𝟙𝟛𝟜. 𝔽𝕣𝕖𝕥𝕥𝕔𝕙𝕖𝕟

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 Hermine blätterte gerade eine Seite in ihrem Buch um, als sie ein Geräusch hörte. Etwas Weißes blitzte in ihrem Augenwinkel auf. Neugierig sah Hermine sich um. Sie saß in einer Astgabel und hatte so eine gute Aussicht auf den See und die umliegende Landschaft. Wieder sah sie das schneeweiße Tier, das durch das Gras huschte. Sie nahm an, dass es ein Hase war und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Buch.

Während ihre Augen an den Seiten klebten, hingen ihre Gedanken bei dem weißen Hasen. Plötzlich hörte sie ein Kratzen. Als sie aufblickte, sah sie in graue Augen und fiel fast vom Baum. Der schneeweiße Hase war gar kein Hase. Ein weißes Frettchen schaute sie an. Hermine kroch zurück, bis der Stamm sie aufhielt. Sie zitterte vor Angst und kramte in ihrem Gehirn danach, ob sie jemals etwas über Frettchen gelesen hatte. Das Frettchen machte keine Anstalten, sie anzugreifen. War es hier hochgeklettert? Konnten Frettchen klettern?

»Ksch!«, rief sie und wedelte mit ihrem Buch, um das Tier zu verscheuchen. »Weg mit dir!«

Das Frettchen rührte sich nicht. Es starrte sie nur an. Diese wolkengrauen Augen erinnerten Hermine an jemanden. Sie wusste nur nicht, an wen.

Hermine startete einen weiteren Versuch, das Tier wegzujagen. Sie machte laute Geräusche, ruckartige Bewegungen und probierte sogar, es wegzuschieben. Das Tier kämpfte dagegen an. Als Hermines Hände sich in dem Fell vergruben, merkte sie, wie weich es war. Sie strich es glatt. Dann nahm sie ihre Hände zurück.

Wenn sich das Frettchen nicht von der Stelle rührte, würde sie eben weichen. Sie klappte das Buch zu und rutschte nach vorne. Sie wollte gerade ein Bein über den Ast schwingen, als das Frettchen nach vorne rauschte und sein rosa Näschen gegen das Buch stieß. Hermine legte das Buch aufgeschlagen hin und ließ sich nicht von der Idee abbringen, hinunterzuklettern. Das Frettchen biss in eine Seite. Hermine beobachtete dies mit zusammengezogenen Brauen. Sie würde das Buch wieder reparieren. Gerade, als sie hinabgleiten wollte, kreuzte sich ihr Blick mit dem des Frettchens. Es sah erst sie flehentlich an und dann zum Buch. Mittlerweile hatte es das Tier geschafft, die Seite umzuklappen. Hermine zog das Buch zu sich und bemerkte, wie die Buchstaben der Widmung sich neu formierten.

Ich bin Draco.

Hermines Blick wechselte zwischen der Buchseite und dem Frettchen hin und her.

»Wie bitte? Du bist Draco? Draco Malfoy?«

Buchstaben wurden aus den anderen Seiten aufgesaugt und bildeten folgende Worte: Ja, Hermine.

»Ich kenne leider keinen Zauber, der dich zurückverwandelt. Ich könnte in der Bibliothek nach einem suchen oder einen Professor aufsuchen«, schlug Hermine vor.

Das ist kein normaler Zauber. Das ist ein Fluch.

»Professor McGonagall wird eine Lösung finden«, versprach Hermine und fuhr durch das bezaubernde Fell des Kleinen.

Du verstehst das nicht. Kein Professor kann diesen Fluch aufheben. Es gibt keinen Gegenzauber. Dieser Fluch bleibt für immer.

»Warum hast du mir dann Bescheid gesagt? Wenn ich dir nicht helfen kann, kannst du mich auch in Ruhe lassen.«

Es gibt eine Sache, die alle Flüche brechen kann. Wir kennen das nur aus Märchen, aber ich bin überzeugt, es wird helfen :)

»Und was soll das sein?«, fragte Hermine und wunderte sich über den kleinen Smiley. Sie fand es süß. Draco offenbarte eine Seite, die er sonst sorgfältig versteckte.

Der Kuss der wahren Liebe.

Als Hermine die Worte las, musste sie lachen. Sie lachte so sehr, dass sie sich am Stamm festhalten musste, um nicht vom Baum zu fallen.

»Es gibt keinen Kuss der wahren Liebe. Der existiert nur im Märchen. In echt ist das ausgedachter Schwachsinn.«

Bei Froschkönig hat es auch funktioniert. Das Frettchen tapste über Hermines Beine und rollte sich wie eine Katze in ihrem Schoß zusammen.

»Froschkönig und Küss den Frosch sind auch nur Märchen.«

Einen Versuch ist es wert oder nicht? Du kannst nichts verlieren.

»Abgesehen von meiner Ehre.«

Das Frettchen schaute sie aber aus so lieben Augen an, dass Hermine nach einigen Minuten des Schweigens nachgab.

»Na gut. Ich probiere es. Aber da das nicht klappen wird, gehen wir danach in die Bibliothek und suchen da nach einer Lösung.«

Als Hermine das Frettchen anhob, konnte sie es nicht fassen. Sie war kurz davor, ein Frettchen zu küssen. Sie hielt es etwas weiter weg. Als sie sich vorstellte, dass das weiße Tier ihr Kater Krummbein war und sie ihn knuddelte und küsste, fiel es ihr wesentlich leichter, ihn zu sich zu ziehen und ihre Lippen auf seinen Mund zu drücken.

Erst schmeckte sie Haare, dann Pfefferminze und mit einem Mal fühlten sich die Lippen ganz weiche an und bewegten sich. Ein warmer Körper presste Hermine gegen den Baumstamm und küsste sie drängend zurück. Hermine keuchte, als sie feststellte, dass das Frettchen sich tatsächlich in Draco verwandelt hatte. Sie wollte ihn wegdrücken und legte ihre Hände an seine harte Brust, doch er umfasste ihre Handgelenke und hielt diese fest.

»Hermine«, hauchte er zwischen zwei Küssen. Hermine gab den halbherzigen Versuch, ihn wegzudrücken, auf. Der Kuss gefiel ihr besser als erwartet und Worte wiederholten sich in ihrem Kopf. Der Kuss der wahren Liebe. Wahre Liebe. War sie etwa Dracos wahre Liebe? Aufregung und ein Feuer entflammten in ihr. Trotz Dracos Händen an ihren vergrub sie diese in seinen Haaren und zog seinen Kopf näher an ihren.

Atemlos lösten sie sich wieder und schauten sich tief in die Augen.

»Soll ich dich jetzt Frettchenkönig nennen?«, fragte sie.

»Wenn du meine Prinzessin sein möchtest«, erwiderte er.

Dramione OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt