36. Kapitel

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A R Y A







Aramis, Xenos und ich befanden uns hinter dem umgelegten Baumstamm direkt am Waldrand, mit Sicht auf den Hintereingang der Felshöhlengänge. Niemand von uns sagte ein Wort, während wir auf unseren Einsatz warteten.

Einen Seitenblick zu meiner Rechten. Xenos Razuva schimmerte tödlich im nächtlichen Schein der Sterne und all seine funkelnden, silbernen Klingen, die an mehreren umgeschnallten Gürteln an seinem Körper befestigt waren, verstärkten das harte Erscheinungsbild. Neben mir war nicht der Xenos, der Minuten zuvor noch über die schwarze Kriegsbemalung in meinem Gesicht gelacht hatte, noch war er Xenos, Alpha des Moonwater-Packs. Ich war dieser Seite von ihm schon einmal begegnet, ein einziges Mal vor der Schlacht gegen Serdas.

Das hier war Xenos, der König der Werwölfe, eiserner Soldat Semeeras und Verteidiger seines Königreichs. Ein König, der mich einst in die hinterste Reihe der Armee bugsiert hatte. Wenn ich nun daran zurückdachte, musste ich fast schon lachen. Unsere erste Begegnung war alles andere als freundlich und hübsch gewesen und doch war dieses Feuer, diese heftige Anziehung zwischen uns, von Anfang an da gewesen. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit.

Als ich vor ein paar Wochen in sein Territorium getreten war, hatte er mir versichert, dass er mich im Falle eines Krieges nun an die Front setzen würde – und er hatte mich nicht angelogen. Ich war genau hier bei ihm, kämpfte um die Sicherheit unseres Landes an vorderster Front.

Ich betrachtete ihn immer noch von der Seite, als er sich zu mir umdrehte. Bei jeder anderen Gelegenheiten wäre Zärtlichkeit in seinem Blick zu sehen gewesen, doch nun war da nur blankes Vertrauen. Er nickte knapp. »Arya.«

Stumm folgte ich seiner Anweisung, hob meinen Bogen, legte den Pfeil an, spannte und zielte. Mit zusammengekniffenen Augen visierte ich den ersten der beiden Dämonen, die den Höhleneingang bewachten. Dann, in Sekundenbruchteile surrte mein Pfeil durch die Dunkelheit, gleich daraufhin spannte ich bereits einen weiteren Pfeil, und lies abermals los. Beide Pfeile trafen haargenau ins Schwarze und sie zerfielen zu Staub.

Ohne auf einen weiteren Befehl zu warten, sprangen wir drei aus unserer Deckung hoch und sprinteten direkt auf die Felswände zu. Ich rannte so schnell über die flache und deckungslose Grasfläche, dass man fast meinen konnte, ich würde den Erdboden gar nicht berühren und darüber schweben. Dabei zählte ich die ganze Zeit die Sekunden runter.

41 ... , 42 ... , 43 .... , 44 ... Wir erreichten die raue, kalte Felswand, pressten uns direkt neben der Höhle an sie. Noch genau drei Sekunden. Ich sah Xenos an, der hinter mir ebenfalls an die Wand gedrückt verharrte und meinen Blick erwiderte. Diese schwarze Bemalung stand ihm echt gut.

47 ... , 48 ... , 49 .... Und los. Mit erhobenem Bogen sprang ich vor den Eingang und schoss ab. Der Dämon war so überrascht, dass er nicht einmal dazu gekommen war, laut los zu kreischen.

Leichtfüssig und so leise, wie die Schatten selbst, rannten wir drei in die dunkle, modrig muffelnde Höhle. Es waren keine Fackeln entlang des Ganges aufgereiht, weswegen ich mich zu Beginn alleine an Xenos und Aramis orientieren musste, bis sich meine Sicht an die Dunkelheit gewöhnt hatte, und ich einigermassen gut genug sah, um selbst den feuchten Steinboden unter mir zu erkennen und weiter als einen Meter zu sehen.

Mit jedem Schritt fühlte ich das Gewicht des leichten, scharfen Schwertes, das in der Lederscheide an meiner Hüfte steckte, an meiner Seite, den edel geschnitzten Bogen in meiner Hand und einen Pfeil in der anderen, bereit die kommenden Dämonen, die in zehn Sekunden um die nächste Ecke erscheinen sollten, abzuschlachten.

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