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Seufzend lasse ich mich auf einen der Stühle fallen und nehme einen Schluck meiner Cola. Zwar habe ich das ganze jetzt eigentlich schon genug herausgezögert, dennoch möchte ich noch eine Weile lang hier sitzen. Alleine. Immerhin möchten Alex und Mama auch allein sein. Bin ich nicht eine nette Tochter?
"Kann ich mich zu dir setzen?", reisst mich jemand aus meinen Gedanken.
Ein Junge, etwa mein Alter, steht vor mir und schaut mich mit einem freundlichen und fragenden Blick an. Knapp nicke ich, woraufhin er sich auch direkt neben mich niederlässt. "Wartest du auf jemanden?", erkundigt er sich und wirft einen kurzen Blick auf sein Handy, ehe er wieder zu mir schaut. Ich zucke mit den Schultern.
"Mehr oder weniger" Sein Blick wird verwirrter. Ich schätze ich muss ihm eine Erklärung liefern, warum ich hier bin. "Meine Mutter liegt hier und da ich mit ihrem Freund hier bin warte ich auf ihn", ich rolle mit den Augen, "Ich hatte nicht wirklich das Bedürfnis bei deren Liebeskram dabei zu sein" Dem Jungen entfährt ein Schmunzeln.
"Kenn ich zu gut, mit der Freundin von meinem Dad ist das genauso nervig"
Ein Gleichgesinnter also.
"Ich bin übrigens Joschua, du kannst mich auch Joschi nennen", stellt er sich kurzerhand vor und grinst mich an.
"Lou" Ich weiß nicht warum, aber er schien mir von Anfang an recht sympathisch.
"Und warum bist du hier?", stelle ich ihm die Gegenfrage. Sein Grinsen verschwindet innerhalb weniger Sekunden.
"Meine Stiefschwester wurde von einem Auto angefahren", murmelt er leise vor sich hin, "Ich bin hier her geflüchtet, weil meine Stiefmutter mich dafür verantwortlich macht" Ich muss stocken. Das ist hart. "Darf ich fragen wieso?", forsche ich sehr vorsichtig nach. Ich weiß genau, dass es ein heikles Thema ist. Ich an seiner Stelle würde wahrscheinlich garnicht darüber sprechen wollen.
"Naja, Mika ist 9 und ich sollte eigentlich auf sie aufpassen. Ich kann ja nicht ahnen, dass sie gleich vor ein Auto rennt, wenn ich kurz abgelenkt bin", berichtet er mir und seufzt leise auf. Unsicher darüber, was ich sagen soll sehe ich auf meine Finger, die ich nervös ineinander verknote.
"Da kannst du doch nichts für", ermutige ich ihn, nachdem ich die richtige Wortwahl so einigermaßen gefunden habe.

"Joschi, hier bist du. Ich hab dich schon gesucht", unterbricht ein Mann unser Gespräch. Wobei das momentan wohl eher nur aus Stille besteht. Unsere Blicke heben sich gleichzeitig und sehen zu ihm.
"Hey, du brauchst dir keine Vorwürfe machen, du hast keine Schuld okay?
Maike hat das nicht so gemeint"
Der Mann, der höchstwahrscheinlich Joschuas Vater ist, lässt sich neben seinem Sohn nieder und blickt diesen an. Erst nach mehreren Sekunden bemerkt er auch mich. "Ich bin Robin, hi", stellt er sich kurz vor und reicht mir die Hand. Mit einem freundlichen Lächeln erwidere ich den Händedruck. "Luna", entgegne ich knapp. Mein Blick wird auf eine Person hinter ihm gezogen. Alex. Dieser sieht so aus, als würde er diesen Robin sogar kennen, denn er begrüßt ihn relativ freundschaftlich.
"Wollen wir Nummern austauschen?", fragt Joschi leise von der Seite. Er will wohl nicht, dass Alex und sein Vater es mitbekommen. Ohne zu zögern Sommer ich ihm mit meinem nicken zu und lasse mir sein Handy geben, in welches ich schnell meine Nummer eintippe.

"Luna? Gehen wir dann?", wendet Alex sich nach einem, mehr oder weniger kurzen Gespräch mit seinem Bekannten, an mich. Ich nicke nur und erhebe mich wieder.
"Bis irgendwann Mal", meint Joschi immernoch relativ leise. Nach einem kurzen winken in Richtung der beiden folge ich dem Notarzt nach draußen. Erst als er sich umdreht erkenne ich sein breites Grinsen. So glücklich habe ich ihn die letzten Tage gar nicht gesehen. Ich glaube langsam wirklich, dass er und Mama füreinander bestimmt sind. Seufzend mit dem Gedanken daran, lasse ich mich auf den Beifahrersitz nieder und starre aus dem Fenster. Zwar weiß ich genau, dass beide miteinander so glücklich sind, aber ich bin mir immer noch ziemlich unschlüssig darüber, was ich davon halten soll. Meine Gedanken sind bei ihren vorherigen Freunden und letztendlich auch bei Papa. Mit ihm war sie auch glücklich. Nur gegen Ende wurde es zwischen beiden immer komischer. Genaueres weiß ich nicht mehr, aber dass es zwischen ihnen gekriselt hat, hab dann sogar ich als neunjährige gemerkt. Man sieht ja auch wo das geendet ist. Eines Morgens war Papa einfach nicht mehr da. Und Mama hat das ja nicht einmal wirklich interessiert.
Seitdem hab ich nie wieder etwas von ihm gehört. Aber wenn ich so darüber nachdenke würde ich auch keinen Kontakt mit jemandem wollen, der sich über 6 Jahre lang nicht bei seiner Tochter gemeldet hat...

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Seid ihr Stadt oder Dorf Kind?:)

Man liest sich im nächsten Teil<3

ASDS// After the RainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt