𝟙𝟘𝟞. 𝔽𝕒𝕝𝕤𝕔𝕙𝕖 ℕ𝕦𝕞𝕞𝕖𝕣

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»Tolle Party, findest du nicht auch?« Ein Mädchen mit wilder, roter Mähne stupste Draco an, welcher daraufhin zusammenzuckte. Er drehte sich um und betrachtete sie.

»Also ich fand ja die Vorstellung vorhin wunderbar. Die Sängerin der Band hat eine wunderschöne Stimme. Und hast du dir den Typen, der Klarinette gespielt hat, mal angeschaut? Der sah ja richtig gut aus! Du siehst auch nicht schlecht aus. Was machst du jetzt noch?«

Dracos Gesicht verzog sich nicht, obwohl er gerade all seine Wut zurückhielt. Er konnte solche Leute, die einen ohne Ankündigung ansprachen und sinnloses Zeug laberten, für das er sich nicht interessierte, nicht leiden. Und meistens suchten sie nur ein Gespräch, um ihre Langeweile zu vertreiben und nicht aus Neugier.

Doch nicht nur das steuerte zu seiner schlechten Laune bei. Er hatte seit der Vorstellung starke Kopfschmerzen und wollte nur noch in sein gemütliches Bett fallen.

Da er nicht auf ihre Frage antwortete, redete das Mädchen einfach selbst weiter.

»Also ich gehe wahrscheinlich in eine Bar oder in ein Restaurant und danach fahre ich nach Hause. Dort wartet meine Mitbewohnerin Hermine. Wir haben geplant, heute Abend einen Film zu schauen. Natürlich kann ich diese Pläne auch verschieben.« Die Rothaarige grinste Draco an. Dieser versuchte, das Alter von ihr zu schätzen. Er selbst verweilte schon 19 Jahre auf der Erde. Sie dagegen schien ungefähr 17 Jahre alt zu sein.

»Bist du stumm? Meine eine Tante ist nämlich stumm. Mit ihr kann ich nur ganz schlecht kommunizieren. Wenn wir zusammenkämen, wäre es nicht gerade fördernd, wenn du stumm wärst, aber wir würden das auch hinkriegen.« Diesmal zwinkerte die Rothaarige ihm zu.

Beziehung? Hatte er etwas verpasst? Warum sprach sie denn von einer Beziehung, wenn sie sich erst seit ein paar Minuten kannten? Draco verstand die Welt nicht mehr.

»Also, hast du Lust, mitzukommen? Ein Handzeichen reicht aus.«

Wohin mitzukommen?, fragte sich Draco, drückte seine Handballen auf seine Stirn und begann zu massieren, wobei er den Kopf leicht bewegte. Vielleicht half es ja gegen die Kopfschmerzen.

»Ein Nicken? Sehr gut. Dann komm mit. Ich bin übrigens Ginny, falls ich vergessen habe, das zu erwähnen.« Ginny packte Draco am Arm und zog ihn hinter sich her. Dieser stöhnte auf, doch Ginny achtete nicht auf ihn.

Ginny zerrte ihn zu einem nahegelegenen Restaurant. Vielleicht zerrte sie auch nicht, sondern führte ihn sanft dahin. Draco konnte es nicht so gut beurteilen, da seine Kopfschmerzen den größten Teil seiner Wahrnehmung und Gedanken einnahmen.

Nach einer kurzen Überlegung entschied sich Ginny dann doch für die Bar auf der anderen Straßenseite, während Draco sich den Kopf zerbrach, wie er sich wieder aus der Bredouille ziehen konnte. Er wollte Ginny auf keinen Fall abweisen und damit verletzen, also beschloss er, wenigstens ein paar Minuten zu bleiben und ihr einen neuen Gesprächspartner vorzustellen. Mit etwas Glück besuchte ja der gutaussehende Typ, der Klarinette gespielt hatte, genau diese Bar. Allerdings war das Glück heute nicht auf seiner Seite.

In der Bar umhüllte sie stickige Luft. Zu laute Musik drang in Dracos Ohren. Nachdem sie sich einen Drink bestellt und ausgetrunken hatten und Ginny ihm ihre halbe Lebensgeschichte geschildert hatte, stand er plötzlich auf.

»Ich muss leider gehen.« Ginny sah ihm mit einem Gesichtsausdruck an, den er nicht beschreiben konnte. Es sah ein wenig aus, als würde sie ihm gleich den Kopf abreißen. Vielleicht war es auch ihr ganz normaler Gesichtsausdruck und er hatte einfach nicht aufgepasst.

»Aber du kannst mir gerne deine Nummer geben«, bot er ihr rasch an. Er würde sich morgen darum kümmern, Ginny loszuwerden.

Ginny seufzte auf, riss ein Blatt aus dem kleinen Block, der auf der Theke lag und zückte einen Stift. Dann kritzelte sie Zahlen auf das gelbliche Papier mit Blumenmuster am Rand.

Draco zwang sich ein Lächeln auf die Lippen und nahm den Zettel an, dann verabschiedete er sich von Ginny und quetschte sich durch die dichte Menge. Dabei tippte er einen Studenten an und zeigte auf Ginny, damit sie einen anderen Jungen beschäftigen konnte.

Sobald er die Bar verlassen hatte, atmete er tief durch und genoss die Stille sowie den frischen Wind, der sein Gesicht kühlte. Die Musik drang nur noch sehr leise an seine Ohren. Er streckte die Arme aus und freute sich auch darüber, dass er niemanden berührte. Er fühlte sich freier als in der Bar. Die Kopfschmerzen waren aber nicht verschwunden.

Er taumelte nach Hause, wo er sich sofort ins Bett legte und einschlief.

Am nächsten Morgen schob er die Aufgabe, Ginny anzurufen und ihr zu gestehen, dass er nichts mit ihr zu tun haben wollte, auf die Mittagspause und danach auf den Abend. Schließlich hielt er es nicht mehr aus. Er musste es hinter sich bringen.

Er holte den Zettel heraus und wählte. Er musste nicht lange warten, bis er den Klang einer wunderschönen Stimme vernahm. »Ich wünsche einen wunderschönen Tag, hier spricht Hermine Granger.«

»Hermine Granger?«, fragte Draco verwirrt. »Ginny hat nicht ihre eigene Nummer auf den Zettel geschrieben?«

»Was für ein Zettel?«, fragte Hermine neugierig nach.

Draco stellte sich kurz vor und schilderte ihr den gestrigen Abend aus seiner Sicht.

»Du hast Ginny ausgerechnet im betrunkenen Zustand kennengelernt. Da redet sie viel mehr und ist generell viel aufgeschlossener«, erklärte Hermine.

»Aber warum hat sie deine Nummer und nicht ihre auf den Zettel geschrieben?«

»Sie will mich schon seit einiger Zeit verkuppeln.« Hermine seufzte.

»Möchtest du das denn?«, fragte Draco.

»Was? Verkuppelt werden?«

»Ja.«

»Das hat mich noch niemand gefragt, auch Ginny nicht. Und trotzdem tut sie es«, gab Hermine zu. »Ich möchte nicht mit einer beliebigen Person zusammen sein. Sie muss einfach zu mir passen.«

»Das kann ich verstehen. Glaubst du an Zufälle?« Draco hoffte, Hermine mit seinem plötzlichen Themenwechsel nicht überrumpelt zu haben.

»Ich glaube an Schicksal«, erwiderte sie. »Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du eine schöne Stimme hast? Sie klingt so tief und melodisch.«

»Danke. Wenn du meine Stimme magst, wirst du mein Aussehen lieben«, konterte Draco mit einem selbstbewussten Lächeln auf den Lippen.

»War das ein Angebot?«

»Eher eine Herausforderung«, antwortete Draco.

Obwohl Draco Hermine nicht kannte, wusste er, dass sie lächelte.

»Ich werde da sein, wenn du mir sagst, wann und wo ich dich finde.«

»Du musst mich gar nicht suchen. Mein Herz hat dich schon gefunden.«

»Ich habe dein Handy geortet und komme jetzt zu dir.«

Es dauerte weniger als eine Sekunde, bis Hermine bei ihm auftauchte – aus dem Nichts auftauchte. Vor Schreck ließ Draco sein Handy fallen.

»Du kannst apparieren?«, fragte er.

»Ja, es war der schnellste Weg zu dir. Und ich musste einfach sehen, welcher Mensch sich hinter dieser fremden Nummer versteckt.«

»Und entspreche ich deinen Erwartungen?«, wollte Draco wissen.

»Du übertriffst sie. Komm mit, ich möchte dich kennenlernen.«

Hermine nahm Draco am Arm, apparierte mit ihm und führte ihn ins Ungewisse.

»Dann kann aus einem >Erwartungen übertroffen< ja noch ein >Ohnegleichen< werden«, murmelte Draco lächelnd.

Dramione OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt