Teil 3

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Erdem

Noch eine Weile dachte ich über sie nach und da ich in diesem Moment für mich selbst Zeit brauchte, nahm ich einfach einen Umweg, weswegen ich auch erst circa zehn Minuten später in der Firma ankam. Respektvoll wurde ich von dem Empfangsherren Herr Storm begrüßt und mit einem charmanten Lächeln wünschte auch ich ihm einen schönen Morgen und lief mit meiner Aktentasche direkt weiter zu den Aufzügen. Immer wieder wurde ich höflich begrüßt und grüßte natürlich auch zurück. Es war inzwischen schon zu Angewohnheit geworden, dass die Kollegen mir so viel Achtung schenkten und mich respektvoll behandelten. Schließlich war ich Abteilungsleiter im Bereich Marketing und Vertrieb. Was natürlich eine wichtige Position in der Firma war.

Es dauerte nicht lange und ich hatte Mine auch schon wieder aus den Gedanken vertrieben. Wahrscheinlich hatte ich es mir auch bloß eingebildet und sie war es erst gar nicht gewesen. Menschen sahen sich nun mal ähnlich.

Mit diesen Gedanken lief ich weiter ins Versammlungsraum, wo wir gleich ein wichtiges Gespräch mit allen Vorsitzenden führen würden. Ich war recht gut vorbereitet und war fest davon überzeugt, dass ihnen meine Idee für die neue Verpackung gefallen würde. Wie dem auch sei, ich klopfte kurz an und drückte die Türklinke runter, als ich geradewegs vor mir eine junge Frau stehen sah, die sich gerade mit meinem Chef unterhielt. Da sie mit dem Rücken zu mir stand, konnte ich ihr Gesicht leider nicht sehen. Erst als mein Chef mich entdeckte und bat näher zu treten, ich das tat, ergab sich eine Gelegenheit dazu und mein Mund klappte auf. Mine!!! Was suchte sie denn hier? Diesmal war es die Realität und keine Verwechslung oder sonst etwas. Sie war es höchstpersönlich!

"Herr Gül, darf ich Ihnen unsere neue Mitarbeiterin vorstellen? Frau Gencel"

Mit einem verführerischen Lächeln, was sie schon damals immer sehr zu Verlegenheit brachte, blickte ich ihr tief in die Augen und reichte die Hand. "Guten Morgen Frau Gencel. Ich freue mich schon auf die Zusammenarbeit."

"Guten Morgen Herr Gül, ich freue mich ebenfalls und hoffe doch sehr, dass sie genau so ein Arbeitstier wie ich sind.", dabei sah sie einfach nur sympathisch aus. Nicht verlegen und auch nicht irgendwie anderweitig auffällig. Erkannte sie mich denn nicht? 

"Das ist er in der Tat. Sie werden viele gemeinsame Erfolge erzielen.", hörte ich nun den Zuspruch meines Chefs und nachdem ich mich knapp bedankt hatte, schlug er auch schon vor, dass ich meine Präsentation halten sollte. Also nahm ich aus meiner Tasche den USB-Stick raus und steckte ihn an den Laptop an, der mit nem Flatscreen verbunden war. Jetzt saß meine Ex mir gegenüber, schien mich nicht einmal zu erkennen und so, als wenn nichts wäre, begann ich mit dem Vortrag und versuchte ihren Blicken zu entgehen, was mir jedoch nicht gelang. Immer wieder erwischte ich mich selbst dabei, wie ich sie anstarrte. Sie war immer noch sehr hübsch und der Gedanke, dass ich der war, der ihr ihre Unschuld geraubt hatte, ließ mich automatisch frech grinsen.

"Herr Gül? Hallo?", wurde ich plötzlich aus meinen Gedanken gerissen und sammelte mich schnell wieder ein, ehe ich zu meinem Chef rüber sah und erwiderte: "Ja, bitte?"

"Ihre Präsentation ist wirklich erstklassig, dennoch habe ich das Gefühl, dass da etwas wichtiges fehlt. Frau Gencel, Sie sind doch auch in der Marketing Abteilung, was denken Sie denn darüber? Vielleicht haben Sie einen Vorschlag, wie man die Verpackung noch kreativer gestalten könnte."

Verdammt, warum musste er ausgerechnet sie danach fragen? 

"Ich denke das es zu maskulin ist. Etwas neutraler wäre für die Frauen ansprechbarer, hellere Farben. Und das Firmenlogo etwas vergrößern. Wenn wir schon dabei sind, könnte man auch den Namen des Produktes auffälliger gestalten, sodass es direkt ins Auge sticht."

Alle anderen schienen von ihren Ratschlägen begeistert zu sein und mein Chef sprach sogar schlussendlich aus: "Sie haben es gehört."

"Ja, ich werde mich sofort an die Arbeit machen."

"Gut, dann verschieben wir die Präsentation auf übermorgen und fahren jetzt mit den anderen Themen fort."

Nickend zog ich meinen USB-Stick raus und setzte mich direkt neben Mine hin. Wie damals war sie auch heute eine Perfektionistin und mir wurde langsam bewusst, dass sie sich noch zu einer Konkurrentin entwickeln könnte.

Den Rest des Tages verbrachte ich mit der Organisation der Marketingabteilung und informierte mich über unsere anderen Produkte. Im Großen und Ganzen waren wir die Marktführer und erzielten somit auch eine enorme Umsatzzahl.

Es war also alles im grünen Bereich, was mich sehr zufrieden stimmte und so nahm ich mir vor, heute etwas früher Schluss zu machen und gerade als ich Richtung der Aufzüge lief, steuerte Mine mir entgegen. Keine Ahnung wieso, aber ich blieb vor ihr stehen und fragte mit einem spitzbübischen Lächeln: "Frau Gencel, hätten Sie eventuell Interesse daran, mit mir heute zum Abend zu essen?"

Das Schicksal lenktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt