatten? Und warum zum Teufel, hatte ich das Gefühl, Mine trotzallem zurück zu wollen? Gott, was war nur los mit mir?

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So langsam werden Geheimnisse gelüftet..
Hinterlasst den beiden Autorinnen doch ein paar Meinungen da, sie werden sich sicherlich darüber freuen☺️❤️

Das Schicksal lenktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt