Teil 62

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Mine

Nach dem gemeinsamen Abendessen mit Ayla räumten wir etwas auf, auch wenn ich einfach nur müde war und ins Bett wollte. Es war schön sie wieder bei mir zu haben und kurz gab es mir den Anschein als ob wir wieder zusammen wohnen würden. Ich vermisste die Zeit mit ihr, aber wusste, dass sie die Wohnung liebte und gerne mit Metin dort wohnen würde, was ich ihr nicht verübeln konnte. Jeder von uns musste einen bedeutenden Schritt in die Zukunft wagen und ihrer war die Ehe mit Metin. Natürlich führten diese Art von Gedanken nur zu Erdem. Der Gedanke an eine Zukunft mit ihm war wundervoll, aber auch genauso unrealistisch. „Ich gehe dann ja?" Schnell verabschiedete ich mich von Ayla, die es nur so eilig hatte nach Hause zukommen, da sie noch backen wollte für ihre Schwiegereltern. In einer Studie hieß es, dass wenn man fünfzehn Minuten sich nicht bewegte man einfach einschlief. Ob es nun stimmte konnte ich nicht sagen, denn ich wälzte mich im Bett herum. Gedanken konnte man leider nicht abstellen. Wobei ich wirklich alles dafür gegeben hätte. Es war schlimm einfach nur Gedanken zu haben, die einen so sehr quälten, dass einem der Schlaf verweigert wird. Ausrechnen wie viel einem noch blieb bis zur Arbeit war auch nicht wirklich hilfreich. Mit einem „uff" warf ich die Decke von mir und ging zum Fenster hin um sie mir zu öffnen. Von draußen hörte ich nur noch wie jemand stark bremste und wie eine Tür zugeschlagen wurde. Von dort packte mich die Angst, weswegen ich das Fenster nur kippte, anstelle es einfach nur ganz aufzumachen. In der Hoffnung jetzt besser einzuschlafen kuschelte ich mich wieder in die Decke hinein und versuchte mich so gut es ging nicht zu bewegen. Bis ich natürlich ein lautes poltern hörte und vor Schreck wieder aus dem Bett sprang. Ob ich nun ein High Heel in die Hand nahm oder ein Messer, war irrelevant. Beides konnte der Person eine Wunde zufügen, was mir paar Minuten verschaffte um die Polizei anzurufen. Mit zitternder Hand versuchte ich mein Handy zu entsperren und verfluchte innerlich, wieso man einen Code verwenden musste. Doch genau als ich auf den Anruf Knopf drücken wollte, hörte ich mir einen bekannte Stimme, die vor sich hin fluchte. „Erdem?" Nur ein paar kleine Schritte tat ich auf die Tür zu und lauschte auf die weiteren Geräusche die kommen würden. „Mach auf!", schrie er und sofort tat ich es, nicht jeder musste alles hören. Schnell verschwand er im Wohnzimmer, in dem er nicht still stehen konnte und auf und ab ging. „Was ist los?" Den High Heel hatte ich wieder auf den Boden gestellt gehabt und versuchte ihn am Arm festzuhalten. Doch er schlug meine Hand weg und schob mich zur Seite. „Wieso?", fragte er mich wütend und ging weiter durch das Zimmer. „Was wieso? Rede doch einmal mit mir!" „So wie du mit mir geredet hast? Du hast es für dich behalten und mir es einfach verschwiegen!", schrie er und baute sich wütend vor mir auf. „Was sollte ich machen? Dir sagen, dass Cihan deine Frau liebt? Du würdest es mir doch eh nicht glauben." Ich wusste, dass egal was ich sagte, er mir nicht glauben würde. „Wieso stört es dich eigentlich so sehr? Du sagst doch immer, dass sie eine gute Freundin von dir ist und nicht mehr. Cihan hat sich verändert. Er ist ein guter Freund und wird gut auf sie aufpassen. Wieso stört es so sehr? Sag es mir doch einfach!" So langsam war die Geduld bei mir zu ende, weswegen auch ich anfing zu schreien. Es störte mich. Ich gab wenigstens zu was mich störte und er verhielt sich wie ein kleines Kind, welchem man sein Spielzeug wegnahm. „Laber keinen Scheiß. Sie ist mir wichtig. Sie ist die Mutter meines Kindes. Was wird aus Eren, wenn die Bindung zwischen uns zerreißt?" „Dir war diese Bindung egal als du mit mir schliefst und dann wenn sie gehen würde, ist es dir wichtig! Ach komm Erdem, hör auf zu lügen." „Ich kann Eren nicht wieder seine Mutter wegnehmen", murmelte er vor sich hin, dennoch verstand ich ihn. „Wieso wieder?", die Neugier war bei mir geweckt und schnell stellte ich mich vor ihn, da er gehen wollte. „Ist doch egal. Ich muss gehen. Ich werde mir Urlaub nehmen und einfach nur meine Gedanken ordnen." „Das solltest du auch. Du musst dich entscheiden. Lass sie los damit sie glücklich ist. Auch wenn du dir vielleicht deine Zukunft nicht mit mir vorstellen kannst, lass sie los und sie glücklich sein. Wir können doch nicht auf ewig so weiter machen."Er ging einfach und ließ mich so zurück. Dieses Gefühl einfach nicht handeln zu können und zu reden, war schrecklich. Hinterher wollte ich ihm schreien, dass ich es nicht so meinte. Er musste sich nicht entscheiden, aber eigentlich wartete ich nur auf eine Antwort. Ich wusste nicht wie ich es ins Bett geschafft hatte, geschweige denn eingeschlafen war. Einen erholten Schlaf hatte ich nicht, weswegen ich mich am Morgen mit Kaffee zu tankte und mich noch müde auf die Arbeit begab. Auf der Arbeit kam ich dann schlecht gelaunt an, besonders dann als ich an Erdems Tür das Schild „Urlaub" las. Er meinte es ernst. „Frau Gencel, haben Sie kurt Zeit?", fragte mich Nadja, die mir eine Akte hinhielt. Um mich abzulenken, bejahte ich ihre Frage und zusammen gingen wir in mein Büro. Ich nahm einfach jede Arbeit auf mich die ich nur bekam. Die Zeit totzuschlagen war mein Ziel was sich als schwer bewies. „Wann kommt Erdem wieder, Nadja?" Auch wenn ich versucht hatte es so unauffällig wie möglich meine Frage zustellen, zitterte meine Hand. Und wenn man sah, wie ich versuchte meinen Jogurt zu essen, zitterte der Löffel einfach. „Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass er eine Auszeit braucht, wovon weiß ich nicht, aber er klang sehr mitgenommen. Mitgenommen vom Leben." Ganze zwei Monate war er nicht auf der Arbeit. Ich habe weder was von ihm gehört noch ihn gesehen. Nadja wusste auch nichts und unseren Chef wollte ich nicht fragen, da ich keine richtige Begründung hätte. Von Cihan weiß ich, dass er sich weiterhin mit Pelin traf, was heißen musste, dass Erdem mit ihr abgeschlossen hatte. Doch wo war er dann? Voller Kummer hatte ich zugenommen, da ich nur noch alles was ich fand in mich hereinstopfte. Ein kleines Bäuchlein trug ich durch das Leben. „Wirst du morgen kommen?", fragte mich Ayla am Telefon. „Ich weiß nicht, vielleicht schaffe ich es nicht. Du weißt, ich würde gerne kommen, aber mir geht es nicht so gut", gestand ich ihr nach langem zögern. Metin und Ayla hatten sich schon die ganze Zeit sorgen um mich gemacht, weil ich einfach das Essen wieder ausspuckte und dennoch weiter aß. „Geh doch einmal bitte zu Metin", bat sie mich wieder. „Ich gehe nicht zu ihm. Er ist Kinderarzt und nicht allgemein Arzt", versuchte ich mich heraus zureden. „Aber dort in seiner Praxis sind auch andere Ärzte. Eine gute Frauenärztin." „Mir geht es gut, wirklich", beharrte ich nur drauf. „Du wirst hingehen. Mein letztes Wort." Und wenn Ayla diesen Ton hatte durfte man ihr nicht widersprechen. „Hier bin ich eben", unbeholfen stand ich vor Metin, der nur auf seinen Computer schauen konnte. „Ich habe bei Frau Miller dir einen Termin vereinbart. Sie wartet auf dich in Zimmer 404." „Danke, dass du mir ins Gesicht siehst beim Sprechen", murrte ich. „Habe viel zu tun. Los geh!", rief er mir hinterher. „Guten Morgen, Sie müssen Frau Gencel sein?" „Genau." „Setzten Sie sich am besten hin und ich schaue mal nach was wir so haben", erklärte sie mir und nahm schon einmal platz. „Ich habe nicht wirkliche Beschwerden. Ich esse nur viel, was an meinem Stress auf der Arbeit liegt. Naja, mehr habe ich nicht." „Herr Güler, hatte mir erzählt, dass sie auch viel wieder ausspuckten. Ist dies wahr?" Hier verfluchte ich Metin, dass er ihr doch mehr verraten hatte als ich es vorhatte. „Es stimmt, aber ich esse nun einmal viel und dies bekommt mein Magen nicht. So eine Reaktion ist doch normal", gestand ich ihr. „Würden Sie sich bitte auf die Liege legen?" Ich nahm platz auf der Liege und zog mein Oberteil hoch, damit sie einen Ultraschall Bild machen konnte. „Wieso machen wir es? Ich bin doch nicht schwanger", verwundert schaute ich in ihre Augen. „Das ist nur ein Test. Wir schauen einfach nur", sagte sie nur. Manchmal gibt es Momente im Leben die einfach alles ändern. Wenn man zum Beispiel sich für A und nicht für B entscheidet, kann sich schon ein Leben so drastisch ändern, dass man es nicht ahnt. Und genau solche Momente musste man entweder hassen oder lieben. So einen Moment hatte ich genau jetzt. Dieser eine Satz, der Satz der mein Leben so sehr veränderte.

„Sie sind schwanger. Herzlichen Glückwunsch."


Das Schicksal lenktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt