Die Zeit mag Wunden heilen, aber sie ist eine miserable Kosmetikerin.
Mine
"Ich sagte doch, dass ich es nicht weiß. Ich komme nicht weg von dir, versuche es, ama olmuyor (aber es geht nicht)", gab ich mein Dilemma bekannt, welches mich plagte. "Weiß es." "Tu ich aber nicht, Erdem. Du bist für mich verboten, aber auch so, naja ich brauche dich irgendwie. Mein Herz schreit nach dir. Wenn das Liebe ist, dann ja, ich bin in dich verliebt und wenn nicht, dann bin ich es nicht. Ich bin mir nicht einmal sicher was es ist was zwischen uns ist. Ich leugne nicht, dass da was ist. Mit dir vergesse ich die Zeit und alles um mich herum, aber das dürfen wir nicht. Wir dürfen nicht alles um uns herum vergessen, weil wir Menschen verletzen. Sehr viele sogar. Unschuldige Herzen brechen. Das was wir haben, wird so viel kaputt machen. Hätten wir gar nicht damit angefangen und diese Anziehung zu einander verborgen, dann wären nur wie dran kaputt gegangen, aber jetzt sind es mehr. Ich rede mir ein auf Abstand zu gehen, aber dann sehe ich dich und schon vergesse ich es. Bu asksa, sana asigim. (Wenn das Liebe ist, liebe ich dich.)"
Unser Gespräch war jetzt auch schon zwei Zage her und wir hatten den Mittwoch. Nach dem ich alles erzählt hatte, war ich aufgestanden und aus der Firma gerannt. Draußen hatte ich mich dann mit einer Tasse Tee hingesetzt und einfach so heraus geschaut. Nachgedacht. Seit Tagen hatte ich zum Glück viel auf der Firma zu tun und konnte somit Erdem aus dem Weg gehen. Zum Glück sahen wir uns auch nicht so, da er einen Auftrag bekam und ich einen. Beide eilten wir den Aufträgen hinterher. 'Ich liebe dich und danke', laß ich die Sms von Ayla und musste grinsen. Gestern hatte ihr Metin den lang ersehnten Heiratsantrag gemacht. Sie war vor Freude beinahe umgekippt, hätte er sie nicht rechtzeitig festgehalten. Dieses Wochenende wollten Metins Eltern um ihre Hand anhalten, weswegen Ayla in ihre Heimatstadt fuhr. So sehr ich auch dabei sein wollte, bekam ich es zeitlich nicht hin. Dafür aber arrangierte ich ihre Cousine, der ich ein Busticket kaufte, damit sie anreisen konnte. "Herr Gül, Herr Becker hat mich gebeten, mich mit Ihnen zusammen zu setzen und uns die Aufträge durch zugehen. Wann hätten sie Zeit?", fragte ich ihn und spielte mit der Schnur des Telefons. Den Mum vor ihm zu stehen hatte ich nicht und verkroch mich hinter dem Telefon. "Wann haben Sie denn Zeit, Frau Gencel?" Wieso muss man auf eine Frage mit einer Gegenfrage antworten? Wie ich es hasste! "Am Wochenende wäre es mir lieb. Da haben wir auch nicht den Alltagsstress. Könnten Sie es einrichten?" Innerlich bettelte ich, dass es doch nicht könnte, auch wenn wir es wirklich besprechen sollten. "Geht klar. Bis Freitag Abend", legte er einfach auf. Perplex schaute ich den Hörer an, denn ich noch in der Hand hielt. "Arschloch", nuschelte ich vor mich hin. "Wie bitte, Frau Gencel?", fragte Nadja, die in meinem Zimmer war und die Order neu einrichtete. "Nichts." Sie runzelte die Stirn, wand sich aber wieder ihren Aufgaben. Ich massierte mir den Nacken, der danach schrie erholt zu werden. Jedoch vom ganzen Arbeiten und dem Vorbeugen, schmerzte er mir so sehr.
Am Donnerstag half ich Metin beim Packen. Seine Mutter war beim Aufräumen irgendwo in der Wohnung und sein Vater bei bekannten. "Ich sterbe", jammerte er und setzte sich auf das Bett. Ich stopfte noch das T-Shirt in die Tasche und schloss sie. "Wirst es schon überleben", versuchte ich ihn zu überreden- zwecklos. "Pf, du hast leicht reden. Ayla hat 2 Brüder und dann noch einen Vater. Du kennst Ismail Amca (Onkel)", aufgebracht ging er sich durch die Haare und vergrub aus Verzweiflung seinen Kopf in seinen Händen. "Ihr seit Jahre zusammen, also werden sie keine Probleme machen!" "Aber heiraten ist was anderes!", schrie er schon fast. "Metin, du nervst echt. Wenn du keine Einverständnis bekommst, entführen wir sie", machte ich mich lustig über ihn, verstummte aber auf seinen wütenden Blick. "Ich werde dich noch sehen", knurrte er mich an und stand auf. Lachend packte ich noch die Geschenke für Ayla ein und brachte die Tasche ins Wohnzimmer. So langsam brachten wir alles ins Auto und draußen verabschiedete ich mich noch von allen und ging nach Hause. So hatte ich meinen Donnerstag verbracht und warf mich auch müde ins Bett.
Am morgen wachte ich früh auf, was ich sofort ausnutzte und unter die Dusche verschwand. Mein Erdbeerenshampoo benutze ich, da ich es liebte, wenn ich in den Tag mit so einem fruchtigen Geruch startete. Meine Haare wickelte ich in ein Handtuch und machte mir in der Küche Frühstück. Mit der Tasse setzte ich mich auf die Couch und schaute mir eine Serie auf dem Laptop an. Erst später bemerkte ich die Zeit und stand in Eile auf. Schnell zog ich mir eine Bluse und ein Rock an. Beim wildem hin und her rennen hatte ich mir meine Tasche sowie Schlüssel geschnappt. Vor der Tür zog ich meine High Heels an und während ich die Treppen herunter ging, knöpfe ich noch die letzten Knöpfe der Bluse zu.
Mit zehn Minuten Verspätung kam ich dann auch endlich an und schon wurde mir von Nadja ein Ordner in die Hand gedrückt. Schlecht gelaunt setzte ich mich auf mein Stuhl, stand jedoch kurz auf und schloss das Fenster. Die Zeit meine Haare zu föhnen hatte ich nicht und durch den Wind hatte ich keine Lust krank zu werden. Meine Haare band ich einfach zusammen und versuchte so gut wie es eben ging meine nassen Haare zu ignorieren, die meine Bluse nass machte, da das Wasser noch etwas tropfte. "Frau Gencel, Herr Seibert ist in der Leitung. Soll ich verbinden?" "Ja, sofort!" Auch wenn ich den Mann nicht ausstehen konnte, war er wichtig.
Eine geschlagene Stunde hatte ich mit Herr Seibert telefoniert, der mal wieder etwas zu bemängeln hatte. Er war ein jahrelanger Kunde der Firma und jeder hat ihn mal immer so weiter gegeben, nur um nicht selber in Verbindung mit ihm zu treten. Dieses mal hatte das Glück wohl mich gepackt. Die Mittagspause verbrachte ich in meinem Zimmer mit Nadja. Sie hatte uns beiden einen Salat geholt, den wir aßen, aber auch nebenbei arbeiteten. Auch wenn sie eine Sekretärin war, war sie ein kritisches Auge, weswegen ich ihr meine Ideen zeigte und mit ihr zusammen es veränderte. "Ich geh dann mal wieder nach vorne", verabschiedete sie sich und schaltete den Anrufbeantworter aus, da sie nun die Telefonate entgegen nehmen konnte. Ich verbesserte meinen Vorschlag und druckte es aus. Zufrieden legte ich es dann in den Ordner, denn ich heute Abend Erdem vorlegen würde. Bevor ich es vergaß, rief ich ihn an und sagte ihm, dass ich früher Schluss machte und er einfach kommen sollte. Mehr besprachen wir auch nicht, was mich glücklich machen sollte, tat es aber nicht. Es weckte das Gefühl der Enttäuschung und Traurigkeit.
Zu Hause zog ich mir ein großes T-Shirt an, welches wohl Mert gehörte und eine Leggings. Aufräumen musste ich nicht, da es sauber war, lag auch dran, dass ich spät von der Arbeit kam und mich dann immer einfach nur ins Bett warf. Da ich Hunger hatte und wahrscheinlich auch Erdem, kochte ich uns etwas. Planlos stand ich erst vor dem Kühlschrank und überlege, was ich machen könnte. Aus dem Kühlschrank nahm ich mir dann Paprika heraus, die ich in die Spüle legte. Dort wusch ich die scharfe Paprika und einmal die normalen, die nicht scharf waren. Ich nahm die Pfanne heraus und warf die klein gehackten Paprikas herein. Mit ein wenig Öl ließ ich es dann anbraten. Seit dem ich denken kann, ist dies mein Lieblingsessen, wenn es ums schnelle kochen ging. Als es an der Tür klingelte, rannte ich schnell hin, machte mit dem Knopfdruck unten auf und hier oben die Tür, ehe ich wieder in die Küche verschwand. "Ich bin hier!", schrie ich, da ich Geräusche gehört hatte. Gerade warf ich das Knoblauch herein und dann die verschiedenen Gewürze, als Erdem kam. "Was kochst du?" "Mein Lieblingsessen. Mal sehen ob es dir gefallen wird", lächelte ich ihn an und widmete mich wieder meinem Essen. "Kannst du Jogurt heraus holen? Wenn wir das rüber gießen, schmeckt es fantastisch!" Erdem half mir etwas und deckte auch den Tisch. Natürlich nicht immer ohne zu fragen wo sich denn nun die Dinge befanden. "Vielleicht gibt es ja noch Nachtisch", schmiegte er sich hinter mich und hauchte es gegen meinen nackten Nacken, wobei ich sofort meine Gänsehaut bekommen. Er streckte sich und holte die Gläser heraus, die über meinem Kopf waren. Ich schluckte nervös und biss mir auf die Lippen. "Mine, ganz ruhig. Es wird nichts passieren", redete ich mir ein, aber in seiner Nähe war ich so verdammt schwach! So hilflos und verwundbar hatte ich mich noch nie gefühlt.

DU LIEST GERADE
Das Schicksal lenkt
General FictionDie Wege einiger Menschen trennen sich im Laufe des Lebens. Keiner sagt, ob es für immer ist oder für eine begrenzte Zeit. Erdem und Mine treffen nach einigen Jahren aufeinander und durchleben all diese Gefühle wieder. Doch vielleicht war es für bei...