Teil 16

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Mine

Als ich seine Anruf bekam, rannte ich mit dem Schlüssel in der Hand nach unten. Zwar musste ich auf ihn warten, da er erst meinte, dass er in ein paar Minuten hier wäre, ich aber viel zu aufgeregt war und sofort nach unten rannte.

"Abla!", schrie er vom Weiten, so dass ich auf ihn zu lief, um ihn sofort in die Arme zu springen. Er warf seine Tasche auf den Boden und nahm mich in die Arme, drehte mich kurz um und verpasste mir einen Kuss auf die Stirn. "Du bist endlich da", schmiegte ich mich an ihn heran und lächelte ihn glücklich über seine Ankunft an. "Ich hoffe, dass du etwas zu Hause hast. Ich sterbe vor Hunger!", demonstrativ rieb er noch seinen Bauch, der als Bestätigung laut knurrte. "Leider nicht, Mert. Ich hatte draußen gegessen und irgendwie hat es mir gereicht, sah keinen Grund etwas zu machen." Ich hörte ihn nur lauf aufseufzen und schaute belustigt zu wie er seine Schulter fallen ließ. "Du isst zu wenig", gab er tadelt von sich, als er sich auf die Couch im Wohnzimmer hingesetzt hatte. Seine Tasche hatte er direkt in meinem Zimmer verfrachtet. Nur ein leises "Hmm" gab ich von mir und verschwand auch schon in der Küche. Recht hatte er. Ich hatte wirklich abgenommen, was nur dran lag, dass ich kaum Zeit hatte etwas zu essen oder alleine eben nicht essen wollte. Ayla aß oft draußen oder eben mit Metin, zwar fragten sie mich jedesmal ob ich mich nicht zu ihnen gesellen wolle, aber wer hatte schon Lust das dritte Rad am Wagen zu sein? Zu Hause war ich mir dann einfach zu schade viel Aufwand für eine Mahlzeit Zeit zu investieren, die für eine Person gedacht war, so dass ich ne Scheibe Brot mit einer bestimmten Beilage nahm oder eben ganz verzichtete. In der Küche nahm ich mir einen Topf, den ich dann mit Wasser füllte und nur drauf wartete, dass er anfing zu kochen um die Nudeln hinein zu werfen. Ohne wirklich über etwas zu sagen, schweiften meine Gedanken zu Erdem und Pelin. Ich fand ihre Liebe bewundernswert und auch der Neid machte sich etwas spürbar, nicht weil ich etwas für Erdem empfand sondern eher, dass sie jemanden hatte in ihrem Leben, der sie abgöttisch liebte. Er hatte viele Frauen, wie er es gesagt hatte, aber keine hatte wohl den Weg zu seinem Herzen geschafft. Wenn ich so überlegte, hatte es auch kein Mann bei mir geschafft und ins Bett sowieso nicht. Ich ließ Männer nicht so an mich heran, zwar hatte ich immer einen guten Kontakt zum anderen Geschlecht, aber mit keinem schlief ich, da ich mich für meinen Ehemann aufsparen wollte. Ich fand es andersherum nicht akzeptabel. "Wo bleibt das Essen?", schrie er nur vom Wohnzimmer und riss mich so aus meiner Träumerei. "Bagirma! (Schrei nicht!)", schrie ich nur zurück und warf die Nudeln in den kochenden Topf. Ne priese Salz hatte ich schon drin, fehlte nur noch etwas Öl damit sie nicht verklebten. "Mama vermisst dich zu Hause und macht sich Sorgen um dich", vernahm ich seine Stimme wahr. "Mir geht es gut, wirklich." Leicht lächelnd drehte ich mich zu ihm und ließ auch bei ihm ein Anflug eines lächelns erscheinen. "Was hast du jetzt vor?", und so begann die Unterhaltung über den Verlauf seiner Zukunft. Er hatte keine Lust zu studieren, erst wollte er ne Pause einlegen von der Schule. Doch so wie ich meine Mutter kannte, würde sie ihm keine Ruhe geben und ihn so lange unter Druck setzten bis der Herr etwas tat. Über den Verlauf deren baldigen Unterhaltung schlich sich ein lächeln auf mein Gesicht. "Warum grinst du so?"

"Ach nichts! Wie läuft es mit der Liebe?" Und da traf ich wohl einen wunden Punkt, da er sich durch die Haare ging und seinen Kopf am Tisch abstützte. "Kompliziert." So knapp wie immer gab es mir die Antwort und wollte schon wieder weiter essen, ehe ich ihn mit meinem durchdringlichen Blick aufhielt. "Erzähl die Sache mal ordentlich."

"Da gibt es nicht viel zu erzählen", Schnitt er ab und nahm einen großen Schluck aus seiner Cola. "Oh doch! Ich sehe es doch. Hadi. (Los)" Er schob seinen Teller zur Seite und lehnte sich zurück. "Ihre beste Freundin hat Gefühle für mich."

"Oh!" Bekam ich nur heraus und schaute ihn bemitleiden an. "Und aus diesem Grund können wir nicht zusammen kommen, wegen diesem Mädchencodex oder so ein scheiß!", unbeabsichtigt wurde seine Stimme wütender und seine Haltung aggressiver. "Mert, ihr habt sowas doch auch. Bros for hoes oder so ein scheiß. Nimm es ihr nicht übel. Wartet einfach. Schaut was die Zeit mit sich bringt." Nur ein nicken bekam er hin und schaute mich schüchtern lächelnd an. "Mein kleiner Bruder hat Liebeskummer",lachte ich und wuschelte ihm durchs Haar. "Büyümüs bide asik olmus. (Er ist groß geworden und verliebt", mein Gelächter darüber konnte ich nicht aufhalten, was ihn umso mehr nervte. "Was ist mit dir?"

"Was soll schon sein?", gab ich etwas bissig von mir, da ich wusste, dass er nur ein anderes Thema wollte, welches nicht mit ihm zu tun hatte. "Na mit der Liebe."

"Da gibt es nichts. Ich gehe zur Arbeit, komme wieder und geh pennen", erklärte ich ihm und ging mir durch die Haare. "Und auf der Arbeit keine heißen Männer dabei?", lachte nun er und verstummte mit dem Schlag auf seiner Brust. Mert und ich konnten über solche Themen schon immer offen reden, auch wenn er jünger als ich war. Er hatte auch dann nicht denn kleinen Bruder, der auf großen Bruder tut, herausgelassen. "Ja, da ist einer. Super Job, nett, sympathisch, Bierbauch, Glatze und ja klein", beschrieb ich ihm Herrn Melz.

Wir hatten uns nach dem Essen gemütlich gemacht auf der Couch, aber schon bald meldete sich die Müdigkeit bei mir, so dass ich ins Bett verschwand. In meinem kuscheligen Pyjama hatte ich es mir gemütlich gemacht und versuchte zu schlafen. Aylas Chef hatte sie auf eine Fortbildung nach Frankfurt geschickt. Viele grüße sollte ich Mert ausrichten und in 1-2 Wochen kam sie wieder. Ab und zu war sie so lange weg, was mich jedesmal nervte. Wenn sie weg war, war ich in der Wohnung noch mehr alleine als ich es schon war.

Der morgen verging reibungslos. Mert schlief mal wieder und würde auch erst wieder spät aufwachen, da er die ganze Nacht wach war. Ich bereitet Frühstück vor, nahm mir aber davon nur ein Käsebrot und Kaffee, um auch gleich wieder zu verschwinden. Heute hatte ich mir ein weißes Spitzenkleid angezogen und darüber einen blauen Blazer. Wohl bemerkt, die dazu passenden blauen Schuhe. Schmuck trug ich kaum, aber ich hatte heute mir eine lange Goldene Kette umgelegt, an die ich mich nur erinnere sie zu haben, aber an das Kaufen der Kette nicht mehr. Schnell schrieb ich Mert einen Zettel, so dass wenn ihm langweilig war er das Auto nehmen konnte oder mich besuchen kommen konnte. Schnell nahm ich mir meine Tasche und eilte die Treppen mit dem Kaffee herunter, da das Taxi schon auf mich wartete. Auch wenn das Wetter angenehm war, liebte ich es Kaffee zu trinken. Ich fand immer, dass es zu jeder Jahreszeit ging.

Auch wie jeden morgen wurde ich am Empfang mit der Freundlichkeit begrüßt, die einem jeden Tag erstaunen ließ. Wie konnte man nur so glücklich am morgen sein oder geschweige denn auf der Arbeit? "Mine!", rief gerade jemand, so dass ich den Aufzug noch rechtzeitig stoppen konnte. "Dan-ke", bedankte er sich stoßweise, da er gerade mal so zu Atem kam. "Nichts zu danken. Ich bin allzu bereit für einen Kollegen den Aufzug aufzuhalten", lächelte ich ihn an und ging heraus, als wir auf unserer Etage ankamen. Sofort kam uns unser Chef entgegen, der uns nur noch wegen dem gestrigen Tag gratulierte und direkt ins Besprechungszimmer führe, wo wir dann eine kleine Feier hatten, auf unseren Erfolg. Sekt wurde getrunken und viel Gebäck gab es. Ich hatte mich mit meiner Sektflasche zurück gezogen und schaute aus dem Fenster. Viel wollte ich auf leeren Magen nicht zu mir nehmen und auch mochte ich den Geschmack davon nicht. "Hier, Orangensaft", hielt mir Erdem das frisch gefüllte Glas hin. Dankend nahm ich es ihm ab und stillte meinen Durst. "Du siehst bedrückt aus. Alles okay bei deinem Sohn?", fragte ich ihn besorgt, da der kleine von seinen Erzählungen her schon ein Engel war. "Ja, ja. Es ist nichts", sagte er und verschwand auch schon.

"Mine, Mine, Mine. Da sieht man sich also wieder. Hätte man das erwartet? Wir beide sehen uns hier wieder?"

Das Schicksal lenktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt