Teil 48

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Eine schmerzliche Wahrheit ist besser als eine Lüge.

Mine

Es war sowieso ein Fehler her zukommen. Seit ein paar Tagen hatte die Zeit bei mir eingeschlagen in der es bergauf ging, was mit dem Kuss wieder sank. Es hatte mich Überwindung gekostet in Erdems Nähe einfach nur die Arbeitskollegin zu sein. Schließlich reagierte mein Körper anders, nur mein Verstand ließ mich abhalten, was es auch erfolgreich geschafft hatte. Hatte! Den ganzen profosinollen Umgang, denn wir uns seit Spanien aufgebaut haben, war weg. Nur ein Kuss und die Wand zwischen uns zerbrach. Mitschuld hatte ich, und wie! Erst sträubte ich mich, aber dann ließ ich micht leiten. Taner kam mir gerade entgegen, wahrscheinlich war er auf der Toilette. Schnell schnappte ich mir seine Hand und rannte, so gut es auf den Schuhen ging, heraus. "Ne oldu? (Was ist passiert?)", fragte er besorgt, ließ sich aber mit ziehen. "Olan olmus zaten", antwortete ich ihm noch teilweise in Gedanken. "Mine!", schrie ich aufgebracht und rüttelte an mir, was mich so sehr aus der Fassung brachte, dass ich anfing zu weinen. "Taner, ben eve gitsem bana darilirmisin? (Taner, wenn ich nach Hause gehe, würdest du es mir übel nehmen?)"

Zu Hause packte ich meine kleine Tasche und verschwand auch leise aus der Wohnung. Die Tasche warf ich auf die hinteren Sitze des Autos und fuhr nach hause, zu meinen Eltern. Erst gegen 3 Uhr morgens kam ich zu Hause an. Fieberhaft überlegte ich, wie ich meinen Eltern mein kommen erklären sollte, aber dann fiel mir ein, dass ich noch mein Schlüssel hatte. Leise schlich ich mich ins Haus und ließ meinen Koffee im Wohnzimmer stehen. Vorsicht ging ich die Treppen hoch auf Merts Zimmer. Da ich sowieso meine Jogginghose und ein T-Shirt anhatte, legte ich mich zu ihm ins Bett. "Abla?", verschlafen öffnete er seine Augen und runzelte die Stirn, als er mich so sah. Dadurch dass wir es in der Früh hatten, schien schon etwas Licht aus dem Fenster ins zimmer. So sah er dann auch mein hängender Gesicht und meine rötlichen Augen. "Schlaf du", sagte ich und ließ mich von ihm auf seine Brust ziehen. Beruhigt atmete ich seinen Duft ein und drückte ihm einen Kuss auf die Brust. Meine Hände legte ich um ihn und meine Finger krallten sich an sein T-Shirt. Als ich damals alles um mich vergaß, schlief ich mit Mert in einem Bett, weil nur er mir so vertraut vorkam. Er hatte sogar sein Auslandsjahr abgebrochen und war damals gekommen.
Wie ich schon im Flugzeug gedacht hatte, dachte ich auch jetzt noch so über Erdem und mich. Ich hatte gesagt, dass wir wie sie Sitze sind, verbunden, aber mit Abstand. Wir konnten nicht voneinander fern bleiben. Wir hatten diesen Abstand aufrecht erhalten, aber auf der Feier waren wir Plätze vor gerutscht, so dass wir wieder aneinander klebten. Ich versuchte die Schuld an allem auf ihn zu schieben, aber es war sinnlos. Beiden hatten wir unsere Schuld. Nichts geschah gezwungen.

Der unruhige Schlaf hatte mich geplagt, wenn man diese paar Stunden Schlaf nannte natürlich. Dementsprechend sah ich auch aus. Meine Augen die sofort erröteten, wenn ich weinte, sahen schrecklich aus. Dazu sah mein Gesicht auf noch blass und geschwollen aus.

Mittlerweile hatten meine Eltern mich entdeckt und ausgefragt. Zwar log ich sie alle an, wusste aber, dass keiner von den mir auch nur ein Wort glaubten. Während ich am Esstisch saß und auf dem Laptop herum surfte, wusch meine Mutter gerade sie Tomaten für das Abendessen. "Was machst du da?", fragte sie mich beim Vorbeigehen, da das Tuch, welches sie benötige auf dem Esstisch lag. "Logge mich gleich in Facebook an. Vielleicht kann ich alte Freunde finden", berichtete ich von meinem Plan und riss danach auch schon die Augen auf. "Anne, alles okay?", fragte ich sie verzweifelt, da sie wie wild hustete. So schnell ich aufgestanden war, gab ich ihr auch schon Wasser, was sie beruhigte. "Du magst sowas doch gar nicht!", verwirrt schaute ich zu ihr. Sie hatte eben einen Hustanfall und fuhr mich jetzt an, weil ich soziale Netzwerke nicht mochte. "Du wolltest du, dass ich sowas nicht habe. Gefragt hast du nicht einmal", Achsel zuckend schaute ich wieder auf mein Laptop. Ehe ich mich irgendwo einloggen konnte, riss sie mir es aus der Hand und verdonnert mir ihr zu helfen. Was bei ihr los war war mir fremd. Da ich auch selber Probleme hatte, machte ich mir nichts draus.
Nachdem ich ihr geholfen hatte, legte ich mich auf die Decke in unserem Garten. Ich war wohl eingeknickt und stand noch müde auf. Die etwas dünnere Decke, die man mir umgelegt hatte, faltete ich wie die andere auf der ich lag. Mit den Decken ging ich dann wieder ins Haus. Ich verbrachte noch ein paar Stunden mit meiner Familie und genoss es wirklich. Die Blicke die meine Eltern untereinander tauschten, bemerkte ich zwar, sagte aber nichts. Am abend machte ich mich auch schon auf den Weg nach Hause, da ich morgen arbeiten musste und noch eine Autofahrt vor mir hatte.

Im Auto drehte ich die Musik so laut, bis sie meine Gedanken übertönen, worüber ich so dankbar war. Ich fuhr schon eine Stunde und so langsam bekam ich Hunger. Die nächste Ausfaht nahm ich und fuhr in die Stadt herein. Schnell suchte ich mir ein Restaurant und bestellte mir eine Suppe. Das Brot zerkleinerte ich und warf es in die Suppe. Die warme Suppe tat so gut und sättige mich auch schon. Müde stand ich auf und begab mich zum Auto. Zwar sollte ich nicht fahren, wenn die Müdigkeit sich bei mir gemeldet hatte, aber so sehr ich es nicht wollte, so sehr wollte ich einfach nur in meinem Bett sein.
Innerlich verfluchte ich mich, da ich mich Verfahren hatte und in Straßen landete, in der kaum jemand war oder beleuchtet war. Plötzlich kam mir ein grelles Licht entgegen. Ich schaute genauer hin um zu wisse was es nun war, und so sehr ich mich anstrengte, merkte ich nicht, dass es näher kam.

Nur ein Knall und den Geruch von Blut nahm ich wahr. Erschrocken stellte ich fest, dass meine Kopfhaut blutete und mir mein Nacken schmerzte. Bevor jedoch alles von der Bildfläche verschwand, versuchte ich vergebens die Tür aufzuschließen.

Ich hörte lauter Stimmen die ich immer jemanden passenden zuordnen konnte. Aylas Stimme schrie gerade durch die Gegend und meine Mutter weinte. Den Kampf meine Augen zu öffnen, begann ich erst gar nicht. Ich fühlte mich so kaputt und ausgelaugt. Später nahm ich den Druck in der Hand wahr, so dass ich laut, so dachte ich es jedenfalls, aufkeuchte. Der ganze Schmerz durchzuckte mich. Als ich meine Augen öffnete, sah ich den lächelnden Arzt. "Sie sind wach, Frau Gencel." Ich schaute mich im Raum herum und entdeckte Ayla neben mir im Bett kauernd. "Ihre Freundin liegt immer hier so", lachte der Arzt, weil auch ich sie belustigt musterte. "Immer? Wie lange habe ich geschlafen?" "Sie hatten ihren Unfall am Montag. Wir haben den Mittwoch morgen. Ihr Körper hat sich erst jetzt erholen können", teilte er mir mit. "Meine Arbeit", keuchte ich und wollte aufstehen, weckte so aber Ayla und schaffe es wegen der fehlenden Kraft sowieso nicht. "Mine!", schrie sie begeistert und warf sich in meine Arme. "Schmerz", konnte ich nur stöhnen, weswegen sie sich beschämt von mir entfernte, aber nicht mir einen Kuss auf die Stirn zu geben. "Ihre Arbeit wurde benachrichtigt."

"Deine Mutter hat dann bei mir angerufen und sich Sorgen gemacht, warum du nicht Bescheid sagst, dass du ankamst. Dann habe ich ihr gedacht, dass du es nicht bist. Ja, so haben wir dann später die Nachricht vom Krankenhaus bekommen. Ich bin sofort hergekommen wie deine Eltern, die ich aber gestern weg geschickt habe. Naja, deine Arbeit eigentlich nur deinem Chef habe ich Bescheid gesagt, aber erst Dienstag. Die in der Firma hatten sich sorgen gemacht und ja er war froh, dass es dir dann doch besser ging. Ihm habe ich dann gebeten, dass er es niemanden sagen soll", erzählte sie mir alles was in meiner Abwesenheit passiert war. "Wo ist mein Handy?" "Schrott. Bist du dumm Mädchen? Fragt sie einfach nach ihrem Handy nach so einer Situation!", stand sie wütend vom Bett auf und funkelte mich böse an. "Schatz, holst du mir etwas zu trinken und hilfst mir beim Duschen?", sofort lächelte sie wieder und nur kurz konnte ich es erwidern.

Stöhnend warf ich mein Kopf ins Kissen, weil ich gar nicht zurück nach Hause wollte. Der ganze Haufen an Arbeit stapelte sich bestimmt, aber das wichtigste war Erdem, dem ich nicht begegnen wollte. Ich spielte sogar mit dem Gedanken den Arzt zu fragen, ob ich nicht länger bleiben könnte.

Morgen würde ich entlassen sein, weswegen ich schon Freitag wieder zur Arbeit gehen könnte. Ich wollte gar nicht in die Realität und besonders mich nicht den Problemen stellen. Außerdem sah ich schrecklich aus! Flecken überall und Kratzer! "Ist das Leben nicht schön?", trällerte Ayla herum und liebend gerne würde ich sie mit den Blumen füttern, damit sie schwieg. "Und wie", gab ich dennoch bissig von mir.

Das Schicksal lenktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt