Teil 41

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Erdem

Der Sex war alles andere als gefühlvoll und romantisch, so wie die anderen paar Male. Es war hart und ich ließ bei dem Akt meine ganze Wut raus. Trotzdem kamen wir beide und ich war froh darüber, dass sie sich die Pille hat verschreiben lassen, weil ich bestimmt in so einer Situation kein zweites Kind haben könnte. Als wir so nebeneinander lagen und sie mich fragte, ob es nun endgültig aus wäre, antwortete ich mit Eiseskälte: "Bitti. Wahrscheinlich war es ein Fehler, dass ich meine Familienbeziehungen wegen dir aufs Spiel gesetzt habe. Glaub mir, du warst mir in dem Moment als ich das Foto als Profilbild hochgestellt hab, scheiß egal. Wärst du an diesem Tag nicht auf die Hochzeit gegangen, hätten wir diesen Tag wahrscheinlich zusammen verbracht und uns ein paar schöne Stunden gegönnt. Aber so nicht. Frau Gencel, ich lasse mich nicht von einer Frau zwei Mal verarschen." Sie dachte bestimmt, dass ich das erste Mal ihren Geburtstag meinte, aber das tat ich nicht. Ich sprach von der Vergangenheit, daran, dass sie sich nicht einmal als meine Verlobte sich etwas sagen ließ. "Weißt du, selbst wenn wir verlobt wären und du bereit wärst, dein Leben mit mir zu teilen, würdest du immer nach deinem eigenen Kopf gehen. Du bist die Art von Frau, die sich rein gar nichts von ihrem Mann sagen lässt. Ich bin jetzt nur dein Stecher, aber ich kann dir das schwören. Meine Ex war genau so, weißt du wie das geendet hat? Sie hat unsere Beziehung zerstört. Für einen türkischen Mann hab ich ihr viel erlaubt, war mit ihr zusammen feiern, wir hatten vor der Ehe Sex, genossen das Leben miteinander. Das Einzige was ich von ihr wollte war, nicht ohne mich feiern zu gehen und sich nicht ohne mich mit einem Typen zu treffen. Aber wer bin ich denn schon, dass meine zukünftige Frau auf mich hört?"

Mit diesen Worten stand ich auf und zog mich an. Auch wenn ich ihr am Anfang eine ganz andere Geschichte bezüglich meiner Beziehungen vor Pelin erzählt hatte, konnte ich diese Sätze nicht in mir behalten. Es sprudelte einfach so heraus. Gerade als ich ihr Zimmer verlassen und Richtung der Wohnungstür gehen wollte, hörte ich sie von oben heulen. Sie weinte einfach los und ich? Ich ging. Es war ein Fehler so ein Spiel überhaupt zu starten. Was hatte ich dadurch jetzt gewonnen? Nur die Einsicht, dass sie sich nicht verändern würde.

Somit hatte diese Beziehung keinen Sinn mehr. Ich musste mit dem Kapitel Mine Gencel abschließen. Ein für alle mal.

Zuhause angekommen wollte ich als aller erstes einfach nur duschen, was ich auch gleich tat und mir dann im Schlafzimmer etwas anzog. Pelin war bestimmt bei Eren, im Normalfall wäre ich auch zu ihnen gegangen, hätte mit meinem Sohn gekuschelt, aber heute nicht. Ich wollte keinen sehen, einfach nur pennen. Ansonsten würde in mir das Chaos ausbrechen, was sich im Hinsicht auf meine Umgebung auswirken würde. Kopfschmerzen plagten mich bei dem Versuch einzuschlafen und deswegen lief ich runter in die Küche, aß ne Kleinigkeit, um daraufhin eine Schmerztablette einzunehmen. Nun wartete ich ungeduldig, dass diese hässlichen Schmerzen verschwanden oder sich wenigstens reduzierten. Auf dem Weg ins Schlafzimmer, sah ich Pelin. "Erdem?"

"Bitte Pelin, heute nicht. Geh und Schlaf bei Eren." Sie zuckte zusammen und nickte, ehe sie in das Zimmer unseren Balgs verschwand und ich mich gemütlich auf das Ehebett legen und einen weiteren Versuch starten könnte. Tatsächlich klappte das auch recht gut und am nächsten Tag machte ich mich für die Arbeit fertig. Mein Bart war wieder nachgewachsen, was ich aber ließ, da mir das einfach einen ernsteren und gefährlicheren Anblick verschaffte. Ohne Bart war ich zwar wirklich für die Frauenwelt ein Schwarm, aber das kümmerte mich nicht sonderlich. "Pelin, bring du Eren in den Kindergarten.", rief ich ihr noch zu, während ich das Haus verließ und in mein Wagen einstieg. Ich liebte dieses Haus, es hatte einen riesen Garten und lag abseits der Stadt. Ein war Kilometer weiter weg, war gleich ein Wald, welchen ich oft im Herbst mit Frau und Kind besuchte. Wieso hatte ich mich wegen Mine völlig aus dem Konzept bringen lassen? Was war nur mit mir los, dass ich sie wieder eine wichtige Rolle in meinem Leben spielen lassen hatte? Wer nicht hören will muss nun mal fühlen. Wie oft konnte ein Mensch den gleichen Fehler wiederholen? Ich wusste es nicht.

Auch wenn ich eigentlich stets ein Lächeln auf den Lippen trug, wenn ich das Gebäude betrat,

so war dies heute nicht vorhanden. Nur ein Kopfnicken meinerseits, ehe ich in den Aufzug stieg und in unserem Stockwerk ankam. "Herr Gül, Sie werden von Herr Becker erwartet.", hörte ich meine Sekretärin rufen und ohne etwas zu erwidern lief ich zu ihm, klopfte an die Tür und trat ein. "Herr Becker?"

"Herr Gül, schön das Sie da sind. Setzen Sie sich doch. Frau Gencel kommt auch gleich."

Allein bei diesem Namen spannten sich meine Adern an und doch ließ ich mir keine Gefühle anmerken. Nicht einmal meinen Hass oder meine Wut war diese Frau mir wert.

Nach geschätzter Ewigkeit kam sie auch rein und setzte sich auf Befehl des Chefs neben mich.

"Ihr seid wirklich tolle Arbeitskollegen, Teampartner. Deswegen habe ich einen weiteren Auftrag für euch. Madrid. Wie ihr wisst ist dort eine Partnerfirma von uns, die uns bei der Expansion behilflich sein wollen. Uns quasi Supporten, allerdings haben sie auch eine Bitte an uns. Sie stecken gerade in einer Krise und eure Aufgabe ist es, sie zu sichern. Ihnen zu helfen, dass sie diese Krise überstehen. Ich gebe euch drei Tage um hier alles abzuschließen. Wer weiß wie lange ihr dort gebraucht wird?"

Innerlich verfluchte ich diesen Mann. Was war sein Problem, dass er uns immer gleich stellte?

"Sollte Herr Gül nicht mit einem erfahrenerem Mitarbeiter diese so wichtige Aufgabe übernehmen?"

"Ich vertraue Herrn Gül, er wird sie in seine Welt entführen. An Ihrer Stelle würde ich mir alles schnappen, was man von ihm lernen kann. Ich sehe bei Ihnen das gleiche Potenzial, was ich damals bei ihm gesehen hatte.", informierte er uns und um mir keine Emotionen anmerken zu lassen, führte ich die Hand an meinen Kinn und massierte diesen.

"Ach und bitte schneiden Sie doch ihren Bart wieder ab. Sieht gepflegter aus.", rief uns der Chef zu, nachdem wir uns bei ihm verabschiedet hatten und auf dem Weg waren, sein Büro zu verlassen. "In Ordnung."

Wieso bestrafte Gott mich mit so etwas?

"Erdem, können wir reden?"

Anstatt diesmal wieder an ihr vorbei zu gehen, blieb ich auf dem Gang stehen, blickte sie teilnahmslos, monoton an und antwortete: "Ja, bitte? Haben Sie noch eine Frage, zu dem was unser Chef Ihnen gesagt hat, Frau Gencel?"

"Nein..."

"Dann verfolgen Sie bitte Ihre Arbeit weiter. Schönen Tag noch."

Die restlichen drei Tage verliefen sehr stressig, da ich sehr viel Papierkram zu erledigen hatte und auch immer mal wieder die wichtigen Kunden besuchte. Da ich die Leitung für die Markttests hatte, erkundigte ich mich auch bei Ihnen wie die momentane Situation stand und gab diese Auskünfte Herrn Becker ab. Die verbleibende Zeit verbrachte ich mit meiner Familie. Nur weil ich wütend auf Mine war, hieß es nicht, dass ich meine Mitmenschen damit bestrafen musste.

Nun standen wir im Flughafen, gaben unsere kleinen Koffer ab und liefen weiter zu unserem Gate, nachdem wir die ganzen Kontrollen überstanden hatten. Während wir dort warteten, bemerkte ich wie Mine mich die ganze Zeit anstarrte. Allerdings sagte sie nichts und ich genauso wenig.

Das Schicksal lenktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt