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Je näher wir Richtung nachhause kommen, desto nervöser werde ich.
Ich finde die Vorstellung irgendwie komisch, dass Mama und Papa dich wieder sehen, nach all den Jahren.
Das einzig gute ist, dass das Telefonat ja einigermaßen gut funktioniert hat, weswegen ein direktes Gespräch eigentlich auch klappen sollte.
Zur Not ist ja Alex noch da, der schlichten könnte oder so.
"Alles okay?", fragt Papa von der Seite und mustert mich knapp. Ohne ihm zu antworten schaue ich kurz ihn an und dann wieder nach oben. Nur noch wenige Meter und wir sind Zuhause angekommen.
"Hat Mama gesagt worüber sie reden will?", stelle von dir Gegenfrage und beobachte ihn dabei, wie er in unsere Einfahrt fährt und neben dem Auto von Alex parkt. "Ich schätze Mal über alles. Gesprächsbedarf wird sie wohl oder übel haben", beantwortet er und stellt den Motor ab. Unmotiviert öffne ich die Autotür und steige aus dem Fahrzeug.
Darauf habe ich ja absolut gar keine Lust.
Naja, immerhin wird Mama endlich Mal mit mir reden müssen.

Nervös drücke ich auf die Klingel und werde einen Blick hinter mich zu Papa, der kritisch das Auto von Alex mustert.
Was auch immer jetzt sein Problem ist.
"Na? Wieder zurück?", empfängt mich Alex mit einem schmunzelnd. Knapp nicke ich.
Dieses wird jedoch gar nicht mehr von ihm gesehen, sein Blick liegt nämlich längst auf meinem Vater. "Oli", murmelt Alex leise und mustert Papa. Dieser tut genau das gleiche. "Alex" Papas Augen verengen sich. Bevor er jedoch etwas sagen kann taucht Mama hinter ihrem Freund auf und blickt erst mich und dann ihren ehemaligen Ehemann mit einem leicht aufgezwungen lächeln an. "Kommt rein", meint sie und macht eine einladende Geste. Alex hingegen hat seinen Blick immer noch nicht von meinem Vater gelöst. Umgekehrt genauso. "Woher kennt ihr euch?", wende ich mich unwissend an die beiden und drücke mich an Alex vorbei, um ins Haus zu gehen. "Wir sind Kollegen", entgegnet dieser und folgt mir ins Wohnzimmer.
Macht Sinn. Beide sind Notärzte.
Aber irgendwie ist das schon lustig, dass beide den selben Beruf ausüben und auch beide mit Mama zusammen waren oder sind. Wobei es für sie nicht unbedingt so aussieht, als würden sie es lustig finden. Vor allem Papa nicht.
Lass das Mal gut ausgehen.

"Und? Wo fangen wir an?", fragt Papa, nachdem wir alle auf dem Sofa Platz genommen haben, und schaut in die Runde. "Vielleicht Mal damit warum du abgehauen bist? Bis jetzt hat es ja noch niemand für nötig gehalten mir irgendwas zu erzählen", schlage ich vor und sehe, wiedereinmal, giftig zu Mama.
Ob ich beleidgt bin? Nein.
Ich bin stinksauer auf sie.
Mein halbes Leben hat sie mir meinen Vater vorenthalten.
"Also ganz am Anfang", seufzt mein Vater und sieht mit erhobenen Augen zu meiner Mutter.
"Ich lass euch dann Mal alleine", unterbricht Alex die Stille und verabschiedet sich mit einer knappen Umarmung von Mama. Kurze Zeit später hört man auch schon die Haustür ins Schloss fallen. "Und du hast ihr gesagt, ich sei abgehauen?", wendet sich Papa kurz darauf an meine Mutter die leicht ertappt seinem Blick ausweicht.
"Stimmt das nicht?", hinterfrage ich und sehe mit einem finsteren Blick zu Mama. Diese schüttelt vorsichtig den Kopf, ohne den Blick vom Boden zu heben.
Was hat sie mir denn sonst noch alles verschwiegen?

"Sie hat mich über Nacht rausgeschmissen und das mit den Briefen hast du ja schon rausgefunden", erklärt er mir und sieht mit erhobenen Augenbrauen zu meiner Mutter.
"Warum?" Langsam hebt sie ihren Blick wieder und sieht mir direkt in die Augen.
"Lou, es hat einfach nicht mehr funktioniert zwischen uns", probiert sie sich zu erklären. Achja?
Und das war so schwer zu erklären?
Was hat denn dagegen gesprochen, mir einfach zu sagen, dass sie sich getrennt haben. Stattdessen alles heimlich unter den Teppich zu kehren macht die ganze Sache nämlich nicht besser. Absolut nicht.
"Ich hasse dich so sehr", zische ich meiner Mutter leise zu und stehe auf, um mit schnellen Schritten nach oben zu gehen.
Für mich ist das Gespräch beendet.  Immerhin weiß ich jetzt Bescheid, über die Sachen, die mir Mama nie erzählt hat.
Aus welchem Grund auch immer.
Ich versteh sie einfach nicht.
Ich versteh nicht, warum es ihr so wichtig war, dass ich keinen Kontakt mit meinem Vater habe. Nur weil es bei ihnen nicht mehr geklappt hat, heißt es ja nicht gleich, dass ich ihn nie wieder sehen muss.
Vielleicht sollte sie sich das Mal bewusst werden.

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Uff Luna is mad

Man liest sich im nächsten Teil<3

ASDS// After the RainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt