𝟙𝟘𝟝. ℍ𝕖𝕣𝕞𝕚𝕟𝕖𝕤 𝕄ä𝕙𝕟𝕖

693 35 16
                                    

»Ist dein Friseur weggerannt, als er deine Mähne gesehen hat, Granger?«

Malfoy stand ihr gegenüber und fing an, mit vorgehaltener Hand zu lachen. Seine Freunde stimmten mit ein.

»Ich nehme an, alle dachten bei deiner Geburt, du seist kein Mensch, sondern eine weiße Wand«, erwiderte Hermine auf seine blasse Haut und auf seine hellen, weißblonden Haare anspielend.

»Ich denke auch, er ist so langweilig und hässlich wie eine weiße Wand«, stimmte Ron ihr zu. Harry indessen verkniff sich ein Grinsen. Heute hatte Draco es nicht auf ihn abgesehen, sondern auf Hermine. Normalerweise hätte Harry Mitleid mit seiner besten Freundin gehabt, doch sie wusste, sich zu verteidigen.

»Wie kannst du es wagen«, knurrte er, doch sie ignorierte ihn geflissentlich.

»Harry, wie findest du das Wetter? Meinst du, wir sollten spazieren gehen?«

»Ich finde das Wetter wesentlich interessanter als Malfoy.« Sie sahen alle durch das riesige, offen stehende Portal hinaus. Am Himmel schoben sich graue Wolken vor die Sonne, die am Vormittag noch geschienen hatte. Einer dieser Tage war angebrochen, an denen man sich faul fühlte und sich für nichts begeistern konnte. Es stürmte nicht, es regnete nicht, sodass man sich nicht in einer gemütlichen Ecke verkriechen und einfach nichts tun wollte – wenn man dies tat, bedrückte einem hinterher ein schreckliches Gefühl–, doch die Sonne erhellte die Launen auch nicht, da sie sich versteckte und man spürte keine Energie in sich. Es war einer dieser nutzlosen, langweiligen Samstagnachmittage, die keiner zu mögen schien.

Draco fühlte sich durch diesen Vergleich höchst beleidigt.

»Warte nur, bis mein Vater davon erfährt!«

»Selbst wenn er davon hört, kann er dein Aussehen nicht verändern.«

»Ich hätte ja behauptet, sein Vater könnte dein Aussehen höchstens zum Hässlicheren verändern, aber ich kann mir nichts vorstellen, was hässlicher sein könnte, als du«, keifte Ron.

Und ab diesem Moment fing der Streit erst richtig an.

Beide Parteien, zu der einen gehörten Harry, Ron und Hermine, zur anderen Draco, Crabbe und Goyle, warfen mit schlimmsten Schimpfwörtern um sich, wobei Hermine sich und ihre angestaute Wut stark zurückhielt.

Nach nur wenigen Minuten artete dieser Streit in Gewalt um. Draco ging zuerst auf Ron los. Goyle, der ihm alles nachzumachen schien, steuerte ebenfalls auf Ron zu, doch Harry und Hermine stürzten sich auf ihn.

Nur Crabbe beteiligte sich noch nicht an diesem Kampf. Er stand daneben und wusste nicht recht, was er tun könnte, damit sich die Lage wieder beruhigte.

»Soll ich dir einen Friseur empfehlen? Vielleicht hast du mit schöneren Haaren endlich die Chance, dass dich irgendjemand mögen könnte. Potter und Weasley brauchen dich ja nur, damit du ihre dämlichen Hausaufgaben machst.« Draco grinste Hermine fies an.

»Insgeheim findest du ihre Haare aber wunderschön«, warf Luna mit verträumter Stimme ein, die herangeschlichen war. »Du verschlingst Hermine förmlich mit deinen Blicken.«

Verwundert wandte sich Draco zu Luna und lauschte ihren Worten.

»Du willst ihre Aufmerksamkeit erregen, deshalb beleidigst du sie. Dann beachtet sie dich nämlich«, fügte Luna als Erklärung hinzu.

Draco bewunderte sie. Sie war so schlicht, fiel in der Menge gar nicht auf und doch zog sie alle Blicke auf sich. Draco konnte sich nicht erklären, wie sie das schaffte. Er konnte sich vieles nicht erklären. Doch von Luna schien eine Energie auszugehen, so unbeschreiblich wie das Universum. Zudem besaß Luna die Gabe, Kleinigkeiten zu bemerken, die niemand sonst wahrnahm. Sie sah die Welt mit anderen Augen. Und all das, festgehalten in dieser ruhigen, hübschen Person, fand Draco faszinierend. Wenn sie mit ihrer Aussage nicht den Kern getroffen hätte, wenn es nicht wahr gewesen wäre, dass Draco sich unsterblich und ganz ungewollt in Hermine verliebt hatte, so hätte sich Draco in sie verliebt. Hätte es keine Hermine gegeben, wäre womöglich alles einfacher gewesen. Luna gehörte immerhin nicht zu den zwei besten Freunden seines Erzfeindes und sie gehörte auch nicht zu den Gryffindors. Sie stammte aus einer Zaubererfamilie.

Doch Hermine, seine wunderbare Hermine, existierte. Sie war Muggelblut, beste Freundin von Potter und Gryffindor zugleich. Draco hätte es abscheulich gefunden, doch Hermine zog ihn an. Das Schicksal hatte es so bestimmt, dachte sich Draco. Wenn das Schicksal seine Hände nicht im Spiel hätte, hätte er sich in eine ganz gewöhnliche, reinblütige Slytherin verliebt.

Doch das Schicksal und Hermine existierten.


Dramione OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt